JULIA EXTRA BAND 0273
festhalten.“ Er riss sie zu sich herum und sah sie mit vor Zorn geweiteten Augen an. „Francesca ist meine Tochter.“
Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Und zwar eine, in der Stolz mitschwang. Aber Kate war nicht weniger stolz auf ihre Tochter. „Ja, sicher ist sie das!“, erwiderte sie aufgebracht. „Das sieht doch ein Vollidiot.“
Santinos Haltung versteifte sich. „So ist es. Und wer der Vollidiot ist, braucht man ja wohl nicht lange zu fragen“, sagte er kalt.
„Ich wollte damit nur ausdrücken, dass es an deiner Vaterschaft keinen Zweifel geben kann. Natürlich ist sie deine Tochter.“
„Und diese Tatsache hast du vier lange Jahre für dich behalten. Länger sogar, wenn man die Zeit der Schwangerschaft mitrechnet.“ Santino beendete den Satz mit einem verächtlichen Schnauben. Als könnte er ihren Anblick keine Sekunde länger ertragen, wandte er sich abrupt ab. Er ging zu einem großen Baum, unter dem er stehen blieb. Sobald er sich umdrehte, erkannte Kate erschüttert den blanken Hass in seinen Augen.
„Incredibile , Kate! Ich kann es nicht glauben!“, sagte er in schneidendem Ton. „Ich fasse es nicht, dass du mir das angetan hast.“
Kate, die einen Menschen nie so tief verletzt gesehen hatte, schaffte es nicht, seinem Blick standzuhalten. Das war Santino im Naturzustand, roh und unzivilisiert. Sein viel gerühmter Charme und seine Höflichkeit hatten sich in Luft aufgelöst. In diesem Moment wirkte er erschreckend gewaltbereit. Plötzlich wurde Kate klar, was für eine entsetzliche Bedrohung er für sie und das einfache Leben darstellte, das sie mit Francesca führte. Und das würde sich nicht ändern – es sei denn, es gelang ihr, ihn irgendwie zu besänftigen …
Sein stählerner Blick fixierte sie. „Ich habe dir vorhin eine Frage gestellt, die du noch nicht beantwortet hast. Bestimmt wird dir noch eine Ausrede einfallen.“
„Jetzt hör mir doch mal zu.“ Flehend streckte sie die Hände nach ihm aus. „Bitte, Santino, warum lässt du es mich nicht erklären?“
„Was willst du, soll ich mir vielleicht noch mehr Lügen anhören? Dazu habe ich keine Lust, Kate … noch nicht. Erst hörst du mir zu. Und ich sage dir …“ Er senkte die Stimme zu einem drohenden Flüstern und betonte jedes Wort: „Du schuldest mir die Wahrheit.“
„Ich weiß, dass ich es dir längst hätte sagen müssen, aber …“
„Aber?“, schleuderte Santino ihr entgegen. „Ich habe dich gefragt, wie so etwas möglich ist. Und du kommst mir schon wieder mit einer Ausrede?“, fragte er in scharfem, verletzendem Ton. „Wie viele Stunden haben wir hier in Rom schon zusammen verbracht, Kate? Wie viele Gelegenheiten hast du verpasst, mir von Francesca zu erzählen? Du hättest es mir gestern Abend sagen können. Oder heute Morgen, oder am Vormittag. Vor fünf Jahren! Du hättest mich suchen können, wenn du es gewollt hättest.“
„Ich war achtzehn.“
Er lachte hart auf. „Komm mir jetzt nicht mit deinem Alter. Du warst alt genug, um mit mir ins Bett zu steigen … sehr freiwillig, wenn ich mich recht erinnere.“ Tief einatmend, legte er den Kopf in den Nacken und blickte zum Himmel. Fast als hoffte Santino, dort eine Antwort zu finden.
Schließlich drehte er sich um und ging wortlos davon. Kates Ängste wuchsen nun ins Unermessliche.
„Wohin gehst du?“, rief sie ihm nach, obwohl sie es auch so wusste: Er wollte zu Francesca zurück. Was hatte er vor? Nichts war unmöglich. Verzweifelt rannte Kate ihm nach und packte ihn am Arm.
Wütend schüttelte er ihre Hand ab. „Ich gehe zu meiner Tochter. Und wage es ja nicht, mich aufzuhalten. Lass mich in Frieden.“
Sie wurde nicht mehr gebraucht, war mit einem Mal überflüssig wie ein alter Hut. Trotzdem durfte sie auf keinen Fall aufgeben, deshalb lief sie ihm nach. „Santino … bitte … Ich kann mir gut vorstellen, wie du dich fühlst.“
„Du hast nicht die geringste Ahnung“, herrschte er sie an, ohne das Tempo zu verringern.
„Bitte, Santino, Francesca zuliebe, wir müssen …“
„Wir?“ Ruckartig blieb er stehen. „Ist das ein Witz? Es gibt kein Wir. Du bildest dir ja wohl nicht ein, ich würde dir auch nur die winzigste Entscheidung, meine Tochter betreffend, überlassen?“
Kate begann unkontrolliert zu zittern. „Du musst mir zuhören, Santino. Du kannst gar nicht anders, als mir zuzuhören.“
„Ich kann nicht anders?“ Unter seinem Lächeln zuckte sie zusammen wie unter einem Peitschenhieb.
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