JULIA EXTRA BAND 0269
spottete sie. „Sie sind eine prominente Persönlichkeit, nicht wahr, Mr. Kyriacou?“
Er versteifte sich. „Ich weiß nicht, was Sie damit andeuten wollen, Miss Littlewood. Aber ich warne Sie! Seien Sie vorsichtig!“
Angie erbebte insgeheim. Nikos Kyriacou wirkte einschüchternd und sehr gefährlich. Vor Wut hätte sie diesem Mann am liebsten eine Ohrfeige verpasst.
Eigentlich war sie ein ruhiger, ausgeglichener Mensch. Doch jetzt entdeckte sie Seiten an sich, von denen sie bisher nicht gewusst hatte, dass sie existierten.
„Nicht Miss, sondern Dr. Littlewood“, korrigierte sie ihn kühl. „Von Ihnen lasse ich mich bestimmt nicht einschüchtern.“
„Natürlich, Dr. Angelina Littlewood. Aber ich bin nicht hier, um Sie einzuschüchtern.“ Seine arrogante Miene war unerträglich.
„Man nennt mich Angie und nicht Angelina.“ Angelina passte eher zu einer schönen, glamourösen Frau als zu ihr, wie sie fand. „Offenbar wissen Sie nicht viel von mir.“
„Doch. Sie haben Archäologie studiert, sind Dr. phil. und haben sich auf antike griechische Kunstwerke spezialisiert. Eine beachtliche Leistung für eine so junge Frau. Verraten Sie mireins, Dr. Littlewood: Lassen Sie sich immer mit Ihrem Doktortitel anreden?“, fragte er ironisch.
Angie war schockiert darüber, dass er mehr von ihr wusste, als ihr lieb war. „Nur wenn man versucht, mich von oben herab zu behandeln.“
„Habe ich das getan?“ Er ließ den Blick über ihr Gesicht, die Brille und das gelockte rötliche Haar gleiten, das sie streng im Nacken zusammengesteckt hatte. „Sie haben nicht viel Ähnlichkeit mit Ihrer Schwester“, stellte er fest.
Er hatte sie in ihrem empfindlichsten Punkt getroffen. Sie wandte sich ab. Dass sie und Tiffany in beinahe jeder Hinsicht sehr verschieden gewesen waren, war ihr klar. Dennoch hatten sie sich nahegestanden. Auch als aus dem liebenswerten kleinen Mädchen ein launischer Teenager geworden war, hatte sich daran nichts geändert. Doch Angie machte sich große Vorwürfe. Vielleicht hätte sie ihrer jüngeren Schwester energischer ins Gewissen reden müssen?
Müde strich Angie sich über die Stirn, wie um den Schmerz abzustreifen. War sie am Ende doch nicht ganz unschuldig am Tod ihrer Schwester? Immerhin hatte sie nichts gegen Tiffanys selbstzerstörerische Lebensweise unternommen und nicht versucht, Tiffany von Männern wie Nikos Kyriacou fernzuhalten.
„Haben Sie den Abschlussbericht gelesen?“, fragte er hart.
Sie wusste, was er meinte. „Ja, ich habe gelesen, dass sie betrunken war“, erwiderte sie ruhig. Als sie seine überraschte Miene bemerkte, fügte sie hinzu: „Haben Sie gedacht, ich wüsste es nicht oder würde versuchen, es abzustreiten?“
„Obwohl in dem Bericht zweifelsfrei festgestellt wird, dass mich und meine Familie keine Schuld trifft, sind Sie offensichtlich davon überzeugt, ich sei für den Unfall verantwortlich. Deshalb dachte ich, Sie hätten ihn vielleicht nicht gelesen.“
Ungläubig sah sie ihn an. „Tiffany war noch sehr jung, Mr. Kyriacou. Sie hatte gerade ihren achtzehnten Geburtstag gefeiert, als sie die Stelle in einem Ihrer Hotels antrat. Die meisten Achtzehnjährigen trinken manchmal etwas zu viel. Das gehört zum Erwachsenwerden.“
„Sprechen Sie aus eigener Erfahrung, Dr. Littlewood?“
Sie runzelte die Stirn. „Das tut nichts zur Sache.“
„Wirklich nicht?“ Er lächelte flüchtig und blieb ruhig und beherrscht.
„Falls Sie jede Verantwortung von sich weisen wollen, nur weil Tiffany etwas zu viel getrunken hatte, muss ich Ihnen leider widersprechen. Unter den gegebenen Umständen finde ich Ihre Gleichgültigkeit geradezu beleidigend. Sie sind zumindest insofern für Tiffanys Tod verantwortlich, als dass sie an dem Abend nur Ihretwegen zu viel getrunken hat.“
Warum bin ich eigentlich bisher jeder Konfrontation aus dem Weg gegangen?, überlegte Angie kampflustig. Sie fand es sehr befreiend, das auszusprechen, was sie dachte.
Völlig unbeeindruckt zog Nikos Kyriacou die Augenbrauen zusammen. „Glauben Sie, ich hätte ihr den Alkohol selbst eingeflößt?“
„Vielleicht könnte man es sogar so nennen. Unter normalen Umständen wären meine Schwester und Sie sich niemals begegnet, doch leider hat das Schicksal Sie und Tiffany zusammengeführt.“
„Das Schicksal?“, wiederholte er ironisch.
Sie wusste nicht, was er mit der Bemerkung andeuten wollte, aber es war bestimmt etwas Negatives.
„Meine Schwester hatte mit einem Ihrer
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