JULIA EXTRA BAND 0264
Furcht vor dem, was sie erwartete, forderten ihren Tribut. Schwankend und mit geschlossenen Augen hatte sie sich kaum im Sattel halten können.
Malik sah, wie ihr Kopf nach vorn sank, wie sich ihr Griff um die Zügel lockerte. Mit einem kurzen Kommando brachte er die Karawane zum Stehen und lenkte sein Pferd neben Abbies Stute.
Sanft berührte er ihren Arm. âGeht es dir gut?â, fragte er mit aufrichtiger Besorgnis in der Stimme.
Verborgen durch den Schleier brannten Tränen der Müdigkeit in ihren Augen. Hastig blinzelte sie sie fort und nickte stumm.
âKannst du weiterreiten?â
Sie wollte Ja sagen. Aber sie schien nicht in der Lage, auch nur dieses kleine Wort auszusprechen.
Aber sie brauchte auch nicht zu sprechen. Malik drängte seinen Hengst näher an ihr Pferd und streckte die Hände nach ihr aus. Im nächsten Moment legten sich starke Arme um ihre Taille und hoben sie aus dem Sattel auf sein Pferd.
âJetzt bist du sicherâ, murmelte er in ihr Ohr. âDu kannst schlafen, wenn du willst.â
Problematisch fand Abbie, dass sie sich wirklich sicher fühlte.
Er hatte sie in die Oase gebracht, wo sie sich vor dem Aufstand, der in Barakharas Hauptstadt tobte, verstecken konnten. Nach einem kurzen dankbaren Blick auf ihr Ziel war Abbie wieder eingeschlafen. Sie wusste weder, wer sie vom Pferd gehoben, noch, wer sie in das Zelt getragen hatte.
Und ganz sicher erinnerte sie sich nicht daran, auf diesen Diwan gebettet worden zu sein.
Sie streckte sich noch einmal und fühlte die Laken auf â¦, auf ihrer Haut!
Jemand hatte sie ausgezogen! Malik â denn es konnte niemand anders als er gewesen sein â hatte ihr das weiÃe T-Shirt und die graue Hose ausgezogen und ihr nur die Spitzenunterwäsche gelassen. Abbies Blut strömte zuerst kalt, dann heià durch ihre Adern. Was alles noch schlimmer machte, war ihre Fantasie von Maliks samtiger Stimme, mit der er sagte, er verstehe gar nicht, warum sie sich aufrege. Hatte er sie nicht schon mit wesentlich weniger Kleidern gesehen â¦, genauer gesagt, mit gar keinen?
Aber das war â¦
Selbst in ihrem Kopf gelang es Abbie nicht, den Satz zu beenden, weil vor ihrem geistigen Auge ein Bild von Malik auftauchte, wie er sie mit zynisch hochgezogener Augenbraue verächtlich ansah.
Wo liegt der Unterschied, würde er sagen. Warum ist es dir jetzt peinlich? Damals konntest du nicht schnell genug aus deinen Kleidern schlüpfen. Aber natürlich dachtest du da auch noch, mich zu verführen wäre gleichbedeutend mit mich zu heiraten.
Als stünde er tatsächlich mit ihr in diesem Raum, so deutlich hörte Abbie die Worte.
Jetzt, da du weiÃt, dass du deinen Willen nicht bekommst, bist du nicht so scharf darauf, mir eine Strip-Show zu präsentieren, ist es das, hmm?â
Am allerschlimmsten war, dass sie nicht wüsste, was sie darauf antworten sollte.
Um diese Gedanken zu vertreiben, warf Abbie die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Auf einem Diwan lag ein Morgenmantel aus elfenbeinfarbener Seide. Dankbar schlüpfte sie hinein.
Wenn sie doch nur eine zweite Chance bekäme. Wenn Malik ihr doch nur noch einmal mit der Leidenschaft begegnete, die er ihr in jener ersten Nacht gezeigt hatte, dann könnte sie mit ihrer eigenen Leidenschaft antworten. Einer Leidenschaft, die durch ihre Liebe zu ihm genährt wurde. Einer Leidenschaft, die dafür sorgen würde, dass die Feuer in ihren Seelen gleich hell brannten. Denn das Feuer brannte immer noch. Beim Kuss gestern im Wagen hatte sie es gefühlt.
Aber es gab keine Hoffnung mehr. Malik hatte sehr deutlich gemacht, dass sie als Verlobte seines Halbbruders für ihn tabu war.
AuÃerdem konnte sie nicht auf Maliks Leidenschaft hoffen und gleichzeitig Andy retten. Die einzige Möglichkeit, ihrem Bruder zu helfen, war, Jalil zu heiraten â auch wenn ihr Herz dadurch in tausend Stücke zersprang.
Erst am späten Abend kehrte Malik zum Zelt zurück. Am späten Abend nach einem langen, von Sorgen beherrschten, einsamen und unruhigen Tag für Abbie. Natürlich hatten Maliks Diener aufmerksam für ihr Wohl gesorgt. Aber sie konnten â oder wollten â ihre Fragen nicht beantworten, die so vehement und quälend in ihrem Kopf kreisten.
Was passierte in Barakhara?
Was war mit Jalil?
Welche Auswirkungen hatte der Aufstand auf Andys Zukunft?
Aber die wichtigste Frage von allen, die, die
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