JULIA EXTRA BAND 0263
war.
„Dr. Madison hatte eine ernst zu nehmende Panikattacke, als sie in London war, Maria.“
Die ältere Frau hob Augenbrauen und Hände. „Aber jetzt scheint es ihr viel besser zu gehen, seit sie zurück ist! Ich dachte mir schon, dass etwas in London passiert sein muss, weil sie dort aufgehalten wurde, aber ich hielt es für etwas Positives, nicht so etwas.“
„Ihre Mutter ist zu ihr geflogen und hat sie nach Florida zurückgebracht. Die Frau, die im Moment hier lebt, ist gar nicht Dr. Madison. Sie ist ihre Zwillingsschwester, eine qualifizierte Musiklehrerin, keine Expertin in der Geschichte der europäischen Gärten.“
Maria gab einen erstaunten Ausruf von sich.
„Ja, eine solche Täuschung würde man niemals vermuten, nicht wahr?“, stimmte Gino zu. „Aber ich bin davon überzeugt, dass ihre Intention gut ist. Sie wollen einfach nur, dass das Gartenprojekt so glatt wie möglich verläuft, und ich bin sicher, das wird es. Pia muss es nicht wissen, auch nicht die Gärtner oder Putzfrauen. Aber ich dachte, dass Sie es erfahren sollten. Ihr Name ist Roxanna.“
„Vielen Dank, Signor Gino. Ich muss zugeben, dass ich mich in den vergangenen zwei Wochen schon gewundert habe. Sie wirkte so viel lebendiger und selbstbewusster und strahlte eine ganz andere Aura aus. Jetzt ist natürlich alles klar. Ich wusste, dass sich tief in ihr etwas verändert haben musste. Wenn man mal ein bisschen Lebenserfahrung gesammelt hat so wie ich – oder wie Sie, Signor Gino –, dann kann man das Wesen einer Person sehr schnell erkennen.“
„Glauben Sie das wirklich, Maria?“
„Oh, ich weiß es. Es dauert nicht lange, all das über einen Menschen zu erfahren, was wirklich wichtig ist, wenn man nur genau hinschaut.“
Sie stellte mehrere andere Fragen: Wie ging es dann der wahren Dr. Madison, dem armen kleinen Ding? Sollte sie diese hier bei ihrem Vornamen nennen? Und so weiter.
Gino antwortete, doch er dachte über Marias Aussage nach, dass man das Wesen eines Menschen sehr schnell erkennen konnte. Das mochte stimmen – sehr wahrscheinlich sogar –, aber konnte man sich selbst und seine eigenen Wünsche genauso schnell erkennen? In vollem Umfang vermutlich nicht. Es war so viel leichter, sich selbst zu belügen, als von anderen betrogen zu werden.
Roxanna überprüfte anhand ihrer alphabetischen Liste die letzte Lieferung an Rosen, die am Freitagmorgen eintraf.
„Madame Alfred Carriere“, „Madame Hardy“, „Madame Isaac Pereire“, „Madame Legras de St. Germain“. Es waren starke kleine Damen, und sie alle hatten die Reise gut überstanden. Die „Marchioness of Londonderry“ fehlte zuerst, doch dann entdeckte Luigi sie zusammen mit „Paul Neyron“ im hinteren Teil des Lkws versteckt zwischen den Orchideen einer anderen Lieferung. Paul und die Marchioness hatten ihre beinahe dornenlosen Stängel total miteinander verheddert.
Das schlimme Pärchen.
Es war ja wohl offensichtlich, dass die zwei eine Affäre miteinander hatten.
Rox dachte daran, diese Bemerkung gegenüber Luigi, dem jüngsten der drei Gärtner, zu äußern, aber er sprach kein Englisch, und sie traute sich noch nicht, den Witz auf Italienisch zu machen. Ihre Sprachkenntnisse verbesserten sich zwar mit jedem Tag, aber Humor konnte eine heikle Sache sein.
Luigi ergoss gerade einen Schwall italienischer Worte über sie, wozu er breit grinste. Da sie gerade über Humor nachgedacht hatte, glaubte Rox, dass er einen Scherz machte, sodass sie nickte und lächelte und so tat, als verstünde sie.
Ups.
Sekunden später wurde sie von zwei starken Armen hochgehoben, in den hinteren Teil des LKWs geschoben und an einen kräftigen Männerkörper gedrückt. Es sah ganz so aus, als hätte sie ihr Einverständnis gegeben zu etwas wie: „Hättest du gerne Sex mit mir im hinteren Teil des Lkws? Es dauert nur neunzig Sekunden, denn ich bin unglaublich schnell.“
Er hatte ihr den Knopf und den Reißverschluss ihrer Hose schon geöffnet, ehe sie das „Nein!“ herausbekam, das sie daraufhin der Klarheit halber dreimal wiederholte.
Er ließ sie sofort los, grinste immer noch und bot an, ihr beim Schließen der Hose zu helfen. Oder zumindest hoffte sie, dass es das war, was er anbot. Eine andere Bedeutung wollte sie sich lieber nicht vorstellen. „Nein, danke“, sagte sie.
Er zuckte die Achseln. „Okay.“ Dann ließ er einen neuen Wortschwall los, den sie diesmal zu verstehen glaubte, aber sie wollte lieber ganz sichergehen.
„Sag das noch
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