JULIA EXTRA BAND 0272
ihm standen zwei geöffnete Kartons. „Es gibt noch mehr.“ Er deutete auf einen Stapel zu seiner Rechten.
„Lass uns alles nach oben bringen und dort sichten“, schlug sie vor und legte den Lederband auf eine Schachtel, um diese und die darunter hochzuheben.
„Was ist das?“
„Ein Tagebuch. Ich möchte nachher einen Blick hineinwerfen.“
„Stammt es von einem deiner Vorfahren?“
„Vielleicht.“ Sie nahm die beiden Boxen und machte sich auf den Weg.
Nachdem sie noch zweimal unten gewesen waren, hatten sie alle Kisten ins Esszimmer geschafft und begannen damit, sie auszupacken.
„Wir brauchen einen Baum“, sagte Jake, als er erst eine, dann eine zweite Lichterkette zutage förderte.
„Nein, das tun wir nicht.“
„Doch, und ich weiß auch schon, wohin wir ihn im Wohnraum stellen. Vor die beiden Fenster auf der Stirnseite.“
Ja, dort würde er hervorragend hinpassen und eine stimmungsvolle Atmosphäre verbreiten, wenn er geschmückt wäre und in seinem Glanz erstrahlte. Sie liebte Weihnachten, aber es mit Jake zu feiern war ihr unangenehm. Für sich allein hatte sie keinen solchen Aufwand treiben wollen. Warum sollte sie es nun, nur weil er unerwartet hier aufgetaucht war?
„Vielleicht besorge ich uns morgen einen“, sagte sie widerwillig.
„Lass uns zusammen losziehen und einen in einer Baumschule schlagen.“
Überrascht sah sie ihn an. Sie hatten ein einziges Fest miteinander verbracht, und damals hatten sie den Baum an einem Stand der Pfadfinder gekauft. Auch war sie es gewesen, die ihn größtenteils geschmückt hatte, wenn sie sich richtig entsann, denn Jake hatte mit seiner Nachrichtenagentur telefoniert.
„Ich habe keine Ahnung, ob in der Nähe eine ist.“ Außerdem wollte sie den Baum nicht mit ihm gemeinsam beschaffen. Eine solche Aktion war viel zu erinnerungsträchtig. Es war schon schlimm genug, dass er überhaupt da war.
„Ich mache mich mal kundig.“ Er ging in die Küche und kam kurz darauf mit dem Telefonbuch zurück. „Im Windsor Drive ist eine. Weißt du, wo das ist?“
„Ich habe keinen blassen Schimmer.“
„Die Vorwahl ist dieselbe wie für hier, also dürfte es nicht allzu weit entfernt sein. Ich rufe gleich morgen früh dort an und frage nach den genauen Öffnungszeiten. Was hältst du davon, wenn wir hinfahren, bevor wir uns dem nächsten Zimmer widmen?“
Seine Stimme ging ihr durch und durch, und sie ermahnte sich sogleich zur Vernunft. Sie durfte der Faszination nicht erliegen, die er auf sie ausübte, sonst fühlte sie sich nur noch elender, wenn er in ein paar Tagen wieder verschwand.
Nein, sie sollte sich nicht mit ihm auf Baumsuche begeben. Entweder wollte sie sich von ihm trennen, oder sie wollte es nicht. Und gemeinsam etwas zu unternehmen war keine Maßnahme, um eine Beziehung zu beenden.
„Das ist keine gute Idee.“
„Warum nicht?“ Er legte das Telefonbuch weg, trat neben sie und drehte sie an den Schultern zu sich herum. „Wir wollen nur einen Baum besorgen. Das ist alles und wird nicht das Geringste ändern, oder?“
Doch. Es konnte sie in ihrem Entschluss wanken lassen. Sie erinnerte sich an so viele glückliche Momente mit ihm, wenngleich es nicht genug gewesen waren. Aber Jake war danach stets wieder weggeflogen, und jedes Mal war ihr das Herz ein wenig mehr gebrochen. Sie musste klare Verhältnisse schaffen, durfte nicht zaudern …
„Cath?“
Sie sah auf und blickte in die einst so geliebten dunklen Augen. Sie schienen ihr bis auf den Grund der Seele zu schauen. Langsam beugte er sich zu ihr, immer tiefer, und presste seinen Mund schließlich auf ihren. Sie fühlte seine warmen Lippen auf ihren und war sekundenlang wie verzaubert. Dann schaltete sich ihr Verstand ein, und sie wehrte ihn ab.
„Nein, Jake. Lass mich in Ruhe.“ Sie befreite sich aus seinem Griff und ging quer durch den Raum. „Wie du weißt, will ich nicht, dass du hier bist. Ich kann dich nicht zur Abreise zwingen, allerdings von dir fordern, dass du mir nicht zu nahe kommst. Solltest du es dennoch tun, werde ich wegfahren.“
„Und wohin?“
„Zu Abby. Sie hat mich zu Weihnachten eingeladen und würde sich bestimmt über meinen Besuch freuen.“
Kapitulierend hob er die Hände. „Okay. Ich werde Abstand halten. Du umgekehrt aber auch.“
„Wie bitte?“ Sie hatte nichts gemacht!
„Für den Fall, dass dich plötzlich ein stürmisches Verlangennach mir erfasst, das du nicht zügeln kannst.“
Wäre sie nicht zu weit entfernt von ihm gewesen,
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