JULIA EXTRA BAND 0273
verkündete er drohend.
Erfüllt von der Furcht, dass er ihr nicht traute und auch nie vertrauen würde, folgte Kate ihm durch die Menschenmenge. „Ich verstehe ja, dass du …“
„Ich brauche dein Verständnis nicht.“ Er schob sie beiseite und ging weiter.
„Aber ich brauche deines. Bitte, Santino. Tu es unserer Tochter zuliebe … Ich flehe dich an.“
„Du machst dich lächerlich.“ Abrupt blieb er stehen und drehte sich zu ihr um. „Hör auf damit.“ Er musterte sie angewidert. „Lass mich in Frieden.“
Das konnte sie nicht. Auf gar keinen Fall. Kate weigerte sich aufzugeben. „Du wirst sie mir nicht wegnehmen, das kannst du gar nicht …“
„Das werden wir schon noch sehen. Ich werde vor Gericht gehen und das Sorgerecht beantragen. Und du solltest dich keinen Moment in der trügerischen Hoffnung wiegen, dass dies ein Kampf ist, den ich verlieren könnte. Kein Gericht der Weltwird meinen Antrag ablehnen, wenn ich nachweise, wie verantwortungslos du gehandelt hast. Und glaub ja nicht, dass ich das nicht kann.“ In Santinos Stimme schwang eine finstere Entschlossenheit mit.
Als Kate etwas erwidern wollte, schnitt er ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. „Unsere Welt funktioniert nach ganz bestimmten Regeln, Kate. Und die kenne ich aus dem Effeff, davon kannst du ausgehen. Da es diesmal meine Tochter betrifft, werde ich alle Register ziehen. Verlass dich drauf.“
„Du Ungeheuer“, flüsterte Kate.
„Ein Ungeheuer? Ich?“ Verächtlich lächelte er. „Immer langsam, Kate … Jeder Richter wird in mir einen Vater sehen, der seine Tochter liebt und versucht, sie zu beschützen – einen liebenden Vater, der sein kleines Mädchen und sich selbst entschädigen will. Für die Jahre, die die Mutter ihnen aus Böswilligkeit geraubt hat.“
Er spürte, wie sie innerlich zusammenbrach, als sie die Wahrheit in seinen Worten erkannte. Um zu verhindern, dass Francesca unter einer allzu plötzlichen Umstellung litt, war er zu einem Zugeständnis bereit. Weil er seine Tochter nicht dem Schmerz aussetzen wollte, den er selbst als Kind erlitten hatte. „Vielleicht dürfte ich dich bitten, in dem Hotel, in dem du wohnst, anzurufen. Währenddessen begrüße ich kurz Diane Fox.“
„Im Hotel? Warum?“
In ihren Augen erkannte er den Schmerz. Aber Santino hatte sich entschlossen, kein Mitleid mit ihr aufkommen zu lassen. Das alles musste sie sich selbst zuschreiben. „Erkundige dich, ob sie eine größere Suite frei haben. Sag ihnen, für wen es ist und dass wir zwei Schlafzimmer brauchen.“
„Wir? Ich dachte, es gibt kein Wir“, brachte sie mühsam hervor.
Kate bewohnte jetzt eine riesige Luxussuite. Für Signor Rossi war natürlich nur das Beste gut genug. Und wie sich herausgestellt hatte, stand an diesem Abend zufälligerweise gerade die Präsidentensuite frei.
Hinter jeder Weggabelung stoße ich auf eine neue Manifestation von Santinos Macht, gegen die ich ankämpfen muss, überlegte Kate, während sie die Nachttischlampe ausknipste.
Nachdem sie es sich auf ihrer Seite des großen Doppelbetts bequem gemacht hatte, lauschte sie den tiefen Atemzügen ihrer Tochter. Francesca schlief friedlich, tief und fest. Sie war so unschuldig und wehrlos. Von den bösen Spielen der Erwachsenen ahnte sie nichts. Für Francesa war es einfach nur aufregend, neben ihrer Mutter in einem Hoteldoppelbett zu schlafen, während der eben erst gefundene Vater im Nebenzimmer nächtigte.
Und dabei musste es vorerst bleiben. Im Moment hatte Francesca allen Grund glücklich zu sein. Daran würde nichts und niemand etwas ändern – nicht einmal Santino Rossi. Kate richtete sich noch einmal auf, stützte den Kopf in die Hand und betrachtete ihre Tochter.
Zum bald hundertsten Mal schwor Kate sich, dass Francescas Glück immer an erster Stelle stand. Weil es Kate nur um das Wohlergehen ihrer Tochter ging, hatte sie sich nie mit einem Mann eingelassen. Bis zum letzten Atemzug würde sie um Francesca kämpfen. Blieb nur zu hoffen, dass Santino eines Tages lernte, das enge Band, das zwischen einer Mutter und ihrem Kind existierte, anders zu betrachten als im Moment.
Nachdem sie sich wieder hingelegt hatte, zog sie sich die Bettdecke über den Kopf. Kate wollte nicht länger zuhören müssen, wie Santino im Nebenzimmer rastlos auf und ab ging. Sie wusste, dass er den Morgen herbeisehnte, damit er ihr seine Anwälte auf den Hals hetzen konnte.
Kate hatte miserabel geschlafen, aber das war auch nicht anders zu erwarten
Weitere Kostenlose Bücher