JULIA EXTRA BAND 0272
jeher verzaubert. Trotz bester Vorsätze erwiderte sie schließlich seinen Kuss und genoss seine Nähe, die sie viel zu lang entbehrt hatte. Wie sehr hatte sie ihn vermisst! Es war herrlich, von ihm umarmt und geküsst zu werden. Sie fühlte sich unendlich lebendig. Warum konnte es nicht immer so sein?
Die Wirklichkeit holte sie ein, und ihr Verstand übernahm wieder die Regie. Zaghaft begann sie, sich gegen ihn zu wehren. Rein körperlich hatte es stets vortrefflich zwischen ihnen funktioniert. Aber das war nicht genug. Zumindest nicht mehr. Sie wollte nicht nur gelegentlich eine Ehefrau sein, sondern ständig.
Energischer drängte sie ihn weg, und er ließ sie los und betrachtete sie forschend. „Es war nett von dir, vorbeizuschauen.“ Sie öffnete die Tür. „Schöne Ferien.“
Jake schlug die Tür zu. „Ich bleibe hier. Gewöhn dich an den Gedanken.“
„Du kannst nicht hierbleiben. Ich verlasse dich.“
„Dann geh.“
„Nein, du. Das ist mein Haus.“ Verflixt, sie hörten sich allmählichwie kleine Kinder an.
„Heute wird nichts mehr daraus. Ich bin jetzt über vierundzwanzig Stunden auf den Beinen. Eigentlich hatte ich am Nachmittag etwas schlafen wollen, doch stattdessen musste ich mich auf den Weg hierher machen.“ Er blickte sich um.
„Keiner hat dich eingeladen.“
„Ich habe mich selbst eingeladen. Es ist ziemlich kalt hier.“
„Die Heizung ist an. Nur dauert es eine Weile, bis die ausgekühlten Räume warm werden. Du hättest mir rechtzeitig mitteilen können, dass du heimkommst. In den letzten Wochen habe ich dich oft genug gefragt.“
„Ich wusste nicht sicher, ob ich es schaffen würde, und wollte keine falschen Hoffnungen in dir wecken. Vermutlich eine unnötige Sorge.“
„Wir hätten in Washington darüber reden können, wenn du etwas gesagt hättest. Ich hätte danach hierherfahren können.“
Sie wollte ihn nicht im Haus haben, hatte Angst, dass sie dann vielleicht nicht an ihrer Entscheidung der Vernunft festhalten würde. Aber es war spät, und er sah müde aus. Und so kurz vor Weihnachten dürfte er in Williamsburg und Umgebung kaum ein freies Hotelzimmer finden.
„Wir müssen zweifellos miteinander sprechen. Allerdings nicht mehr heute. Wo schlafen wir?“
„Wenn du unbedingt bleiben willst, kannst du Tante Sallys Raum benutzen. Ich schlafe in meinem alten Zimmer. Mir ist es ernst mit dem, was ich geschrieben habe, Jake. Es ist aus.“ Einen Moment wünschte sie sich, er würde all die Gründe, die zu ihrem Entschluss geführt hatten, hinwegfegen, doch er nahm seinen Matchsack und durchquerte die Diele.
„Wir reden morgen. Ist es nicht das, was du so gern tust? Die Dinge endlos bereden?“
„Nicht dieses Mal“, antwortete sie leise. Sie hatte keine Hoffnung mehr und auch keine Worte.
Jake drehte sich am Fuß der Treppe um und blickte sie an. Mit wenigen Schritten war er bei ihr, beugte sich zu ihr und küsste sie. Cath ballte die Hände zu Fäusten und bot ihre gesamte Willenskraft auf, um nicht schwach zu werden.
„Zwischen uns ist es nicht vorbei, Cath.“
Mit wild klopfendem Herzen beobachtete sie, wie er die Stufen hinaufging. Dann hörte sie, wie seine Schritte auf dem Holzfußboden widerhallten. Er blieb vor ihrem Zimmer stehen, ging dann weiter zum nächsten. Keines der anderen Betten war gemacht. Das in Tante Sallys Zimmer war nur mit einem Laken abgedeckt, aber noch nicht bezogen. Er würde selbst sehen müssen, wie er zurechtkam. Und morgen hatte er das Haus wieder zu verlassen. Tränen traten in ihre Augen. Seine Anwesenheit machte alles so viel schwerer.
Sie konnte noch immer nicht ganz fassen, dass er wie ein Blitz aus heiterem Himmel hier aufgetaucht war. Seine letzte E-Mail hatte er ihr von irgendwo aus dem Nahen Osten geschickt. Überhaupt herrschte in ihr ein ziemliches Chaos. Sich jetzt hinzulegen war unmöglich. Sie war viel zu aufgewühlt und musste erst ihre Gedanken ein wenig ordnen, um Ruhe zu finden.
Ja, Jake konnte sie mit nur einem einzigen Kuss verzaubern, sodass sie sich im Paradies wähnte. Auf der körperlichen Ebene harmonierten sie ausgezeichnet, doch ansonsten …
Wenn sie die wichtigen Dinge wie die gemeinsame Zukunft und die Familienplanung ansprach, wich er ihr ständig aus. Er sagte lediglich, dass sie mit allem fertig werden würden, was das Schicksal für sie bereithielt. Davon hatte sie nun genug. Sie wollte wieder frei sein, um irgendwann neue Bande zu knüpfen und vielleicht Mutter zu werden. Und sie
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