JULIA EXTRA BAND 0272
blicken.
„In der ersten Nacht hier, als du damit gedroht hast, unsere ‚Verlobung‘ zu beenden, da habe ich daran gedacht, eine Beziehung aufzubauen, damit ich bleiben konnte.“
„Du hast mich benutzt“, warf Matilda ihm vor. Ihre Stimme klang flach und völlig emotionslos, denn wenn sie den Gefühlen nachgab, würde sie zusammenbrechen. „Du hast mich bewusst angelogen, hast so getan, als würdest du dich in mich verlieben, und während der ganzen Zeit habe ich dirnichts bedeutet.“
„Nein, das ist nicht wahr.“
„Du hast recht“, stimmte sie zu. „Die Tatsache, dass ich mich in dich verliebt habe, muss dir ziemlich wichtig gewesen sein. Schließlich hat das alles so viel leichter gemacht, nicht wahr?“
„So habe ich das nicht gemeint, und das weißt du auch genau. Du kannst nicht wirklich glauben, dass ich gelogen habe, als ich dir meine Liebe gestand!“
„Warum nicht? Du hast mich auch in allem anderen belogen, oder? Wenn du wirklich etwas für mich empfunden hättest, Silas, hättest du mir die Wahrheit gesagt.“
„Das wollte ich.“
Matilda lachte freudlos auf. „Wann? Nachdem du deine Story hattest?“
„Ich hätte es dir sagen sollen, das gebe ich zu. Aber ich hatte das Gefühl … Ich wollte das nicht verderben, was sich zwischen uns entwickelte.“
Sie konnte es kaum ertragen, ihm zuzuhören. Die Heiserkeit in seiner Stimme trieb ihr heiße Tränen in die Augen. Er klang so aufrichtig, aber natürlich war er das nicht.
„Genau genommen wollte ich es dir vorhin sagen – kurz bevor deine Mutter uns unterbrochen hat.“
Matilda runzelte die Stirn. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, während sie sich kurz an die Hoffnung klammerte, dass es die Wahrheit war. Sie erinnerte sich daran, dass er etwas hatte sagen wollen. Nur zu gerne hätte sie ihm geglaubt, doch sie würde dieser Schwäche nicht noch einmal nachgeben. Kein zweites Mal. Er benutzte sie, manipulierte ihre Gefühle, so, wie er es bereits die ganze Zeit getan hatte.
„Wenn du mich wirklich lieben würdest, wärst du von Anfang an ehrlich zu mir gewesen.“
„So funktioniert das Leben nicht, Matilda. Ich wusste nicht, dass ich dabei war, mich in dich zu verlieben. Das habe ich viel zu spät erst erkannt. Als es endlich so weit war, hattest du mich bereits als die Person akzeptiert, von der du glaubtest, dass ich sie sei. Und richtig oder falsch – ich hatte das Gefühl, dass unsere Liebe noch zu neu und zerbrechlich war, um die Last dieser Enthüllungen zu ertragen. Aber das bedeutet nicht, dass ich nicht vorgehabt hätte, dir alles zu beichten. Ichliebe dich, Matilda, und du liebst mich. Diese Liebe verdient doch wohl eine Chance?“
Matilda warf ihm einen zynischen Blick zu. „Du glaubst tatsächlich, dass du mich weiterhin belügen kannst, oder? Ich mag dumm genug gewesen sein, einmal darauf hereinzufallen, Silas, aber das passiert mir kein zweites Mal. Du liebst mich nicht. Und was meine Liebe angeht – der Mann, den ich zu lieben glaubte, existiert nicht, richtig? Du hast immer noch den Mietwagen da. Ich denke, es wäre das Beste, wenn du deine Sachen packst und gehst. Hier gibt es nichts mehr für dich.“
Silas fühlte, wie sich der Schock in seinem Körper Bahn brach und die Emotionen entfesselte, die er bislang zurückgehalten hatte. „Nichts? Und was genau ist das dann?“, fragte er.
Er hielt sie immer noch am Handgelenk, sodass er sie aus dem Gleichgewicht bringen und dann an sich ziehen konnte. Achtlos ignorierte er ihre wütenden Proteste, die er mit seinem Mund erstickte.
Sie wollte ihm widerstehen. Sie kämpfte gegen ihn an. Aber irgendetwas, das stärker war als Stolz oder Schmerz, überwältigte sie, sodass sie die Lippen öffnete. Vielleicht war aber auch gerade das der einzige Weg, ihm zu zeigen, welchen Schaden er angerichtet hatte – indem sie die Erinnerung an das verletzte, was er Liebe genannt hatte, von dem sie nun aber wusste, dass es eine einzige Lüge war.
Das hier war alles, was sie geteilt hatten. Keine Liebe, keine Zärtlichkeit und ganz sicher kein beinahe spirituelles Band, von dem sie dummerweise geglaubt hatte, dass es zwischen ihnen bestehen würde. Nur dieses wilde körperliche Verlangen, das durch Bitterkeit und Betrug vergiftet wurde. Sollte es doch seinen Lauf nehmen. Sollte es seinen Gang gehen und sich damit selbst zerstören, entschied Matilda rasend vor Wut und Schmerz.
Silas stöhnte rau auf. Irgendwie würde er Matildas Zorn und Widerstand durchbrechen.
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