JULIA EXTRA BAND 0261
unglaublich nett. Mit einem so herzlichen Willkommen habe ich gar nicht gerechnet.“
„Sie mögen dich sehr und möchten gern mit dir befreundet sein.“ Er warf ihr einen forschenden Blick zu. „Worüber hast du dich denn mit Camille so lange in der Küche unterhalten?“
Rachel entschied, Camilles Rat anzunehmen. „Über Paulette.“
„Das wundert mich nicht. Du kannst gern auch immer mich fragen. Hast du irgendetwas Neues über sie erfahren?“
„Nur, dass sie einmal sehr lebenslustig war.“
„Ja, vor langer Zeit war sie das wirklich.“ Plötzlich klang er sehr kühl. „Möchtest du noch etwas über sie wissen, bevor wir das Kapitel schließen?“
Rachel holte tief Luft. „Kannst du es denn? Das Kapitel schließen, meine ich.“
„Es war in dem Moment zu Ende, als ich ihren leeren Blick sah und wusste, dass ihr Geist sie für immer verlassen hat.“
Dem war nichts hinzuzufügen.
Bedrückt sah sie aus dem Fenster. Der Rest der Fahrt verlief in angespanntem Schweigen. Als wären sie Welten voneinander entfernt, obwohl ihre Körper sich fast berührten.
Kaum erreichten sie das Haus, da sprang Luc auch schon aus dem Auto. „Geh ruhig schon ins Bett“, sagte er zu Rachel. „Ich bringe noch die Sachen rein.“
Sie wollte ihm widersprechen, ließ es aber sein. Immer mehr kam sie sich vor wie ein Stück kostbares Porzellan. Vielleicht hing es ja damit zusammen, dass Luc zum zweiten Mal Vater wurde und die Verantwortung doppelt spürte.
Bis jetzt verlief die Schwangerschaft sehr gut. Nicht einmal die morgendliche Übelkeit quälte sie. Aber das war bei Paulette anscheinend nicht anders gewesen. Bis zu dem Moment, wo der Arzt ihr mitgeteilt hatte, dass ihr Baby nicht mehr am Leben war.
Schon wieder Paulette.
Sie musste aufhören, an sie zu denken, aber wie?
Nach einer schnellen Dusche zog sie ihren Schlafanzug an und ging ins Bett. Von unten hörte sie Luc, der die Sachen hereinbrachte.
Das dauerte so lange, dass sie schließlich das Licht ausmachte und im Dunkeln auf ihn wartete. Aber nach einer weiteren halben Stunde gab sie die Hoffnung auf, dass er noch zu ihr ins Bett kommen würde.
Verzweifelt wälzte sie sich hin und her und weinte in ihr Kissen. Irgendwann schlief sie endlich ein. Als sie erwachte, war es bereits halb zehn. Das Bett neben ihr war leer.
Also hatte Luc wieder in einem der unteren Schlafzimmer übernachtet.
Sie stieg aus dem Bett, zog rasch ihren Morgenmantel über und ging hinunter.
Als sie einen Blick ins Kinderzimmer warf, sah sie, dass er die Wickelkommode bereits aufgestellt hatte. Damit hatte er also den gestrigen Abend verbracht.
Sie suchte ihn überall und fand ihn schließlich im Weinberg zwischen den Reben.
„Luc?“
Überrascht drehte er sich um. „Rachel – stimmt etwas nicht?“
Warum sollte irgendetwas nicht stimmen?
„Nein, es ist alles in Ordnung. Ich wollte dir nur Guten Morgen sagen.“
Plötzlich fiel ihr die Angst in seinem Blick auf. Nervös strich er sich durchs Haar und atmete auf.
„Hauptsache, es ist alles in Ordnung mit dir, ma chérie .“
Er wirkte ähnlich aufgewühlt wie am Tag des Sturms. Erst jetzt begriff sie, wie viel ihm dieses Baby bedeutete.
„Ich habe ins Kinderzimmer geschaut. Die Kommode sieht toll aus. Aber warum hast du damit nicht bis heute gewartet? Du brauchst deinen Schlaf schließlich auch.“
„Ich kann schon lange nicht mehr richtig schlafen. Tut mir leid, wenn ich dich gestört habe. Du brauchst jetzt vor allem Ruhe.“
Falsch. Alles, was sie brauchte, war die Liebe ihres Ehemanns. Aber er schien so weit weg zu sein, dass es sie völlig verstörte.
„Du hast recht. Je mehr Ruhe, desto besser für das Baby. Hast du Lust zu frühstücken?“
„Danke, ich habe noch gar keinen Hunger. Später werde ich uns etwas zu Mittag kochen.“
„Nein, lass mich das machen. Aber danach muss ich weg.“
„Wohin?“
„Ich bin mit Giselle im Weinkeller verabredet. Welches Auto soll ich nehmen?“
Prompt wurde Luc noch eine Spur blasser. „Du willst jetzt schon mit der Arbeit beginnen?“
„Ja. Ich bin genauso arbeitssüchtig wie du.“
Sein Mund verzog sich zu einem dünnen Strich. „Gut, dann werde ich dich hinbringen.“
„Das ist nicht nötig. Bestimmt hast du Wichtigeres zu tun.“
„Ich habe den Maserati verkauft und muss dir erst ein neues Auto kaufen. Bis dahin werde ich dich fahren.“ Sein Ton duldete keinen Widerspruch.
„Warum hast du ihn verkauft?“, fragte sie verwirrt.
„Er hat
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