JULIA EXTRA BAND 0264
Sohn sein, aber ihr Freund war er deswegen noch lange nicht.
Seine Körpersprache machte es klarer als jedes Wort, angefangen von dem unrasierten Kinn, den wirren kurzen Haaren, den schwarzen Designerjeans bis hin zu den langen Beinen, die in handgearbeiteten Lederstiefeln steckten. Das weiÃe Hemd hätte den harten Eindruck mildern müssen, stattdessen betonte es nur die olivbraune Haut und die dunklen Züge. Dieser Mann strahlte Macht aus, als sei sie sein Geburtsrecht.
Ruby zwang sich dazu, den Rücken durchzustrecken, als sein Blick auf ihren mit seines Vaters verschränkten Händen auf dem Bett haften blieb. Unmut ging in groÃen Wellen von ihm aus, als er es sah, doch Ruby lieà ihre Hände dort, wo sie waren. Ob es ihm passte oder nicht, sie hatte ein Recht darauf, hier zu sein.
Doch ganz gleich, welche Fehler er haben mochte, auch er musste trauern. Selbst wenn Vater und Sohn fast eine Dekade kein Wort miteinander gewechselt hatten, so war Ruby doch klar, dass Laurences Tod ein Schock für Zane sein musste. Noch gestern war jeder davon ausgegangen, dass Laurence genesen würde. Als Zane gestern in London die Maschine bestiegen hatte, war der Tod seines Vaters eine völlig unwahrscheinliche Möglichkeit gewesen. Zane müsste schon hart wie Granit sein, sollte er nicht erschüttert sein. Niemand konnte so gefühllos sein.
âSie müssen Zane seinâ, hob Ruby an, um das eisige Schweigen zu brechen. âIch bin Ruby Clemenger. Ich habe mit Ihrem Vater zusammengearbeitet.â
âIch weiÃ, wer Sie sindâ, knurrte er.
Sie holte tief Luft und überdachte ihr Urteil noch einmal. Vielleicht war er doch derart hart und gefühllos. Um Laurences willen setzte sie erneut an. âHerzliches Beileid.â Sie schüttelte den Kopf. âEr wollte Sie so unbedingt sehen. Aber Sie sind zu spät.â
Zane kniff die Augen zusammen. âJa, so sieht es mir auch aus.â Nur mit Mühe riss er sich zusammen. Natürlich, sie musste ja hier sein! In den letzten Jahren hatte er kein einziges Foto von seinem Vater gesehen, ohne dass diese Frau an seinem Arm gehangen hätte. Ruby Clemenger, ständige Begleiterin und rechte Hand seines Vaters. Laurence hatte immer eine Schwäche für schöne Beine gehabt. Den schimmernden GliedmaÃen nach zu urteilen, die da unter dem Stuhl steckten, hatte Laurence sich in dieser Hinsicht nicht geändert.
Im Moment wünschte Zane sich jedoch nichts anderes, als dass sie diese Beine in die Hand nehmen und von hier verschwinden würde. Es war sein Vater, seine Trauer, seine Wut. Er war seit vierundzwanzig Stunden unterwegs und war wegen einer einzigen Stunde um das Wiedersehen mit seinem Vater gebracht worden. Er wollte seine Gefühle mit niemandem teilen, schon gar nicht mit jemandem wie ihr.
Zumindest schien es, als hätte sie den Wink verstanden. Die Angriffslust, die kurz in ihren Augen aufgefunkelt war, schwand. Doch sie trat nicht von dem Bett fort, und selbst in seinem übermüdeten Zustand fielen Zane die verführerischen weiblichen Kurven auf, die strahlend blauen Augen, umrandet von langen Wimpern, die vollen, schön geschwungenen Lippen, die geradezu darum bettelten, geküsst zu werden.
Ganz so, wie sein Vater es schätzte.
Bittere Galle stieg in ihm auf. Sie war gute dreiÃig Jahre jünger als Laurence. Bei ihrer Figur und ihrem Aussehen hatte sein Vater nicht die geringste Chance gehabt. Der Herzinfarkt war praktisch vorprogrammiert gewesen.
Jetzt beugte sie sich vor und küsste Laurence zum endgültigen Abschied auf die Wange. âLeb wohl, Laurence. Ich werde dich immer lieben.â
Ihre geflüsterten Worte trafen Zane wie ein Schlag in den Magen, brachten jenen Zynismus, den er sich bei einigen der unschönsten Firmenübernahmen in ganz Europa angeeignet hatte, zum Ãberschäumen. Diese Show war offensichtlich für ihn gedacht. Er wusste, wozu Menschen fähig waren, wenn Geld auf dem Spiel stand.
Ruby Clemenger war lediglich eine Angestellte der Bastiani Pearl Corporation, auch wenn ihre Dienste offenbar weit über das reine Schmuckdesign hinausgegangen waren. Erhoffte sie sich, ein Stück des millionenschweren Unternehmens zu ergattern, jetzt, da Laurence nicht mehr lebte?
âWie anrührend.â Seine Geduld war zu Ende. âSind Sie endlich so weit?â
Er sah, wie sie sich versteifte. Dann legte sie ein letztes Mal ihre
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