JULIA EXTRA BAND 0261
gebeten, dir und meinen Eltern Bescheid zu geben.“
„Was ist denn passiert?“
„Paulette hat heute Morgen die Augen geöffnet. Vielleicht hattest du ja wirklich recht, und sie wacht wieder auf!“
Luc sah ihn schockiert an. So lange hatte er auf diesen Moment gewartet! Er stürmte vor Yves ins Zimmer. Aber als er Paulette mit geöffneten Augen im Bett liegen sah, blieb er wie erstarrt stehen.
Dies waren nicht ihre Augen. Darin war kein Funke, kein Leben. Ihr Blick war völlig starr, ohne ein Zeichen des Wiedererkennens.
Es war, als hätte jemand Luc mit aller Macht in den Magen getreten. Nein, so wollte er sie nicht in Erinnerung behalten. Aber wenn es bedeutete, dass sie aus dem Koma erwachte …
Die Schwester, die die beiden Männer mit Fragen bestürmten, sagte nur: „Ich kann Ihnen leider noch nichts sagen. Dr. Soulier wird mehr wissen, wenn wir mit der Untersuchung fertig sind. Am besten, Sie bleiben bis dahin bei ihr. Versuchen Sie, sie zu stimulieren.“
Die beiden Freunde nahmen am Bett Platz und sprachen abwechselnd mit Paulette. Aber nichts änderte sich an ihrem starren Blick. Das Ganze war eine sehr surreale Situation.
Kurz danach hörte Luc aufgeregte Stimmen, dann kamen seine ehemaligen Schwiegereltern und der Arzt ins Zimmer. Paulettes Mutter lief sofort ans Bett ihrer Tochter.
„Oh, Liebling, ma petite Paulette, ich bin’s, maman. Kannst du mich sehen? Kannst du mich verstehen?“
Luc schluckte, er spürte die ganze Liebe, die in ihren Worten lag.
„Heißt das, sie wacht endlich auf?“, fragte Madame Brouet, während ihr Tränen über die Wangen liefen.
Der Arzt schüttelte den Kopf. „Ich kann keine Gehirnbewegungen feststellen. Aber wie Sie sehen, hat sie die Augen geöffnet. Wir müssen abwarten, ob es noch weitere Lebenszeichen gibt.“
Nachdem er das Zimmer verlassen hatte, wandte Paulettes Mutter sich an Luc und berührte ihn am Ellenbogen. „Bitte verzeih mir, dass wir dich die ganze Zeit über bekämpft haben. Danke, mon fils, dass du nicht aufgegeben hast!“ In ihrem Glück und der neu erwachten Hoffnung umarmte sie ihn fest und innig.
So lange hatte sie ihn schon nicht mehr ihren Sohn genannt! Wie eigenartig – in dem Moment, in dem sie an ein Wunder glaubte, hatte er plötzlich Zweifel.
„Wir werden alle heute Nacht bei ihr bleiben“, verkündete Paulettes Vater mit lauter Stimme.
Also würde es heute Abend keinen Flug nach London geben.
Rachel zeigte ihrem Großvater die Bilder von Solange und Giles, die sie mit ihrer Digitalkamera gemacht hatte.
„Sie sieht Louis sehr ähnlich“, meinte der alte Herr.
„Wenn es dir wieder besser geht, kannst du ihr das persönlich sagen. Möchtest du jetzt einen Trüffel aus der Schweiz?“
„Vielleicht später, ich …“ Er hustete.
Es ging ihm deutlich schlechter als vor zwei Wochen.
„Was ist los mit dir, mein Kind? Das Licht ist aus deinen Augen verschwunden. Es hängt mit einem Mann zusammen, stimmt’s? Ich habe mich schon gefragt, wann das endlich passieren würde.“
Rachel hatte gewusst, dass sie ihrem Großvater nichts vormachen konnte. Er kannte sie besser als jeder andere. Auf einmal löste sich ein Knoten in ihr, und sie fing an zu weinen.
„Sag mir, was hat er dir angetan? Warum bist du so verzweifelt?“
Endlich konnte sie sich jemandem anvertrauen. Sie erzählte ihm alles bis in die letzten Einzelheiten. Als sie fertig war, strich er ihr liebevoll über den Kopf.
„Es wird eine Weile dauern, bis wir das wieder in Ordnung gebracht haben.“
Schniefend wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. „Es ist vorbei, Großvater.“
„Wir werden sehen. Das Leben steckt voller Überraschungen. Bis dahin mache ich dir einen Vorschlag. Sobald es mir wieder besser geht, fliegen wir gemeinsam nach New York und besuchen Rebecca, okay? Das wird dir gut tun.“
Überwältigt drückte Rachel seine Hand. In diesem Moment konnte sie nichts sagen. Nach ein paar Minuten war er eingeschlafen.
Auf Zehenspitzen ging sie ins Nebenzimmer, wo zwei Betten standen. Dort hatte sie vorher ihren Koffer und ihren Laptop abgestellt.
Sie holte ihr Handy heraus und sah auf dem Display, dass Luc etliche Male angerufen hatte. Aber sie hatte ihm nichts zu sagen.
Einem plötzlichen Impuls folgend, wählte sie die Nummer einer Freundin ihrer Zwillingsschwester und erfuhr von ihr, dass Rebecca im Moment in Wyoming war. Bereitwillig gab sie Rachel Rebeccas Handynummer.
Plötzlich fiel ihr wieder ein, was für ein Fiasko
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