JULIA EXTRA BAND 0263
verrate ihr nicht, dass ich das gesagt habe.“
„Deine Großmutter ist eine sehr schwierige Frau.“
„Nur sie?“, fragte Jane leichthin.
Er antwortete nicht, sondern lachte nur verlegen.
„Und wie kommst du zurecht? Lädst du noch immer junge Frauen ein?“
„Junge Frauen! Was wissen die schon? Nun ja, in den ersten Wochen habe ich mich wohl ziemlich zum Narren gemacht – aber ich hatte bald genug davon. Sie fehlt mir, Jane.“
„Du hättest schon früher herkommen sollen.“
„Sie hat mir doch zu verstehen gegeben, dass sie mich nicht will. Das war schon immer so.“ Er seufzte. „Mich wollte sie nie wirklich. Immer diesen anderen Mann, diesen Schauspieler, in den sie verliebt war.“
Jane war verblüfft. „Ich dachte, du wüsstest nichts von ihm.“
„Doch, natürlich. Einmal habe ich im Haus ihrer Eltern auf sie gewartet. Ich sah sie mit ihm durchs Gartentor kommen. Er sah gut aus, war selbstsicher, alles was ich nicht war. Er brachte sie zur Haustür, aber sie kam nicht herein. Ich wusste, dass sie sich küssten, und es brach mir das Herz. Dann kam sie herein mit einer Rose in der Hand, die sie von ihm bekommen hatte. Sie liebte ihn, nicht mich. Ich hätte gehen sollen, aber das habe ich nicht über mich gebracht, denn ich liebte sie. Sie hat mich geheiratet, aber nur, weil sie den anderen nicht haben konnte. Ich hoffte immer, dass die Liebe sich entwickeln würde, aber dann …“
„Was war dann?“, fragte Jane. Aus dem Augenwinkel konntesie sehen, dass Sarahs Tür sich einen Spalt geöffnet hatte.
„Es war an ihrem Geburtstag. Ich hatte eine große Party für sie veranstaltet, und am Ende des Abends wollte ich ihr einen riesigen Rosenstrauß schenken. Es war ein wunderbarer Abend, aber dann erwähnte jemand den Namen dieses Mannes, und ihr Gesichtsausdruck zeigte mir, dass sie ihn immer noch liebte. Ich habe die Rosen weggeworfen.“
„Und dann hast du ihr in all den Jahren nie wieder Rosen geschenkt?“ Jane war erstaunt über den Mann, den sie immer für schwerfällig und fantasielos gehalten hatte.
„Das hatte keinen Sinn. Ich wusste, dass ich immer nur an zweiter Stelle stehen würde.“
Hinter ihnen erklang ein Geräusch, das beinahe wie ein Schluchzen klang. Er drehte sich schnell um und erblickte Sarah, der die Tränen über die Wangen liefen. Wortlos breitete sie die Arme aus, und ihr Mann stürzte sich hinein.
„Liebling, Andrew, du stehst nicht an zweiter Stelle“, sagte sie mit erstickter Stimme. „Ganz bestimmt nicht.“
Jane zog sich leise zurück. Sie wurde hier nicht gebraucht. Sie ging schnell Milch holen, und als sie zurückkam, saßen die zwei alten Leute Händchen haltend auf dem Sofa, umgeben von roten Rosen.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Jane.
„Wunderbar“, erwiderte Sarah mit verklärtem Lächeln. „Ich habe damals die richtige Entscheidung getroffen, das weiß ich jetzt. Mein Liebling, deine Rosen bedeuten mir sehr viel.“ Sie sah Jane an. „Du brauchst einen Mann, der dir beides geben kann – Freiheit und Sicherheit. Du könntest das haben, aber du bist im Begriff, es wegzuwerfen. Beeil dich, bevor es zu spät ist.“
Plötzlich bekam Jane Angst. Mit einem Mal sah sie klar, wozu Stolz und Ärger sie gebracht hatten. Gil hatte um ihr Verständnis gefleht und hatte sie gebeten, ihm bei der Verwirklichung seines Traums zu helfen. Das hatte sie ihm verwehrt. Sie sah auf die Uhr. Halb zehn. Nicht mehr viel Zeit …
„Fahr vorsichtig“, rief Sarah Jane hinterher.
Als sie beim Festplatz ankam, konnte sie schon die Ansage für das Feuerwerk hören. Jane begann zu rennen. Sie stieß mit Joe Stebbins zusammen. „Ich dachte, Sie kommen nicht“, sagte er. „Schade, dass Sie nicht früher hier waren, Gil hatte alleinganz schön zu tun.“
Jane sah sich um und bemerkte Gil, der gerade das Gerüst erklomm. „Gil!“, rief sie. „Gil – ich liebe dich.“
Er drehte sich um, und ein freudiges Strahlen ging über sein Gesicht. Instinktiv streckte er ihr eine Hand entgegen und konnte sich mit der anderen Hand nicht richtig festhalten. Er rutschte ab und fiel auf den Boden. Jane schrie auf, als er mit einem dumpfen Geräusch aufschlug.
Sie eilte zu ihm hinüber. „Liebling, es tut mir so leid. Ich hätte früher kommen sollen.“
Gil gelang trotz der Schmerzen ein Lächeln. „Macht nichts. Du bist ja jetzt hier. Küss mich.“ Sie beugte sich hinunter und nahm ihn sanft in die Arme. Mit seiner unverletzten Hand strich er ihr über den
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