JULIA EXTRA BAND 0273
die hohen Wangenknochen, das rabenschwarze lockige Haar – sie hatte sogar die gleichen glänzenden dunklen Augen, die wirkten, als könnten sie bisauf den Grund einer Seele blicken. Mehr Beweise brauchte Santino nicht. Dies hier war sein Kind, die einzige Familie, die er besaß. All die Jahre, die man ihm gestohlen hatte … die man ihnen – ihm und seiner Tochter – gestohlen hatte – Santino wurde eiskalt. Und ich kenne nicht einmal ihren Namen.
„ Mummy …“ Die Kleine zerrte an Kates Ärmel. „Wer ist das, Mummy? Der ist lieb, der Mann.“
Santino fühlte sich, als zerspringe sein Herz in tausend Stücke, die vor den Füßen seiner Tochter landeten. Gleichzeitig stieg eine unbändige Wut in ihm auf, ein Zorn, wie er ihm nie begegnet war. Aber hatte Santino es nicht schon immer gewusst? Den Frauen war nicht zu trauen. Keiner einzigen.
„Sag guten Tag zu deinem Daddy, Francesca.“
Francesca … Francesca … Francesca …
„ Guten Tag“, sagte seine Tochter ernst.
Kate wartete verzweifelt darauf, dass er sie ansah. Doch für ihn gab es nur das Kind … seine Tochter, die die Arme ausstreckte.
Nach ihm.
9. KAPITEL
Kate klopfte das Herz zum Zerspringen, sodass sie kaum Luft bekam. Francesca zuliebe musste sie dennoch so tun, als wäre alles ganz normal. „Wollen wir uns nicht setzen?“
Schlechter hätte sie es ihm kaum beibringen können. Und auch wenn er sich ziemlich gut hielt, musste das Ganze für Santino doch ein entsetzlicher Schock sein. Aus heiterem Himmel und völlig unvorbereitet entdeckte er, dass er mit ihr eine Tochter hatte. Dennoch konnte Kate weder Caddy noch Meredith einen Vorwurf machen. Sie wollten nur das Beste für die Familie.
Sie setzte sich mit Francesca auf dem Arm in Bewegung. Dass ihre Tochter sie fragend ansah, war Kate bewusst. Nachdem sie einen freien Tisch gefunden hatte, setzte sie sich.
„Mummy?“, fragte Francesca, während Kate sie auf ihrem Schoß zurechtsetzte. „Hast du Daddy gesucht? Bist du deshalbweggefahren?“
„Na ja … nicht direkt …“ Sie brachte es nicht über sich zu schwindeln. Noch nie hatte sie Francesca belogen, und damit wollte Kate auch jetzt nicht anfangen. „Weißt du noch, was ich dir gesagt habe?“ Kate drehte Francesca so, dass sie ihr ins Gesicht sehen konnte. „Ich bin nach Rom gefahren, um Caddy zu helfen …“
„Hat dann Caddy meinen Daddy gefunden?“ Francesca drehte sich um und warf Santino einen langen, nachdenklichen Blick zu.
„Nein, dein Daddy hat dich gefunden“, erklärte Santino lächelnd, während er auf dem Stuhl neben Kate Platz nahm.
Ihr stockte der Atem. Santino weigerte sich, sie eines Blickes zu würdigen. Er behandelte sie wie Luft und hatte nur Augen für seine Tochter. Francesca wiederum zeigte sich ganz auf ihren Daddy konzentriert. Zum ersten Mal fühlte sich Kate von ihrer Tochter nicht beachtet. Das Gefühl beängstigte sie und weckte eine tiefe Furcht in ihr: Was wenn es nur einen schrecklichen Vorgeschmack auf die Zukunft bildete?
Francesca plapperte weiter. Als sie endlich eine Pause machte und Luft holte, schlug Santino vor, Meredith zu holen. Da wusste Kate, dass für sie der Moment der Wahrheit sich nicht länger hinausschieben ließ.
„Ich möchte gern kurz mit deiner Mummy allein reden“, erklärte er Francesca, „Und dann hast du mich ganz für dich allein, einverstanden?“
Lächelnd nickte das Mädchen.
Sie hingegen glaubte, in Santinos Worten eine Drohung mitschwingen zu hören, die ihr galt. Kate konnte sich kaum überwinden aufzustehen, um Meredith zu suchen. Aber er ließ ihr keine Wahl. In dem Moment, in dem sie sich umdrehte, kletterte Francesca auf Santinos Schoß.
Kate ging ein paar Schritte, bevor sie stehen blieb, um sich umzudrehen. Wie betäubt beobachtete sie die beiden. Vater und Tochter … dasselbe dunkle Haar, dieselben dunklen Augen, sogar dasselbe Lächeln … richtig unheimlich war das. Alles war so schnell gegangen, viel zu schnell. Nach so kurzer Zeit konnte sie nicht entscheiden, ob Santino für Francesca ein guter Vater sein konnte. Doch es gab nun kein Zurück mehr.
Auf den ersten Blick hatte Francesca sich in ihren Vater verliebt.Santino schien von seiner hübschen Tochter genauso bezaubert zu sein. Die Zeit ließ sich nicht zurückdrehen, so viel stand fest. Dennoch ließ Kate sich von Santinos Verhalten nicht täuschen. Er stand kurz davor, die Fassung zu verlieren – auch wenn er alles tat, um es sich nicht anmerken zu
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