JULIA EXTRA BAND 0262
darüber wollte er sich lieber keine Rechenschaft abgeben. Auf jeden Fall sehnte er sich jetzt schon danach, sie endlich wiederzusehen, während er an dem besten Tisch auf der Terrasse eines exklusiven Restaurants saß, das einen geradezu atemberaubenden Blick aufs Meer bot.
Als er Eleni am Eingang erspähte, wo sie lächelnd mit einem ausgesprochen animiert wirkenden jungen Kellner sprach, zog sich sein Herz auf eine seltsame Weise zusammen. Selbst über die Reihe von Tischen hinweg, die sie von ihm trennte, spürte Lysander die pulsierende Aufmerksamkeit, die sie ringsherum erweckte. Nur widerwillig identifizierte er das nagende Gefühl in seinem Inneren als einen völlig irrationalen Anflug von Eifersucht. Oder war es Stolz, dass dieses Zauberwesen, zumindest für den heutigen Abend, zu ihm gehörte? Auf jeden Fall wuchs seine Ungeduld, Eleni endlich an seiner Seite zu haben, von Sekunde zu Sekunde.
Sie trug ein schlichtes, rot-weiß gemustertes Baumwollkleid, das die sanft gebräunten Schultern freiließ und im Nacken geknotet wurde. Es umschloss ihren grazilen Oberkörper wie eine zweite Haut, doch der Rock war weit geschnitten, sodass der Saum bei jedem Schritt ihre langen Beine in Kniehöhe umspielte. Das lackschwarze schimmernde Haar floss ihr bis auf den Rücken herab.
Er stand auf, sobald sie ihren Tisch erreichte, und der junge Kellner überschlug sich fast, um Eleni den Stuhl Lysander gegenüber zurechtzurücken. Ihr dankbares Nicken bewirkte, das sich die Tönung seines perfekten olivenfarbenen Teints sichtbar vertiefte. Zynisch überlegte Lysander, ob der junge Adonis diese Show nur aufführte, weil er Eleni für die neue Gespielin des reichen Rosakis-Sprosses hielt.
Lysander dankte dem Kellner auf Griechisch für seine Bemühungen und wandte sich dann an seinen weiblichen Gast. „Ich freue mich sehr, dass Sie kommen konnten“, sagte er leise und umfasste ihre Gestalt mit einem besitzergreifenden Blick, der jetzt Eleni erröten ließ.
„Bin ich zu spät?“, fragte sie erschrocken und warf einen raschen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. „Es war so ein wunderschöner Abend, dass ich nicht anders konnte, als unterwegs ein wenig zu bummeln.“
„Nein, Sie sind nicht zu spät“, beruhigte er sie. „Sondern genau richtig, um einen unserer spektakulären Sonnenuntergänge mitzuerleben.“ Mit ausholender Geste wies er auf die ruhige See, die von der sinkenden Sonne angestrahlt wurde und dadurch in Brand zu geraten schien. Schweigend beobachteten sie das atemberaubende Naturschauspiel, das sich Nacht für Nacht wiederholte und doch immer wieder einzigartig war.
Eleni legte eine Hand auf ihr wild klopfendes Herz und sog unbewusst scharf den Atem ein. Das kaum vernehmbare Geräusch traf Lysander wie eine Faust in den Magen, und der Anblick ihres unschuldigen Staunens, gepaart mit einer kaum gezügelten Leidenschaft, die in ihren dunklen Augen brannte, wischte das verbindliche Lächeln von seinen Lippen.
Eleni wandte den Kopf. „Spüren Sie es auch in Ihrer Seele?“, flüsterte sie.
Marianna hatte nicht einen Sonnenuntergang in ihrem Leben bewusst wahrgenommen, dessen war sich Lysander ganz sicher. Er bezweifelte sogar, dass sie überhaupt so etwas wie eine Seele besessen hatte, geschweige denn, mit ihm darüber gesprochen hätte. Elenis Worte berührten eine Saite in ihm, die er gar nicht kannte.
„Ja, das tut es“, bestätigte er rau. „Egal, wie oft ich es schon erleben durfte.“
Er hat die erotischste Stimme, die ich je gehört habe, dachte Eleni, und ein wohliger Schauer überlief ihren Körper. Ihm zuzuhören ist wie ein warmes, prickelndes Bad in meinem Lieblingsparfum. Eine Stimme, wie gemacht für Komplimente, Schmeicheleien und Verführung …
Dieser für sie äußerst verstörende Gedanke entsprang ihrem sonst so geordneten Geist wie ein wilder Mustang. Gefährlich, faszinierend, berauschend in seiner Lebendigkeit.
Rasch rief Eleni sich zur Ordnung. Sie hatte Lysanders Abendeinladung schließlich nicht angenommen, um sich von ihm verführen zu lassen. Dafür wusste sie zu viel von den unglücklichen Urlaubsromanzen ihrer Freundinnen – obwohl sie selbst noch keine einschlägigen Erfahrungen aufweisen konnte.
Und ein Mann von Lysanders Kaliber – attraktiv, charismatisch, weltgewandt – würde sie unter Garantie bereits vergessen haben, ehe sie wieder zu Hause gelandet wäre! Außerdem waren solche Männer meist schon verheiratet.
Wie ein Messer fuhr ihr dieser
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