JULIA EXTRA BAND 0262
nebeneinander vor dem Spülbecken. Ihre Gesichter waren mit weißem Schaum bedeckt. Hilfe! Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war der Anblick von Lukes muskulösem Körper.
„Hi, Mom“, kicherte Joey. „Dad und ich rasieren uns gerade.“
„Ja, das sehe ich.“ Sie schluckte nervös. Die beiden wirkten so glücklich. Vater und Sohn. Zwei sehr attraktive männliche Wesen. Eine perfekte Einheit.
Wie schon so oft in dieser Woche fühlte Erin sich schuldig, weil sie den Sohn dem Vater vorenthalten hatte. Erneut fragte sie sich, wie Joey wohl reagieren würde, wenn es Zeit sein würde, nach New York zurückzukehren. Von Anfang an hatte Erin gesagt, dass Joey nicht bei Luke bleiben konnte. Schließlich war sie diejenige, die sich vor allem um sein Wohl kümmerte. Als Mutter konnte sie gar nicht anders.
Aber war das dem Jungen gegenüber auch fair?
Die Antwort darauf zu finden, fiel Erin immer schwerer.
Lukes und ihr Blick trafen sich im Spiegel. Er lächelte nicht. „Wolltest du etwas?“
„Ich möchte euer Bindungsritual nicht stören. Wir können auch später darüber sprechen.“
„Du musst nicht gleich wieder verschwinden. Ich bin hier fast fertig.“
Eigentlich wollte sie Luke nicht wie gebannt ansehen. Aber sie konnte es nicht vermeiden. Fasziniert beobachtete sie ihn dabei, wie er mit dem Rasiermesser durch den weißen Schaum strich.
Seine Gesten waren so unglaublich männlich – die Art, wie er beim Rasieren das Kinn vorstreckte, wie akzentuiert dabei die Gesichtszüge und wie kräftig sein Hals wirkten.
„Joey“, sagte sie, kniete nieder und griff nach einem nassen Tuch. „Lass mich dir helfen.“ Behutsam wischte sie ihm den Schaum aus dem Gesicht.
„Wo ist dein Hemd?“
„Es hängt dort drüben am Haken, neben Daddys.“
Sie zog es ihm an. „Ich glaube, das Frühstück ist fertig. Willst du schon mal loslaufen?“
„Kommst du auch?“
„Ja, sofort. Ich will nur schnell mit Dad reden.“
Nachdem Joey gegangen war, sagte sie zu Luke: „Ich warte draußen auf dich.“
„Moment, ich bin schon fertig.“ Er spritzte sein Kinn kurz mit kaltem Wasser ab und wischte die verbliebenen weißen Spuren mit einem Tuch fort.
Erin bemühte sich, ruhig zu atmen, als Luke an ihr vorbeigriff und das Hemd vom Haken holte.
Schnell trat sie in den Flur, Luke folgte ihr.
Bevor der Mut sie verließ, erklärte Erin: „Ich finde, wir sollten wirklich noch einmal miteinander sprechen, bevor ich fahre.“
Sein Lächeln verblasste. „Über Joey? Wie wir das mit dem Besuchsrecht klären wollen?“
„Ja, das auch. Aber vor allem finde ich … wir sollten über uns sprechen.“
„Wozu? Wenn du mir wieder eine Lektion über das Küssen erteilen willst, vergiss es. Ich habe die Botschaft verstanden.“
„Nein, das meine ich nicht.“
„Worüber willst du dann mit mir reden?“
Sie schluckte. Es war schwer zu erklären. Trotzdem musste sie es versuchen. „Um ehrlich zu sein, ich … ich bin mir nicht ganz sicher. Aber ich habe den Eindruck, als würden wir so ein bisschen herumeiern.“
„Herumeiern?“
„Ja, vielleicht ist das nicht ganz das richtige Wort. Es kommt mir nur so vor, als ob wir … als ob wir uns nicht richtig losgelassen hätten.“
Luke wandte den Blick von ihr ab und sah hinaus auf die Koppeln, die von fahlgelbem Gras bewachsen waren. „Wir sind geschieden, Erin. Uns trennt die halbe Welt. Was willst du denn noch?“
Ich will die Geschichte mit uns zu Ende bringen.
Aber das sprach sie nicht aus.
„Nach fünf Jahren gibt es doch bestimmt Dinge, die wir miteinander besprechen sollten, findest du nicht? Ich finde, etwas Kommunikation wäre doch bestimmt …“
Luke wartete, während sie nach dem passenden Ausdruck suchte.
„Gesund.“
Amüsiert sah er sie an, dann nickte er. „Also gut. Im Sinne einer gesunden Kommunikation freue ich mich darauf, mit dir zu sprechen. Um halb drei heute Nachmittag in meinem Büro, okay?“
Erins Herz klopfte wie verrückt, als sie um Punkt halb drei an die Tür zu Lukes Arbeitszimmer klopfte.
Wenn alles nach Plan verlief, könnten sie nach diesem Gespräch endlich einen Schlusspunkt hinter ihre Beziehung setzen. Sie würden alles regeln, was zu regeln war. Und nach allen klärenden Worten müsste Erin sich schlussendlich nicht mehr schuldig vorkommen.
Luke und sie würden Freundschaft schließen, um Joeys willen. Die aufgewühlten Gefühle würden der Vergangenheit angehören.
Was aber noch viel wichtiger war – am Ende dieser
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