JULIA EXTRA BAND 0264
Augen. Als sie den Treppenabsatz erreichte, glitt sie zu Boden und verbarg ihr Gesicht traurig zwischen den Händen.
Als Kind hatte ihr Bruder unter heftigem Asthma gelitten und oft im Krankenhaus oder krank zu Hause gelegen. Deshalb verpasste er sehr viel vom Schulunterricht und war für sein Alter sehr naiv. Die Reise nach Barakhara war sein erster Versuch, auf eigenen FüÃen zu stehen. Und jetzt saà er im Gefängnis. Bei dem einzigen Anruf, der dank des britischen Botschafters zustande gekommen war, hatte Andy völlig verängstigt geklungen und seine Familie angefleht, ihn aus dem Gefängnis und nach Hause zu holen.
Plötzlich hörte Abbie Schritte und sprang hastig auf.
Ihr Vater öffnete die Tür und trat über die Schwelle. Dort blieb er kurz stehen und warf dem Mann im Zimmer einen Blick zu.
âEs tut mir unendlich leid, aber ich muss diesen Anruf entgegennehmen. Es wird nicht lange dauernâ, sagte er.
Damit eilte er den Flur in Richtung Küche davon. Abbie schaute ihm nach. Vom Treppenabsatz aus wirkte ihr Vater klein und niedergeschlagen. Ein Anblick, der ihr das Herz schwer machte.
âO Andy â¦â, seufzte sie, gewann aber schnell ihre Fassung zurück.
Andere Jungen in seinem Alter hatten viel schlimmere Dinge angestellt! In England galt es als ganz normaler Diebstahl, wenn man wie er einige Kleinigkeiten von der archäologischen Ausgrabungsstätte, für die er gearbeitet hatte, einsteckte. Woher nahm dieser Scheich das Recht, Andy so lange einzusperren?
Plötzlich stieg Wut in Abbie auf. Bevor sie wusste, was sie tat, lief sie schon die Treppe hinunter. Die Tür zur Bibliothek war nur angelehnt. Weiter dem Impuls folgend, der sie schon die Stufen hinuntergetrieben hatte, öffnete sie die Tür und betrat das Zimmer.
Da stand sie also, von Angesicht zu Angesicht dem Mann gegenüber, der gekommen war, um ihrer Familie Forderungen zu stellen. Der ihren Bruder bis zur Zahlung eines Lösegeldes gefangen hielt und jetzt verkündete, wie viel sie bezahlen mussten.
Hier stand sie also, von Angesicht zu wunderschönem Angesicht â¦
Wie atemberaubend gut er aus der Nähe aussah, daran wollte Abbie lieber nicht denken. Dunkel und sexy. Gemütlich saà er in einem der groÃen weichen Ledersessel, die neben dem Kamin standen, die Beine ausgestreckt und an den Knöcheln gekreuzt. Seine blauschwarzen Haare bildeten einen scharfen Kontrast zu dem hellen Leder. Geradezu absurd klein und zerbrechlich wirkte die Teetasse aus feinstem Porzellan in seiner starken bronzefarbenen Hand. Seine andere Hand ruhte entspannt auf der Lehne des Sessels.
âSie können das nicht tun!â
Noch bevor Abbie nachdenken konnte, brachen die Worte aus ihr hervor. Und sie wusste nicht, ob sie Panik oder Befriedigung empfinden sollte, als sie sah, dass sich die Muskeln in seinem Kiefer spannten und seine schwarzen Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten, als er den Kopf hob und sie ansah.
âWie bitte?â
Seine samtige dunkle Stimme hatte einen scharfen Tonfall, bei dem sie innerlich zusammenzuckte. Auch saà er jetzt nicht mehr gelöst in dem Ledersessel, sondern spannte jeden Muskel seines Körpers an, als würde die Raubkatze, die sie sich vorhin vorgestellt hatte, nur auf den richtigen Moment zum Angriff warten.
âSie können Menschen nicht so behandeln!â
âUnd wie wäre das?â
âDas wissen Sie sehr gut!â
âIch denke nicht.â
Zu ihrem Entsetzen stellte er die Tasse samt Untertasse auf dem Tisch ab und stand mit einer langsamen geschmeidigen Bewegung auf.
âIch weià nicht, wessen Sie mich anklagen ⦠oder warumâ, fuhr er fort, und seine Stimme klang jetzt weich und warm. Doch dieser Tonfall passte ganz und gar nicht zu dem wütenden kalten Funkeln seiner schwarzen Augen. âVielleicht könnten Sie es mir erklären?â
Seit Malik sie vorhin am Fenster gesehen hatte, wollte er diese verführerische Blondine wiedersehen. Tatsächlich hatte er James Cavanaughs Vorschlag, Tee zu trinken, nur zugestimmt, weil er gehofft hatte, dass sie ihn servieren würde. Leider war James selbst gegangen und mit dem Tablett zurückgekehrt. Doch dann war sein Gastgeber zu einem wichtigen Telefonat gerufen worden, und dafür stand nun ohne Vorwarnung die schöne Fremde in der Bibliothek.
Vorhin, als sich ihre Blicke begegnet waren, hätte Malik jeden Eid
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