JULIA EXTRA BAND 0263
war der Moment, als er ihre Hände losließ. Sie nutzte die Chance sofort und schien den Schmutz ganz zu vergessen. Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre erdverkrusteten Hände, hob seinen Kopf an und küsste ihn. Sie eroberte seinen Mund mit hemmungsloser Leidenschaft.
Und ich gebe einen Teufel um den Schmutz, dachte er. Ichwürde mich wie ein Schwein nackt mit ihr im Schlamm suhlen und darüber lachen. Dies hier ist so anders. Das bin nicht ich, oder?
Der fade Nachgeschmack des Gesprächs mit Lisette war definitiv vergessen … ersetzt durch … Schmutz?
Er merkte ganz genau, wann sich Roxanna an ihre Hände erinnerte, denn sie riss sich so plötzlich von ihm los, dass er beinahe gefallen wäre, und dann quietschte sie.
„Oh Gott, schau nur, was ich getan habe! Ich habe dich völlig verdreckt.“
Er lachte nur. „Habe ich jetzt einen Bart?“
„Koteletten, auf die Elvis neidisch gewesen wäre. Es tut mir leid.“ Sie lächelte ihn an und zuckte hilflos die Schultern.
„Es tut dir überhaupt nicht leid.“
„Na ja, schon, aber es ist auch ziemlich witzig. Wenn wir das nicht abwaschen, werden wir auf frischer Tat ertappt …“ Sie runzelte die Stirn und strich mit ihren Fingern über sein Kinn. Offensichtlich schien sie ihre eigene Mahnung nicht zu bedenken.
„Das macht es sicherlich noch schlimmer“, murmelte er.
„Hm, ja, wieder korrekt, Sherlock Holmes. Warte mal … ein Wasserschlauch?“ Sie blickte sich um.
„Es ist mir egal, Roxanna.“
„Ich denke, ein Wasserschlauch wäre besser als eine Gießkanne.“
„Es macht mir nichts aus, wenn du es nicht abwaschen kannst.“
„Maria wird …“
„Hier passiert etwas“, sagte er eindringlich. Damit hatte er ihre Aufmerksamkeit geweckt. Sie suchte nicht länger nach einer Wasserquelle, sondern sah ihm in die Augen. „Es hat sich über zwei Wochen aufgebaut. Warum sollten wir es vor Maria verstecken?“
„Warum …“ Sie schüttelte den Kopf.
Er hatte sie überrascht, ihr den Boden unter den Füßen entzogen. Das merkte er an der Art, wie sie sich anspannte und schützend die Arme um ihren Körper schlang.
Warum hatte sie nicht damit gerechnet, dass er es offen aussprach? Warum hatte sie nicht gewusst, dass er sich wünschen würde weiterzugehen? Sie waren beide erwachsen, mussten niemandemRechenschaft ablegen.
„Ich … es war nur ein Kuss, Gino“, sagte sie.
„Nein, das war es nicht.“ Er trat wieder dicht an sie heran. „Es gibt nicht so etwas wie nur einen Kuss.“
„Nein?“
„Wenn es ein schlechter Kuss ist, dann will niemand eine Wiederholung. Wenn es ein guter Kuss ist – ein atemberaubender Kuss –, dann will ich mehr. Du nicht? Wir haben bereits zwei Wochen damit vergeudet, so zu tun als ob …“
„Du springst also mit jeder Frau ins Bett, die küssen kann?“
„Natürlich nicht.“
„So hat es sich aber angehört.“
„Glaubst du wirklich, dass so viele Frauen küssen können?“
„Ich glaube nicht, dass ich in dieser Hinsicht irgendetwas Besonderes bin. Nein, ich weiß, dass ich es nicht bin.“
„Wie definierst du besonders?“, fragte er.
Sie zuckte die Schultern, runzelte die Stirn und legte einen sarkastischen Ton in ihre Stimme. „Oh, wenn sie wie eine Wildkatze faucht, wenn sie jederzeit bereit ist, Tag und Nacht …“
Das war nicht Roxanna, die da redete, erkannte Gino. Er sah es an ihrem Gesicht, hörte es in ihrer Stimme und in den Worten, die sie benutzte. Sie war verletzt worden und wiederholte die Meinung desjenigen, der ihr wehgetan hatte.
„… wenn sie nie genug kriegen kann, keine Position zu ungemütlich ist, keine Worte zu stark sind, wenn sie unsterbliche, sklavische Dankbarkeit gegenüber dem Mann empfindet, der sie zu Tausenden unvergesslichen multiplen …“
Rox brach ab, schloss die Augen und wünschte, sie könnte die Zeit zurückdrehen und die Worte ungeschehen machen, die sie so bitter klingen ließen. Obwohl sie es nicht sehen konnte, wusste sie, dass Gino sich abgestoßen fühlen musste – wer würde das nicht bei dem, was sie gerade von sich gegeben hatte?
Sie hatten sich geküsst, waren sich nahegekommen. Sein Duft, sein Geschmack, seine Kraft und Hitze, all das war so perfekt und richtig gewesen, hatte ein so großes Verlangen in ihr entzündet, dass es ihr Angst machte. Wenn sie ehrlich war, bereitete es ihr schon seit Tagen Angst.
Oh, sie war so verwirrt!
„Das ist nicht deine Definition von besonders, Roxanna“, hörte sie Gino sagen, seine Stimme tief
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