JULIA EXTRA BAND 0262
er besaß ein Flugzeug und ein Apartment in Townsville. Und Joey würde …
„Ich möchte nur kurz Raven Hallo sagen, Dad, auch wenn ich nicht auf ihr reiten darf“, hörte Erin plötzlich Joey fröhlich rufen.
Es klang so nah, dass sie zusammenzuckte. Dann vernahm sie Lukes Stimme.
„Morgen kannst du wieder auf ihr reiten.“
Der Wortwechsel drang durch die Stallwand, Erin konnte Schritte hören.
„Mommy wird morgen wieder fahren“, sagte Joey. „Ich wünschte, sie könnte hierbleiben. Warum geht das eigentlich nicht, Dad?“
„Sie will nicht hierbleiben.“
„Gefällt es ihr hier nicht?“
„Nein, nicht besonders.“
„Warum nicht?“
„So ist es nun einmal, Joey. Deine Mommy mag das Neonlicht, sie liebt die Stadt. Es gibt eben zwei Arten von Menschen – Stadtmenschen und Landleute.“
Weil sie lauschte, fühlte Erin sich schuldig. Unschlüssig, ob sie sich davonschleichen oder bemerkbar machen sollte, verharrte sie.
„Ich wünschte, Mommy würde zu den Landleuten gehören, du nicht auch, Dad?“
Die Antwort auf diese Frage wollte Erin eigentlich nicht hören. Sie öffnete schon den Mund, um sich zu räuspern. Aber dann erklang Lukes Stimme.
„Solche Wünsche bringen nichts, Joey. Man kann die Menschen nun einmal nicht verändern. Genau wie so viele andere Dinge.“
„Was denn, zum Beispiel?“
„Joey!“, rief Erin in diesem Moment laut. Sie stieß sich von der Wand ab und ging schnell durch die Stalltüren. „Hey, Joey, bist du hier drin?“
An das plötzliche Halbdunkel musste sie sich erst gewöhnen. Dann fand sie Joey vor Ravens Stall, Luke war drinnen und untersuchte gerade den Huf des Ponys.
„Hey, Mommy.“ Joey schien sich zu freuen, sie zu sehen. „Du hast den Tee verpasst.“
„Ich bin spazieren gegangen“, sagte sie und fügte hinzu: „Dabei ist mir eine Schlange über den Weg gelaufen.“
Besorgt sah Luke sie an. Er öffnete das Gatter und trat heraus. „Alles in Ordnung?“
„Ja, mir geht es gut.“
„Was für eine Schlange war es denn? Wie sah sie aus?“
„Sie war braun. Ich hoffe, es war keine Giftschlange.“
„War sie gemustert?“
„Nein. Warum?“
Luke wirkte noch immer beunruhigt. Er hob die Hand und strich Erin sanft über die Wange. „Ich hoffe, du hast einen großen Bogen darum gemacht.“
Sie nickte. „Ja. Aber ich bin auch nicht davongelaufen.“
„Das war sehr tapfer!“
Seine Stimme klang so zärtlich, dass Erin sich am liebsten an ihn geschmiegt hätte. Sie wünschte sich, dass er sie umarmte. Lukes Arme waren die einzigen Arme auf der Welt, in denen sie sich je zu Hause fühlen würde.
Er wandte den Blick nicht von ihr ab, bis ihr Herz einen großen Satz machte. Erin wurde schwach vor Verlangen. Wie wunderbar würde es sich anfühlen, wenn Luke nie aufhören würde, sie zu streicheln. Jeden Zentimeter ihrer Haut zu berühren.
„Mommy?“
Oh, verflixt! Ruckartig wandte sie das Gesicht und sah, dass Joey sie neugierig beobachtete.
Im selben Moment senkte Luke die Hand. Eine der Stalltüren fiel plötzlich mit lautem Krachen zu. Durch den Windstoß wurde ein wenig Stroh, das neben der Tür lag, in die Luft gewirbelt.
Luke hob den Kopf und sah sich aufmerksam um. „Ich glaube, es wird bald regnen.“
Erin wusste, dass Regen im Busch immer von großer Wichtigkeit war. Zu dritt gingen sie zur Stalltür und betrachteten den Horizont. Eine große dunkellila Wolkenfront rollte über die weite Landschaft auf sie zu – wie eine Armee kurz vor der Invasion. Der unverwechselbare metallische Geruch von nahendem Regen auf trockener Erde lag in der Luft.
„Sieht aus wie eine Sturmböe“, meinte Luke.
„Glaubst du, wir schaffen’s noch ins Haus, oder sollen wir hierbleiben?“, fragte Erin.
Er grinste sie an und wirkte plötzlich wie ein Schuljunge. „Warum sitzen wir es nicht einfach aus?“
Ihr drehte sich der Magen. Sie kannte diesen Blick, er erinnerte sie an den alten Luke, der immer zu Scherzen aufgelegt war.
„Ich werd’s dir zeigen“, sagte Luke zu Joey, griff nach der Hand des kleinen Jungen und zog ihn mit ins Freie. „Komm schon, Erin“, rief er ihr zu. Doch sie rührte sich nicht.
Kopfschüttelnd sah sie von ihrem sicheren Platz an der Tür dabei zu, wie Luke sich auf den trockenen Erdboden hockte und Joey neben sich herunterzog. Ihr war klar, was als Nächstes kommen würde. Mit klopfendem Herzen betrachtete sie die große Wolkenwand, die immer näher kam.
„Wir werden bestimmt nass werden“, rief
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