JULIA EXTRA BAND 0273
jemanden aufzuspüren, der mit dem inzwischen geschlossenen Barrie-Kinderheim zu tun gehabt hatte.
Auch Laurel versuchte, etwas herauszufinden. Sie recherchierte viele Stunden im Internet und registrierte sich auf Websites, auf denen man nach leiblichen Eltern oder adoptierten Kindern suchen konnte. Doch nichts kam dabei heraus.
Sollte sie tatsächlich Schwestern haben, dann wussten sie entweder nichts von ihr oder waren nicht daran interessiert, sie zu finden. Im Laufe der Zeit wurde Laurels Hoffnung immer schwächer – bis es etwa eine Woche nach Thanksgiving morgens klingelte.
Als Laurel öffnete, standen zwei Frauen vor ihr, eine blond, die andere rothaarig. Tief in ihrem Innern wusste sie sofort, dass sie die beiden kannte.
„Ja, bitte?“
Die Frauen warfen sich einen kurzen Blick zu, dann fragte die Blonde: „Sind Sie Laurel Midland?“
„Ich …“ Laurel zögerte und beschloss, lieber auf Nummer Sicher zu gehen, bis sie wusste, warum die zwei Frauen gekommen waren. „Ich bin Laurel“, erwiderte sie.
Wieder sprach die blonde der beiden Frauen, während die Rothaarige Laurel ein wenig ängstlich ansah. „Es kommt Ihnen bestimmt ziemlich merkwürdig vor, aber wir wissen, dass Sie gerade aus Lenovien zurückgekommen sind und … und wir würden gern mit Ihnen über eine Ihrer Kolleginnen dort sprechen.“
„Über wen denn?“
„Laurel Standish.“
„Wer sind Sie?“, fragte Laurel, deren Herz vor Aufregung heftig zu klopfen begann. Konnte es wirklich sein …?
„Wir sind ihre Schwestern“, erwiderte die Rothaarige. „Ich heiße Rose, und das ist Lily. Da sie nicht von uns wusste, haben Sie wahrscheinlich nie von uns gehört, aber …“
Sie unterbrach sich, denn Laurel hatte zu weinen begonnen. Unter Tränen nickte sie und versuchte vergeblich zu sprechen.
„Es tut mir leid, das alles muss sehr schmerzlich für Sie sein“, sagte Lily und blickte ihre Schwester verunsichert an. „Sie müssen wissen, wir haben erst vor Kurzem erfahren, dass wir noch eine Schwester haben, leider zu spät. Wir wissen auch von … von ihrem Unfall.“
Jetzt begann auch Rose zu weinen.
„ Ich bin Laurel“, brachte Laurel endlich heraus. Doch eigentlich sahen die drei Frauen sich, abgesehen von ihren Haarfarben, so ähnlich, dass es offensichtlich war.
„Bei dem Unfall in Lenovien gab es eine Verwechslung“, fügte sie hinzu und beschloss, alles Weitere später in Ruhe zu erklären. „Ich bin Laurel Standish.“
Sprachlos blicke Lily sie an, während Rose blass wurde. „Laurel?“, wiederholte sie.
Laurel nickte.
„Du bist wirklich du?“, fragte Lily und musste über sich selbst lachen. „Ich meine, du bist wirklich Laurel Standish, die im Barrie-Kinderheim in Brooklyn gelebt hat und vor sechsundzwanzig Jahren adoptiert wurde?“
Wieder nickte Laurel. „Ja, genau. Ich … ich kann es gar nicht glauben! Ich habe nämlich gerade erst von euch erfahren und recherchiere seit einer ganzen Woche im Internet, umeuch zu finden!“
„Wir wissen auch erst seit einigen Wochen von dir“, sagte Rose. „Und dann mussten wir gleich erfahren, dass du … tot bist.“
Lily lächelte. „Ich kann das alles noch gar nicht fassen. Aber vielleicht sollten wir uns erst einmal in aller Form vorstellen: Ich bin deine Schwester Lily und, soweit ich weiß, die Älteste von uns Drillingen. Dies ist Rose, die Mittlere. Und das hier“, sie legte die Hand auf Roses flachen Bauch, „ist deine zukünftige Nichte oder dein zukünftiger Neffe.“
Laurel lachte. „Das wird ja fast ein bisschen viel! Letzte Woche hatte ich nur noch meinen Vater und jetzt …“ Mit Freudentränen in den Augen blickte sie ihre Schwestern an. „Jetzt habe ich euch alle.“
Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie noch immer auf der Veranda vor der Tür standen.
„Ich bin wirklich unmöglich“, schimpfte sie mit sich selbst. „Bitte kommt doch rein, damit wir uns in Ruhe unterhalten können. Schließlich haben wir eine ganze Menge nachzuholen!“
„Allerdings: Die Ereignisse der letzten sechsundzwanzig Jahre“, stimmte Rose ihr zu.
„Ich hoffe, du hast ein bisschen Zeit“, fügte Lily hinzu, die zwischen ihren Schwestern ging und die Hände der beiden nahm.
„Ich habe alle Zeit der Welt“, erwiderte Laurel glücklich.
– ENDE –
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