JULIA EXTRA BAND 0274
schöneren Frau begegnet.“
Lilys Wangen schienen zu glühen. „Das glaube ich Ihnen nicht, aber trotzdem danke für das Kompliment. Von mir aus können wir gehen, ich bin so weit.“
„Am liebsten würde ich hierbleiben und Sie die ganze Nacht anschauen“, sagte er lächelnd.
Maurice und Freddy seufzten gefühlvoll.
Sie verdrehte die Augen. „Gehen wir lieber, bevor mir das alles noch zu Kopf steigt.“ Kaum hatte sie sich erhoben, hielt sie plötzlich inne. „Oh mein Gott!“
„Was ist?“, fragte Conrad.
Missmutig hob sie den Saum des Kleides und zeigte ihre nackten Füße.
„Die Schuhe für das blaue Kleid kann ich nicht tragen, die passen nicht dazu.“
„Welche Schuhgröße haben Sie, Bernice?“, fragte Maurice.
„Sechsunddreißig.“ Hoffnungsvoll sah sie Lily an.
Bedauernd schüttelte diese den Kopf. „Ich trage achtunddreißig, aber das macht nichts. Gleich um die Ecke gibt es einen Diskontladen, da können wir unterwegs anhalten und …“
„Einen Diskontladen!“, rief Maurice entsetzt und erblasste.
Unwillkürlich musste sie lachen, als sie seine bestürzte Miene sah. „Keiner wird mir auf die Füße schauen. Außerdem brauche ich die Schuhe nur für heute Abend. Gehen wir, die Zeit wird knapp.“
Die Limousine wartete bereits, und Conrad half Lily beim Einsteigen. Als sie losfuhren, warf er einen Blick auf ihre nackten Zehen. „Wie wäre es, wenn wir statt zum Ball zum Flughafen fahren und nach Hawaii fliegen?“
Amüsiert seufzte sie auf. „Das sollten Sie jemand, der in Brooklyn wohnt, lieber nicht vorschlagen, Hoheit. Es sei denn, Sie meinen es ernst. Nach dem langen grauen Winter hätte ich nichts gegen Sonne und Meer.“
„Ich könnte mir nichts Schöneres denken, als mit Ihnen am Strand spazieren zu gehen. Auf Hawaii oder wo immer Sie möchten.“
Lilys Wangen wurden wieder heiß. Er scherzte doch nur, oder? Im Augenblick erschien ihr alles so märchenhaft, dass sie den Zauber des Moments unbedingt bewahren wollte. Deshalb fragte sie nicht nach und ließ sich einfach in die weichen Polster zurücksinken.
Karen hatte recht: Heute war Lilys großer Abend – alles andere musste bis morgen warten.
12. KAPITEL
Vor dem Schuhgeschäft bat Lily den Chauffeur, kurz anzuhalten. „Ich bin gleich wieder da“, versprach sie Conrad. „Fünf Minuten, nicht länger.“
Er griff nach seiner Brieftasche. „Bitte erlauben Sie mir, die Kosten zu übernehmen.“
„Stecken Sie Ihr Geld ein“, widersprach sie und lachte. „Ihre großen Scheine können die hier nicht wechseln.“ Flink öffnete sie die Wagentür und lief in den Laden, aus dem sie nach einigen Minuten mit einem Paar einfacher schwarzer Sandaletten wieder zurückkam. „Keinem wird auffallen, dass sie billig sind“, meinte sie, während sie hineinschlüpfte. „Man sieht sie kaum.“
Conrad warf ihr einen anerkennenden Blick zu und gab dem Chauffeur ein Zeichen weiterzufahren.
Wegen des Samstagabendverkehrs kamen sie nur langsam voran. Lily genoss die Fahrt durch die belebten Straßen. Die Bäume prangten in frischem Grün, und auf den Bürgersteigen flanierten Käufer und Spaziergänger, die das milde Wetter ins Freie lockte. Der Frühling in New York ist einfach wunderbar, dachte Lily.
„Darf ich Ihnen ein Glas Champagner anbieten?“, fragte Conrad.
Normalerweise hätte sie abgelehnt, denn für die bevorstehenden Stunden brauchte sie einen klaren Kopf. Aber ihr war nach Feiern zumute, deshalb nickte sie. „Sehr gern, danke.“
Er füllte zwei Gläser, reichte ihr eins und hob das seine.
„Auf einen wundervollen Abend.“
Nachdem sie angestoßen hatten, trank Lily einen Schluck. Das eisgekühlte Getränk prickelte auf ihrer Zunge und brachte sie noch mehr in Stimmung. Schon lange hatte sie nicht mehr so viel Spaß gehabt. Sie beschloss, den Abend in vollen Zügen zu genießen.
Mit einem Mann wie ihm an ihrer Seite fiel ihr das leicht. Sie harmonierten, daran bestand kein Zweifel, und sie verfolgten ein gemeinsames Ziel: die bevorstehende Veranstaltung zu einem Erfolg zu machen. So, ging es ihr durch den Kopf, stelle ich mir eine gute Ehe vor.
Sie nippte nochmals an dem Glas und beobachtete Conrad verstohlen. Er wäre sicher der ideale Ehemann – immer für den anderen da, ohne sich aufzudrängen, hilfreich, aber nicht überheblich. Und stets voll Anerkennung.
Aber, flüsterte die kleine Stimme in ihrem Inneren, dein Mann wird er nicht, warum also darüber nachdenken? In vierundzwanzig Stunden
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