JULIA EXTRA BAND 0273
lassen.
„Wolltest du nicht Meredith suchen?“ Sie fuhr zusammen, als sie seine Stimme hörte. Er sprach ruhig, um Francesca nicht zu ängstigen. Trotzdem konnte Kate ihm ansehen, dass er seinen Zorn nur mit größter Mühe bändigte.
„Ja, natürlich. Ich gehe jetzt.“ Obwohl sie es kaum wagte, Vater und Tochter allein zu lassen. Praktisch in der ersten Sekunde war eine Nähe zwischen Francesca und Santino entstanden. Kate hatte sich sofort bedroht gefühlt.
„Francesca ist bei mir gut aufgehoben.“
Wieder dieser drohende Unterton. Dennoch wusste Kate, dass sie ruhig bleiben musste. Sie durfte ihnen nicht zeigen, wie eingeschüchtert und allein sie sich vorkam. „Bis gleich, Schätzchen. Ich bin gleich wieder da.“ Diese Worte waren für Francesca bestimmt.
Mehr konnte sie nicht tun, ohne eine böse Szene heraufzubeschwören. Am schmerzlichsten traf es Kate, dass Francesca sie schon vergessen zu haben schien. Sie hatte sich Santino wieder zugewandt und redete so vertraut mit ihm, als würde sie ihn schon ihr ganzes Leben lang kennen.
Umringt von einer Schar von Bewunderern, stand Caddy in einer Ecke und unterhielt sich angeregt mit einer älteren Frau. Das musste Diane Fox sein. Ganz in der Nähe wartete Meredith, die Kate bereits entdeckt hatte und auf sie zukam.
„Liebes?“
„Oh, Meredith, bitte entschuldige … ich habe dich noch nicht mal richtig begrüßt.“ Ich habe es ja kaum glauben können, dass Meredith wirklich hier ist, dachte Kate. Nervös schloss sie ihre Tante in die Arme. „Könntest du vielleicht ein paar Minuten auf Francesca aufpassen? Ich muss kurz mit Santino reden.“
„Ja, sicher …“ Meredith musterte sie genauer. „Kate, was ist passiert?“
„Nichts“, sagte Kate. „Santino will mich nur sprechen … allein.“
„Das ist doch ein gutes Zeichen, oder nicht?“ Meredith legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter.
Meredith war manchmal schrecklich naiv. Stets glaubte sie nur an das Gute im Menschen. Kate konnte ihr deswegen nicht böse sein. „Na ja, wahrscheinlich“, erwiderte sie und lächelte bemüht.
Als sie an den Tisch zurückkehrten, konnte Kate kaum ihren Augen trauen. Francesca war in Santinos Armen eingeschlafen. Nach der langen Reise muss sie natürlich todmüde sein, versuchte Kate, sich zu beruhigen. Doch sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich jemals so elend und bedroht gefühlt hatte.
„Oh, wen haben wir denn da, so ein müdes Schätzchen!“, rief Meredith und streckte die Arme nach Francesca aus.
„Wir haben sehr viel nachzuholen, piccola“ , murmelte Santino, während er die schlafende Francesca mit größter Behutsamkeit an ihre Großtante reichte.
Wir haben eine Menge nachzuholen … Santinos Worte hallten in Kate nach und bewirkten, dass sie vor Angst fast erstarrte. Natürlich hatten die beiden viel nachzuholen. Und wer sollte ihnen verwehren, Zeit miteinander zu verbringen?
Kate sah ihn an. Unwillkürlich war sie gerührt von den leidenschaftlichen Gefühlen, die sich auf seinem Gesicht spiegelten, während er Meredith und Francesca nachblickte.
Gleichzeitig spürte sie große Angst. Nicht dass es Kate körperlich bedrohte, wie er sich jetzt vor ihr aufbaute. Nichtsdestotrotz hatte sie das Gefühl zusammenzuschrumpfen.
Schweigend musterte er sie eine ganze Weile. Als er schließlich das Wort ergriff, klang seine Stimme tief und drohend. „Wie ist so etwas möglich, Kate?“
„Bitte, Santino, nicht hier …“ Sie konnte kaum sprechen, wie zugeschnürt war ihre Kehle nun. Kate war sich nicht einmal sicher, ob Santino sie gehört hatte, während sie auf die Tür zuging.
„Kate …“
Plötzlich glaubte sie, Santinos heißen Atem im Nacken zu spüren, und wurde von Furcht erfüllt. Kate begann zu rennen, ihre Schritte hallten auf dem Steinfußboden wider, was im Lärmpegel der Gesellschaft unterging. Verzweifelt nach Atem ringend, stürzte Kate in blinder Panik zum Ausgang. Die hereinströmenden Gäste nahmen kaum Notiz von ihr. Sie wollten fröhlich sein, Freunde treffen, gut essen und trinken. Katehatte das Gefühl, in einem nicht enden wollenden Albtraum gefangen zu sein.
Draußen schluchzte sie auf und blieb kurz stehen, um sich zu beruhigen. Eine Hand am Hals, sog sie die frische warme Luft tief in die Lungen. Noch ehe Kate sich aber erholt hatte, war Santino schon bei ihr.
„Bitte, Santino, bitte …“ Seine Hand lastete unnachgiebig auf ihren Arm.
„Bevor wir anfangen zu reden, sollten wir eines
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