JULIA EXTRA BAND 0269
auslösen konnte.
„Ich habe dir einen Gefallen getan, Gabriel.“ Sie sah ihn unverwandt an, auch wenn sie innerlich tausend Tode starb. „Ich wusste, dass du früher oder später meiner müde geworden wärst. Ich habe dir die Verlegenheit erspart, mich loswerden zu müssen und mir selbst den Schmerz der …“
„Den Schmerz der …?“
„Vergiss es. Es spielt keine Rolle. Und es hat auch nichts damit zu tun, weshalb ich hier bin.“
Im Kopf war sie jeden möglichen Verlauf durchgegangen, den dieses Gespräch nehmen konnte. Keiner war besonders beruhigend gewesen.
Als er nichts sagte, runzelte sie die Stirn und fragte: „Willst du nicht wissen, warum ich hier bin?“
„Das weiß ich bereits.“
Ihre Augen weiteten sich. „Das tust du nicht! Wie könntest du?“
„Es ist ganz einfach.“ Gabriel zuckte lässig die Achseln. „Wenn man den ganzen Unsinn beiseite schiebt, kommt man immer auf die Frage des Geldes.“
„Aber …“
Er hob eine Hand. Hatte er wirklich geglaubt, sie wäre anders? „Wie viel?“
„Wie viel was?“, fragte Rose wie betäubt.
„Wie viel Geld willst du haben, um dein neues Leben samt Kurs zu finanzieren?“ Er stand auf und schlenderte zu der großen Fensterfront hinüber, sodass er sich dagegenlehnen und sie verächtlich ansehen konnte. „Ich hatte mich schon gefragt, wie lange es dauern würde, bis du erkennst, was für einen großartigen finanziellen Deal du hier aufgegeben hast. Ich schätze, ich könnte mich herzlos zeigen und dir sagen, dass du verschwinden sollst, aber zur Hölle, was ist schon ein bisschen Geld im Vergleich zu deiner … Mühe?“
„Vergiss es, Gabriel.“ Rose drehte sich um und wankte auf zitternden Beinen in Richtung Tür.
Es war ein riesiger Fehler gewesen, hierherzukommen, doch sie hatte mit ihrer Schwester darüber gesprochen und entschieden, dass es das einzig Anständige war.
„Setz dich!“, befahl er ihr, doch sie kümmerte sich nicht darum.
Weit kam sie allerdings nicht. Sie hatte nicht mal die Tür zu ihrem ehemaligen Büro erreicht, da war er schon an ihrer Seite und drehte sie zu sich um, sodass sie ihn ansehen musste.
Die Berührung seiner Hände auf ihren Armen war wie die Hitze eines Brandeisens.
„Ich bin nicht hierhergekommen, um mir deine Anschuldigungenanzuhören!“, rief sie empört und riss sich von ihm los. „Und ich bin auch nicht hierhergekommen, um mich von dir beleidigen zu lassen!“
„Oh, warum bist du dann gekommen? Um nachzusehen, ob die Sekretärin, die du für mich ausgesucht hast, ihren Job gut macht? Das tut sie. Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.“
„Ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass ich schwanger bin!“
Die Stille, die auf diese Worte folgte, war geradezu ohrenbetäubend, und zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, erlebte Rose Gabriel vollkommen sprachlos. Er verlor jegliche Farbe und starrte sie ein paar unendlich lange Sekunden, in denen ihr beinahe das Herz stehen blieb, ungläubig an.
Doch er erholte sich rasch. Schock wurde von Misstrauen verdrängt. „Das ist unmöglich. Wir waren vorsichtig.“
„Wir waren die meiste Zeit über vorsichtig, Gabriel, aber nicht in jener ersten Nacht … Macht es dir etwas aus, wenn ich mich setze?“ Rose hatte Angst umzukippen, denn ihre Beine fühlten sich butterweich an. Erschöpft ließ sie sich auf den Stuhl gegenüber dem Schreibtisch sinken, während Gabriel regungslos hinter ihr stehen blieb.
Irgendwann ging er an ihr vorbei und starrte blicklos hinaus auf die Stadt.
Vor allem wollte sie ihm sagen, dass es ihr leidtat, denn nie im Leben, nicht für eine Sekunde, war ihr in den Sinn gekommen, dass sie wegen eines einzigen Ausrutschers schwanger werden könnte. Mein Gott, ihre Schwester hatte sechs Monate gebraucht, um schwanger zu werden!
„Seit wann weißt du es?“, fragte Gabriel kühl und drehte sich zu ihr um.
„Seit zehn Tagen.“ Sie blinzelte. „Ich … ich habe Ewigkeiten nicht an meine Periode gedacht, bis ich zum Zahnarzt musste und der mich vor einer Röntgenaufnahme fragte, ob ich schwanger sein könnte. Erst da ist mir aufgefallen, dass ich schon seit einiger Zeit keine Periode mehr gehabt hatte.“ Sie wusste, dass ihre Worte überhastet klangen, doch allein der Blick in seinen Augen …
Als sie einstudiert hatte, was sie sagen würde, da hatte sichdie Szene in ihrem Kopf nie so abgespielt wie jetzt. Ja, natürlich hatte sie damit gerechnet, dass sie nervös sein würde, doch ihre Rede war flüssig. Sie
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