JULIA EXTRA BAND 0262
Ferien könnte sie Joey guten Gewissens wieder mit nach Hause nehmen. Denn bis dahin würden Luke und sie einen Plan entwickeln, der allen dreien gerecht wurde.
Das zu erreichen war Erins Ziel, ihr Fokus.
Sie nickte entschlossen und trat ein.
„Setz dich.“ Luke wies ihr einen Stuhl zu und lächelte zurückhaltend.
Erin sah sich in dem luxuriös ausgestatteten Büro mit den tiefen Ledersesseln und dem kleinen Glastischchen um. Wie schon so häufig, fiel ihr auf, wie viel sich verändert hatte.
Früher gab es in dem Raum gerade einen kleinen Schreibtisch mit einem Telefon und einem Computer, der am Fenster gestanden hatte. Jetzt sah alles viel professioneller aus und passte nicht ganz zum traditionellen Charme eines alten Landhauses. Der große, luftige Raum war in warmem Kaffeebraun gehalten. Auf dem Schreibtisch standen ein PC, ein Laptop, zwei Telefone, ein Faxgerät und mehrere Ablagefächer.
An einer Wand hing eine große Karte von Warrapinya. An der gegenüberliegenden Seite stand ein Regal mit vielen Aktenordnern, Büchern über Viehzucht und – zu Erins Überraschung – Literatur über das Drehbuchschreiben.
„Hier hat sich wirklich viel verändert“, sagte sie staunend.
Luke sah sich um, als würde er den Raum zum ersten Mal mit ihren Augen sehen. „Ja, ich musste alles auf den neuesten Stand bringen, als ich mein Geschäft aufgebaut hatte.“
„Bestimmt warst du damit sehr erfolgreich.“
Er nickte. „Inzwischen habe ich drei Liegenschaften, um die ich mich kümmern muss.“
Beinah verschluckte Erin sich. „Drei?“
„Ja. Du erinnerst dich vielleicht noch daran, dass ich schon immer expandieren wollte. Nachdem du weg warst, habe ich hart gearbeitet. Sehr hart sogar. Außerdem bin ich zur rechten Zeit in den Markt eingestiegen.“
Er zuckte die Schulter. „Vor zwei Jahren habe ich unten in Rockhampton ein großes Stück Weideland gekauft – was sich als absoluter Glücksfall erwiesen hat. Letztes Jahr habe ich dann noch eine dritte Farm im Northern Territory gekauft. Sie hat ihre Kosten bereits wieder eingespielt.“
„Gut gemacht.“ Erin hatte das Gefühl, als würde ihr Lob seiner Leistung nicht gerecht. „Du hast ja immer sehr hart gearbeitet.“
Prüfend musterte er sie. „Für die meisten Leute ist das kein Fehler.“
„Das sollte auch keine Kritik sein.“
Draußen erklang das helle Gelächter der Jungen und das zarte Bellen der Hunde.
„Wie dem auch sei, wir sind ja nicht hier, um über mein Geschäft zu sprechen“, sagte er. „Sondern um ernsthaft miteinander zu kommunizieren.“ Er sah sie an. „Wo möchtest du denn anfangen?“
Verwirrt blinzelte Erin. Sie musste sich erst noch an Lukes geschäftlichen Erfolg gewöhnen. In gewisser Weise waren sie einander fremd geworden.
„Erzähl mir doch ein bisschen über dein Leben“, meinte er, als spürte er ihr Dilemma.
„Ich fürchte, da gibt es nicht viel zu berichten.“ Schließlich wusste Luke ja schon alles über ihre Firma, die Sorgen um Joey und sogar über Erins Exfreund Sebastian.
Sein Blick schien sie zu durchbohren. „Bist du glücklich, Erin?“
Oh, verflixt! Warum musste er ihr diese Frage stellen? Verunsichert sah sie zu Boden.
Natürlich konnte sie ihm viel Erfreuliches aufzählen. Inzwischen hatte sie eine größere Wohnung gefunden, fast so hübsch wie das alte Apartment, in dem sie vor der Ehe gelebt hatte. Regelmäßig traf Erin eine Menge Freunde und liebte noch immer all die Anregungen, die Manhattan ihr bieten konnte. Sie hatte eine Karriere, die sie erfüllte.
Sie hätte Luke auch von den Tagen erzählen können, an denen sie die fertigen Schmuckstücke betrachtete und erstaunt war, dass sie etwas so Schönes geschaffen hatte.
Und über das Glück, das Joey ihr schenkte, hätte Erin reden können. Joey, der voller Leben war, voller Neugier auf die Welt …
Oh ja. Sie konnte Luke stolz berichten, dass sie sich als alleinerziehende Mutter sehr gut geschlagen hatte … bis das schwarze Loch in Joeys Leben offenbar wurde, das durch die Abwesenheit seines Vaters entstanden war.
„Erin?“ Ungeduldig wartete er auf eine Antwort.
„Natürlich bin ich glücklich“, erwiderte sie schnell. „Sehr glücklich sogar.“
Durchdringend sah er sie an. „Das ist die traurigste Version von Glück, die ich seit Langem gesehen habe.“
Sie versuchte sich zu verteidigen. „Niemand führt ein perfektes Leben. Wir müssen alle Kompromisse schließen.“
„Ja, aber warum bist du dann so
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