JULIA EXTRA BAND 0272
Irgendwie würde er den richtigen Weg finden, um ihr zu zeigen, dass ihre Liebe stark genug war, um die Verletzungen zu überwinden, die er ihr zugefügt hatte. Er musste es schaffen, denn er konnte den Gedanken, sie zu verlieren, nicht ertragen. Inbrünstig wünschte er sich, sie in seinen Armen zu halten, Haut an Haut, Körper an Körper, und all ihre Tränen fortzuküssen. Er wollte sie anflehen, ihm zu vergeben, und all ihre Wunden mit seiner wahren Liebe heilen. Er wollte alles wegwischen, das schiefgegangen war, und neu anfangen. Aber vor allem wollte er, dass sie wusste, dass seine Liebe ihr für immer und ewig gehörte.
Aber das war nicht der richtige Weg, es ihr zu zeigen, entschied Silas und kämpfte gegen seine eigene, alles überwältigende Begierde an. Wenn er sie jetzt nahm, auf diese Weise, wenn sie aus Bitterkeit und Zorn heraus handelte, dann würde er sie beide zerstören. Das wusste er, und gleichzeitig sehnte er sich danach, die Dinge zwischen ihnen ins Lot zu bringen, indem er ihr körperlich zeigte, was sie ihm bedeutete.
Die glühend heiße Wut ließ nach und ließ eine Leere zurück, die durch Schmerz gefüllt wurde. Matilda zitterte in Silas’ Armen.
„Matilda …“
„Geh einfach, Silas. Bitte, geh.“
12. KAPITEL
„Silas hat heute Morgen schon wieder angerufen.“
Matilda registrierte die Worte ihres Vaters, aber sie zeigte keinerlei Reaktion darauf. Es war jetzt über zwei Monate her, dass sie Silas das letzte Mal gesehen hatte. Zwei Monate, in denen er mit unnachgiebiger Hartnäckigkeit versucht hatte, einen Kontakt zu ihr herzustellen. Doch sie hatte sich genauso unnachgiebig geweigert.
Sogar hier, auf dem Bauernhof ihres Vaters in Dorset, ihrem Rückzugsort, nicht so sehr weil sie Erholung von ihrer Arbeit brauchte, sondern weil sie vor Silas und dem Gespenst ihrer Liebe flüchten musste, hatte er sie aufgespürt.
„Er hat dir das hier geschickt“, fuhr ihr Vater fort und streckte ihr ein DIN-A -4-Paket entgegen. „Es ist das Manuskript seines Buchs. Er hat mich gebeten, dir zu sagen, dass du es als Erste lesen sollst.“
Matilda presste die Lippen aufeinander. Irgendwie hatte Silas es geschafft, aus ihrem Vater einen Verbündeten zumachen – und das, obwohl ihr Vater wusste, was Silas getan hatte.
„Matilda, ich weiß, dass das, was er getan hat, falsch war, aber warum gibst du ihm nicht die Chance, sein Verhalten zu erklären und wiedergutzumachen?“
„Warum sollte ich?“
„Muss ich dir das wirklich sagen?“, fragte ihr Vater trocken. „Du liebst ihn immer noch, ganz egal, wie sehr du dich auch vom Gegenteil zu überzeugen versuchst, und nach dem zu urteilen, was er mir gestanden hat, liebt er dich ganz sicher.“
„Sein Betrug hat dazu geführt, dass Hugh die Verlobung mit Mum gelöst hat“, versetzte Matilda.
Ihr Vater hob eine Augenbraue. „Wenn du mich fragst, hat deine Mutter großes Glück gehabt. Sie selbst sieht das ganz sicher so. Außerdem hat sie ja nicht gerade lange gebraucht, um jemanden zu finden, der Hugh ersetzt, nicht wahr?“
Sie zuckte unbehaglich die Schultern. Es stimmte, dass ihre Mutter schon wieder Hals über Kopf verliebt war in einen anderen Mann – und auch wenn Matilda das ihrem Vater gegenüber niemals zugeben würde, tat Annabelle ebenfalls ihr Bestes, um Matilda dazu zu bewegen, Silas eine zweite Chance zu geben.
„Ich muss jetzt los“, verabschiedete sich ihr Vater in diesem Moment. „Bis später.“
Matilda gab sich große Mühe, nicht auf das Manuskript auf dem Tisch vor ihr zu schauen. Sie wusste nicht einmal, warum sie es aus dem Paket herausgeholt hatte. Doch es war nun mal geschehen, und nun erging es ihr wie Pandora, nachdem sie die Büchse geöffnet hatte – die Neugier war einfach zu groß; sie musste einen Blick hineinwerfen.
An die erste Seite des Manuskripts war ein an sie adressierter Brief geheftet. Natürlich würde sie ihn nicht lesen. Nein, sie würde ihn zerreißen, so wie sie es auch mit allen anderen von Silas’ Briefen getan hatte. Dummerweise gehorchten ihre Finger nicht ihrem Verstand, denn ganz plötzlich lag der Brief geöffnet vor ihr, und Silas’ klare, männliche Handschrift breitete sich vor ihr aus, während ihr unwillkürlich Tränen in die Augen stiegen.
Wie konnte sie noch immer einen Mann lieben, der ihr bereits mehr als deutlich bewiesen hatte, dass seine Karriere immer an erster Stelle stehen würde, und der, um seine Ziele zu erreichen, auch bereit war, sie zu belügen?
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