JULIA EXTRA BAND 0262
Welt.
„Süße!“ Constanza rauschte ins Zimmer und kam mit ausgestreckten Armen auf Gabriella zu. Sie küsste die Schwägerin und legte einen riesigen Strauß Blumen und eine große Schachtel Mozartkugeln auf den Nachttisch. „Mir tut das mit dem Unfall unendlich leid. Ich bin schrecklich sauer auf Ruddy, seit ich gehört habe, dass alles seine Schuld ist. Was nur beweist, dass Ricardo sich nicht in ihm getäuscht hat.“
„Was hast du denn über Ruddy gesagt?“, wollte Gabriella wissen.
„Dass er einen schlechten Charakter hat und dass ich ziemlich wilde Geschichten über ihn gehört habe“, antwortete Ricardo.
„Oh.“
Misstrauisch sah Ricardo sie an. Gabriella wirkte plötzlich noch blasser, und er fragte sich unwillkürlich, ob irgendetwas Unangenehmes geschehen war – einmal abgesehen von dem Verkehrsunfall. Etwas, dass sie ihm nicht sagen wollte?
Schließlich wurde Gabriella am nächsten Tag auf eigenen Wunsch entlassen. Allerdings mit der Auflage, einige Tage lang das Bett zu hüten und sich nicht anzustrengen.
„Merkwürdig“, bemerkte Constanza. „Normalerweise versuchen sie doch, einen so bald wie möglich wieder auf die Beine zu bringen.“
„Hm.“ Gabriella zuckte die Achseln, während Ricardo den Range Rover durch das schmiedeeiserne Eingangstor zur Schlossauffahrt lenkte. Vor dem Schloss wurden sie schon von Wilhelm erwartet.
Ricardo betrachtete seine Frau im Rückspiegel. Sie war noch immer erschreckend blass, und er zerbrach sich den Kopf darüber, was sie so sehr beschäftigen konnte. Sofort musste er an die unerfreuliche Begegnung denken, die er am Vortag mit Ruddy Hofstetten gehabt hatte.
„Sollte ich jemals herausfinden, dass du meine Frau auf irgendeine Art belästigt hast, bekommst du es mit mir zu tun“, hatte er ihm angedroht. „Es ist schlimm genug, dass du sie beinahe umgebracht hast. Ich rate dir, dich von ihr fernzuhalten, oder du wirst es bereuen.“
„Willst du mir etwa drohen?“, empörte sich Ruddy.
„Ich warne dich! Ich will deine Visage nicht mehr in ihrer Nähe sehen.“
Ruddy richtete sich auf, um einen passenden Kommentar abzugeben, überlegte es sich dann aber anders. Ricardo war kein Mann, den man sich zum Feind machen sollte. Und der Reiz, Gabriella zu verführen, war für Ruddy dadurch mittlerweile auch verflogen. Achselzuckend überlegte er, dass es an der Zeit war, zu neuen Ufern aufzubrechen.
„Ich werde dir nicht im Weg stehen“, beruhigte er Ricardo. „Nimm dir nur dein kleines Schulmädchen. Mir gefallen die Frauen ohnehin besser, wenn sie etwas reifer sind. Für meinen Geschmack sollten sie wenigstens ein bisschen Erfahrung im Bett mitbringen.“
Wenige Sekunden später lag Ruddy am Boden von Wilhelms Arbeitszimmer und rieb sich den schmerzenden Kiefer. Noch in derselben Stunde war er abgereist.
Doch angesichts des schlechten Zustands, in dem Gabriella sich offensichtlich befand, wünschte Ricardo sich, er hätte sich Ruddy härter zur Brust genommen. Er konnte nicht aus dem Kopf bekommen, dass Ruddy sie mit irgendetwas aus der Fassung gebracht haben musste. Aber nun war es zu spät, um etwas daran zu ändern. Jetzt war es das Wichtigste, dass sie sich schnell erholte.
Nachdem sie endlich in ihrem gemütlichen Bett lag, dachte Gabriella über das Baby in ihrem Bauch nach. Die Vorstellung war fantastisch und nur schwer zu begreifen. Ein Kind wuchs in ihr heran. Ricardos Kind.
Nervös spielte sie am Zipfel ihrer Bettdecke. Was sollte sie tun? Wenn sie ihm die Wahrheit sagte, wäre sie für immer an ihn gebunden. Wenn er sie lieben würde, wäre alles viel leichter. Doch leider war sie überzeugt davon, dass er sie lediglich freundschaftlich mochte und wohl auch gern mit ihr schlief. Mehr aber war da nicht!
Immer wieder musste sie an den Anblick denken, den er und Ambrosia ihr auf der Jacht zusammen geboten hatten. Sie wollte keine stillschweigend geduldete Dreierbeziehung, wie es so häufig bei Ehepaaren in gehobenen Kreisen vorkam.
Zurzeit kümmerte sich Ricardo allerdings rührend um sie. Sie unterhielten sich viel, spielten Karten oder sahen zusammen fern. Zwischendurch streichelte und küsste er Gabriella, so als wären sie ein ganz normales Liebespaar, und sie verzehrte sich vor Sehnsucht nach ihm.
Gabriella stieß einen langen Seufzer aus. Sie fühlte sich wie eine Gefangene: gefangen in ihren eigenen Gefühlen und in ihren verworrenen Lebensumständen. Sie musste der Wahrheit ins Auge sehen. Sie liebte ihren Mann von
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