JULIA EXTRA BAND 0272
und ein frisches Weizenbrot. Dan wollte unbedingt, dass ich seiner Mutter …“ Erschrocken verstummte sie. „Oh! Oh, das tut mir leid, Tally. Ich … ich wusste nicht, dass du Besuch hast.“
Weder Tally noch Dante antworteten. Beide blickten starr auf das Kind in dem himbeerfarbenen Schneeanzug, das Sheryl an der Hand hielt.
„Hallo, Mummy“, begrüßte Samantha Gardner Sommers ihre Mutter fröhlich und warf sich ihr in die Arme.
4. KAPITEL
Für einen Moment standen bis auf das Kind alle wie erstarrt da.
Dann, als hätte jemand auf einen Knopf gedrückt, kam wieder Bewegung in die Szene. Die Frau auf der Schwelle, die ein höfliches Gesicht aufgesetzt hatte, stellte die Tüte auf dem Tresen ab, während Taylor das Kind in die Arme schloss, und Dante …
Dante atmete tief durch.
Mummy? Hatte das Kind wirklich Mummy gesagt? Taylor blickte ihn über den Kopf des kleinen Mädchens hinweg an. Sie war blass geworden. Er aber wahrscheinlich auch.
„Wer ist das?“, fragte er heiser.
Die Frau schaute auf Taylor, dann trat sie einen Schritt vor. „Verzeihen Sie, dass ich mich nicht gleich vorgestellt habe. Ich bin Sheryl Miller, Tallys Nachbarin.“
Dante fuhr zu ihr herum, um ihr zu sagen, dass sie nicht gemeint sei und es ihn überhaupt nicht interessiere, wer sie sei, aber so unhöflich war er natürlich nicht.
„Und wer sind Sie?“, fragte Sheryl in die gespannte Stille hinein.
„Mein Name ist Dante Russo“, erwiderte er und rang sich ein Lächeln ab. „Taylor und ich …“
„Wir kennen uns aus New York“, fiel Taylor ihm hastig ins Wort. Sie hatte ganz rote Wangen bekommen und wirkte, als hätte sie Fieber. „Er war gerade in der Gegend, und da … da hat er kurz reingeschaut.“
In diesem Moment hupte es draußen, doch Sheryl Miller reagierte nicht darauf. „Merkwürdig“, meinte sie, „aber Tally hat Sie nie erwähnt.“
Dante, der die Frau am liebsten aufgefordert hätte, endlich zu verschwinden, damit er Taylor fragen konnte, wer dieses Kind sei und warum es sie Mummy genannt habe, konnte sich nur schlecht beherrschen, zumal die Spannung im Raum unerträglich war und Taylors Nachbarin ihn so argwöhnisch musterte, als wäre er ein steckbrieflich gesuchter Serienkiller.
„Tja, so ist sie eben“, sagte er und lächelte schief.
Doch die Frau ignorierte seinen Kommentar und wandte sich wieder an Tally. „Ist alles okay mit dir?“, fragte sie.
Tally zwang sich, nicht hysterisch aufzulachen. Nichts war okay, gar nichts. Nichts würde je wieder in Ordnung sein, es sei denn, ihr fiel eine überzeugende Geschichte ein, damit Dante endlich aufhörte, sie und Sam so fassungslos anzusehen.
„Soll ich Dan reinholen?“
„Nein! Oh, nein, Sheryl. Ich meine … Es ist … wie schon gesagt … Dante ist ein alter …“
„Freund“, ergänzte Dante in ruhigem Ton. „Ich war in der Nähe und wollte nur mal kurz reinschauen, um zu sehen, ob sich Taylor an das Kleinstadtleben gewöhnt hat.“
Doch Sheryl Miller wirkte auch dann nicht überzeugt, als Taylor ihm eifrig zustimmte, dass es so gewesen sei.
„Warum sollte sie sich an das Leben hier nicht wieder gewöhnen? Hat sie Ihnen denn nie erzählt, dass sie im Grunde ihres Herzens immer ein Kleinstadtmädchen geblieben ist? Und dass sie aus Shelby kommt?“
„Nein. Aber langsam wird mir klar, dass sie mir wirklich vieles verheimlicht hat.“ Dante schaute zu Taylor. „Ist es nicht so, cara? “
Tally antwortete nicht. Offenbar befürchtete sie, mit jedem neuen Wort nur noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.
Draußen hupte es jetzt wieder. „Na schön, dann will ich mal … Dan möchte los, wir wollen zu seiner Mutter fahren“, erklärte Sheryl, bevor sie einen Handschuh auszog und Dante die Hand hinhielt. „War nett, Sie kennenzulernen.“ Sie beugte sich vor, als wollte sie ihm ein Geheimnis verraten. „Tally kann gut ein bisschen Gesellschaft brauchen. Ich rate ihr immer, öfter auszugehen, aber mit Sam … na ja, Sie wissen ja, wie das ist.“
„Nein“, sagte Dante. „Ich fürchte, das weiß ich nicht.“
Sheryl lächelte vielsagend. „Männer. Aber egal, auf jeden Fall freut es mich, dass mal jemand aus Tallys früherem Leben vorbeischaut.“
„Genau das bin ich. Jemand aus Taylors früherem Leben.“
Diesmal hupte es dreimal.
„Schon gut“, murmelte Sheryl. „Ich komm ja schon. Ach, und Tally? Nur falls ihr mitkommen wollt, Dans Mutter hat bestimmt nichts dagegen.“
Für einen Moment sah Tally sich im Geiste
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