JULIA EXTRA BAND 0263
schockiert? Es war der einzig logische nächste Schritt. Es war das, was die meisten Menschen taten, wenn sie sich geküsst und dabei solche Hitze erzeugt hatten. Sie hätte nicht das Wort Geliebte benutzen müssen. Es konnte eine beidseitige, gleichwertige Beziehung sein.
Und dennoch war Rox schockiert. Weil alles so kalt und klinisch klang. Vielleicht war sie naiv, altmodisch und hoffnungslos romantisch, aber sie war nicht so naiv, dass sie nicht gewusst hätte, dass es zu nichts Tieferem führen würde, wenn sie mit Gino ins Bett ging.
Er hatte seine Einstellung zur Ehe vor zwei Wochen mehr als deutlich gemacht. Niemals wieder. Aber eine Ehe entstand aus Verbindlichkeit, die wiederum aus Vertrauen, Zärtlichkeit und Respekt erwuchs, nicht aus dem beiderseitigen Spaß an Sex. Und so sehr sie sich auch nach dem Sex sehnte, sie wusste, dass sie immer mehr brauchen würde.
„Nein“, wiederholte sie noch einmal fest und zog sich zurück. „Dafür bin ich nicht zu haben, Gino. Es tut mir leid. Ich will nicht deine Geliebte sein. Du musst eine andere finden.“
6. KAPITEL
Er würde denselben Vorschlag nicht noch einmal machen, dessen war sich Roxanna sicher, während sie mit schnellen Schritten zum Palazzo zurückeilte.
Sie hatte das Gefühl, Gino di Bartoli bereits gut genug zu kennen, um das beurteilen zu können. Er war genauso stolz wie praktisch, und sie hatte nicht vor, sich selbst zum Narren zu halten. Wenn es in ihrem Kuss irgendetwas Atemberaubendes, Weltbewegendes, Revolutionäres gegeben hatte, dann musstees von ihm ausgegangen sein.
Er war derjenige mit dem südländischen Feuer und der großen Erfahrung eines äußerst attraktiven Mannes. Sie dagegen war diejenige, die nur so „aussah“, als wäre sie gut im Bett; diejenige, die den Erwartungen nicht gerecht wurde, wenn es darauf ankam; diejenige, die vollkommen naiv und verrückt war, nach einer solch katastrophalen Scheidung immer noch so stark an die Ehe zu glauben.
Oh, verdammt, und sie war wirklich schmutzig!
Sie schob sich durch die Hintertür, schlüpfte aus den Turnschuhen, die sie einfach dort stehen ließ, und schlich auf Socken die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
Als sie sich vor dem Badezimmerspiegel auszog, entdeckte sie die staubigen Spuren, die Ginos Finger auf ihrer Taille hinterlassen hatten. Er musste noch schmutziger sein, dort, wo sie ihn berührt hatte.
Ihre Haut prickelte bei der Erinnerung an ihre leidenschaftlichen Umarmungen. Wenn sie gewollt hätte, dann hätte sie jetzt mit Gino zusammen sein können. Sie hätten sich in einer gemeinsamen Dusche gegenseitig waschen können, bevor sie sich liebten. Ihr Magen verkrampfte sich, wenn sie sich vorstellte, wie sie mit seifigen Händen seinen Körper streichelte, ihn unter dem klaren, warmen Wasser küsste und noch intimere Berührungen wagte.
„War es Wahnsinn, ihn abzuweisen?“, fragte sie sich laut.
Eine Menge Frauen hätten es so gesehen, doch Rox wusste es besser. Es war die richtige Entscheidung gewesen. Sie wollte keines Mannes Teilzeitgeliebte sein; sie wollte das volle Programm. Die Ehe mit Harlan hatte von Beginn an zu seinen Bedingungen stattgefunden, und sie war immer noch dabei, die Scherben ihrer Selbstachtung aufzusammeln. Beim nächsten Mal – wenn es ein solches gab – würde sie diejenige sein, welche die Regeln und Grenzen festlegte.
Zehn Punkte für Fortschritte in Sachen Selbsterkenntnis, Rox, aber das löscht das Feuer nicht, richtig?
Sie war noch acht Tage hier, und das war eine verdammt lange Zeit, wenn man sich vor Verlangen verzehrte. Es war, als hätte sie eine Krankheit, und Krankheiten nahmen immer irgendwie ihren vorgegebenen Verlauf.
Rasch stieg sie aus der Dusche, trocknete sich ab und zogfrische Kleider an. Dann eilte sie nach unten, um mit Pia zu essen. Diesmal konnte die Kleine Anstandsdame spielen, falls ihr Daddy vorhatte, sich zu ihnen zu gesellen.
Gino fuhr an diesem Nachmittag mit Pia nach Siena. Seit Sonntag, als er zusammen mit Maria die Garderobe seiner Tochter durchgegangen war, hatte er ihr neue Sachen kaufen wollen.
Ob Miss Cassidy die Kleider, die sie gekauft hatten, für gut befinden würde? Oder Lisette?
Wahrscheinlich nicht.
Cordhosen in Wassermelonenrosa? Ein Rollkragenpulli mit blauen Dinosauriern? Ein gelbes Sommerkleid mit weitem Rock, das Pia bereits ihr Narzissenkleid nannte? Rote Turnschuhe, Muster mit roten Marienkäfern oder roten Herzen?
Es stellte sich heraus, dass Pia Rot mochte. Und Jeans. Sie
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