JULIA EXTRA BAND 0262
entsetzliche Verdacht durch den Körper. Denn so charmant und einfühlsam dieser umwerfende Grieche auch sein mochte, auf eine Affäre mit einem verheirateten Mann würde sie sich niemals einlassen!
„Worauf haben Sie Appetit?“, unterbrach Lysander ihre Gedanken. Wieder ließ seine dunkle, samtene Stimme Eleni erschauern. Rasch griff sie nach der Menükarte und starrte blicklos auf die angebotenen Gerichte. Es hatte keinen Sinn, sie musste es herausfinden. Mit klopfendem Herzen hob sie ihren Kopf und schaute ihr Gegenüber offen an.
„Ich hoffe, Sie halten mich nicht für unverschämt, aber …“ Wie konnte man so eine delikate Frage elegant verpacken oder wenigstens harmlos klingen lassen. Sein entspannter Gesichtsausdruck und das lauernde Lächeln in den Mundwinkeln waren Eleni keine große Hilfe. „Sie … Sie wollten von mir wissen, ob ich einen Freund oder Ehemann habe …“ Sie schluckte und nahm all ihren Mut zusammen. „Sind Sie eigentlich verheiratet, Lysander?“
„Meine Frau ist gestorben.“ Jetzt klang seine Stimme tonlos und seltsam dumpf. Und sie verbarg nicht im Geringsten die Verstimmung über ihre indiskrete Frage. Seine Augen glitzerten wie gefrorenes Eis. Anstelle ihres angenehmen, aufregenden Begleiters war ein kalter, völlig Fremder getreten.
„Nun, da das geklärt ist und Sie nicht länger befürchten müssen, ich würde Sie in eine verhängnisvolle Affäre hineinziehen, könnten wir vielleicht entscheiden, was wir zu essen bestellen wollen.“
Eleni schluckte heftig. Ihr Hals fühlte sich auf einmal trocken an. Begehrlich schaute sie auf den Krug mit Wasser, der zwischen ihnen auf dem Tisch stand. „Ich … ich wollte Sie nicht verstimmen, Lysander“, sagte sie leise. „Und schon gar nicht verletzen.“
Das Grübchen, das plötzlich auf seiner gebräunten Wange zu sehen war, irritierte Eleni vollends. „Natürlich wollten Sie das nicht“, schmunzelte er. „Vergessen Sie’s einfach und lassen Sie uns den Abend genießen.“
Eleni hätte zu gern gewusst, was mit seiner Frau passiert war. Wann war sie gestorben? Und wie lange war das her? Er musste sie auf jeden Fall sehr geliebt haben, angesichts des Schmerzes und der Qual, die sie sekundenlang in seinen schönen Augen ausmachen konnte, bevor er diese eisige Maske aufgesetzt und sie kalt auf ihren Platz verwiesen hatte.
So viel war jedenfalls klar – dieses Thema war ein Tabu, das sie besser nicht anrührte, wenn sie die Gesellschaft des faszinierenden Griechen noch länger genießen wollte. Mit zusammengepressten Lippen wandte sich Eleni wieder der Speisekarte zu.
„Ich wollte Sie nicht kränken, Eleni.“
„Ich bin nicht gekränkt.“ Sie schenkte ihm ein schnelles Lächeln.
„Lügen Sie mich nicht an. Sie sind eine Frau, deren gesamte Gefühlswelt sich in ihren Augen spiegelt – und ich bin nicht blind.“
3. KAPITEL
Als er die luxuriöse Jacht seines Vaters in dem pittoresken Bootshafen vertäut liegen sah, sank Lysanders Herz.
Es war sicher kein Zufall, dass Leonidas Rosakis gerade jetzt beschlossen hatte, die kleine Insel zu besuchen. Der alte Herr wollte etwas von ihm. Im letzten Jahr wäre er fast an einer Lungenentzündung gestorben, hatte sich aber glücklicherweise wieder erholt. Doch seit dieser Zeit schien er seinem einzigen Sohn mehr denn je auf den Fersen zu sein, um jeden seiner Schritte zu überwachen – und immer häufiger zu kritisieren.
Sein Hauptaugenmerk galt natürlich der Führung und Ausweitung des familieneigenen Reederei-Imperiums, das den Rosakis-Clan schwerreich gemacht hatte. Und die unerwartete Nähe zum Tod verstärkte seine Sorge um die Zukunft der Firma noch beträchtlich.
Während Lysander festen Schrittes die weiße Gangway betrat und einem salutierenden Crewmitglied in blütenweißer Uniform zunickte, wanderten seine Gedanken ungewollt zu Eleni, der Frau, die ihn so unerwartet verzaubert hatte.
Gestern Abend, vor ihrem Hotel, hatte er sie zum Abschied spontan auf die Wangen geküsst. Allein diese kleine Berührung reichte aus, um in ihm ein ungeahntes Feuer zu entfachen.
Zwar war ihm auch Mariannas außergewöhnliche Schönheit immer bewusst gewesen, doch er konnte sich an keinen einzigen Moment erinnern, wo ihn ihre bloße Nähe erregt hätte … so wie bei Eleni.
In einer halben Stunde würden sie sich hier im Hafen treffen, wo Lysander ein kleines Segelboot gechartert hatte, das sie zu einer der privaten kleinen Buchten bringen würde. Dort wollten sie sonnenbaden
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