JULIA EXTRA BAND 0269
offensichtlich glaubte, sie könne ihn mit ihrer Schroffheit auf Distanz halten. Trotz ihrer Kälte hatte sie etwas in ihm entzündet. Und Raffaelle stellte gerade fest, dass er nicht den leisesten Wunsch verspürte, den Funken wieder zu löschen.
Tatsächlich genoss er die erotische Spannung, die zwischen ihnen pulsierte.
So wie er dort stand, erinnerte er Rachel an eine große geschmeidige Wildkatze, die den Augenblick abwartet, in dem sie angreifen wird.
Dass er kein Jackett mehr trug, war auch keine Hilfe. In dem weißen Hemd wirkten seine Schultern noch breiter, sein Oberkörper noch muskulöser. Die Krawatte, die ihm lose um den Kragen hing, lenkte ihren Blick immerzu auf die honigfarbene Haut an seinem Hals.
Ihre Kehle wurde trocken. Ihn anzusehen erweckte das erregende Prickeln zu neuem Leben. Sie spürte, wie Verlangen durch ihre Adern strömte – brennend und Furcht einflößend aufregend zugleich.
„Meinen Sie nicht, es wäre an der Zeit, mir Ihren Namen zu verraten?“
„Rachel“, stieß sie hervor. „Rachel Carmichael.“
Etwas an ihm veränderte sich. Seine Augen verengten sich erneut.
„Nun, dann hallo, Rachel Carmichael“, sagte er in einem Tonfall, bei dem sich ihre Nackenhärchen aufrichteten. „Jetzt wird die Situation wirklich interessant …“
„Warum?“, fragte sie vorsichtig.
„Warum kommen Sie nicht her und setzen sich, damit wir über alles in Ruhe sprechen können?“
In Rachels Vision schärfte die Raubkatze gerade ihre Krallen.
Es kostete sie viel Mut, durch das Zimmer zu gehen. Warum musste er sie auch so intensiv ansehen, als legte sie es darauf an, seine Aufmerksamkeit zu fesseln?
Sie setzte sich auf die Kante eines der schwarzen Sofas. Das kurze Kleid entblößte mehr von ihren Beinen, als anständig gewesen wäre. Sie versuchte, den Saum nach unten zu ziehen. Ohne Erfolg.
Und Raffaelle beobachtete immer noch jede ihrer Bewegungen.
„Ich nehme doch einen Drink“, platzte sie heraus.
„Was darf es denn sein?“, fragte er mit einer spöttisch hochgezogenen Augenbraue.
„Ich weiß nicht … irgendetwas.“
Endlich wandte er ihr den Rücken zu. In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nie so fehl am Platz gefühlt wie jetzt.
Niemals hatte sie für jemanden das luxuriöse Anhängsel gespielt – diese Funktion hatte sie der wunderschönen Elise überlassen. Heute Nacht diese Rolle einzunehmen hatte an ihrem Stolz genagt. Der einzige Mann, dem sie sich bislang hingegeben hatte, war Alonso.
Aber Alonso war nicht reich. Er war nur ein sehr junger Autoverkäufer in eleganten Anzügen mit einigen guten Sprüchen und einem winzigen Apartment. Er fuhr auffällige Wagen, die ihm nicht gehörten. Als Obstpflückerin auf einer Farm in der Nähe von Neapel hatte sie sogar mehr Geld verdient als er.
Raffaelle reichte ihr ein Glas. Sie blickte auf und nahm es mit einem gemurmelten ‚Danke‘ entgegen. Dann starrte sie es an und fragte sich, was das wohl für ein Drink war.
„Ein Spritzer Wodka, aufgefüllt mit Tonic“, gab er zur Antwort. „Und er ist nicht mit einem tödlichen Gift versetzt, falls Sie das fragen wollten.“
„Nein, ich …“
„Das sollten Sie aber“, unterbrach er sie. „Sie kennen mich nicht. Ich könnte auf Liebesspiele unter Drogeneinfluss stehen. Wie alt sind Sie überhaupt?“
„Dreiundzwanzig. Warum wollen Sie das wissen?“
„Reine Neugier.“ Er setzte sich neben sie, woraufhin sie unwillkürlich den Rücken streckte.
Raffaelle sah es und lächelte. Die Luft zwischen ihnen vibrierte vor erotischer Spannung. Er konnte es fühlen. Und er wusste, dass auch sie es spürte. Was er nicht wusste war, warum es geschah und was er dagegen tun sollte.
Lügner, schalt ihn eine Stimme in seinem Kopf.
„Okay …“, er lehnte sich auf dem Sofa zurück, „… fangen Sie an zu reden.“
Reden … Rachel befeuchtete ihre trockenen Lippen und starrte auf ihre Tasche, die sie immer noch fest umklammert hielt. Mit einer knappen Handbewegung blickte sie auf ihre Armbanduhr.
Es war kurz vor Mitternacht. Wie lange brauchte Mark, um die Bilder der Digitalkamera auf seinen Computer zu laden, den Artikel zu schreiben und alles per Internet an seine Zeitung zu schicken?
„Entspannen Sie sich.“
Doch sie versteifte sich nur noch mehr. „Ich bin entspannt, vielen Dank.“
„Nein, das sind Sie nicht. Da ist eine Verspannung … hier …“ Er legte einen Finger zwischen ihre nackten Schulterblätter. Für sie fühlte es sich so an, als
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