JULIA EXTRA BAND 0274
reiste er ab. Nach diesem Abend war ihre Aufgabe beendet, und er verschwand wieder aus ihrem Leben. Alles, was ihr blieb, war dann die Erinnerung …
Als die Limousine hielt, erwachte Lily aus ihren Träumereien. Ein roter Teppich führte vom Straßenrand zum Eingang des Gebäudes, in dem der Ball stattfand. Zu beiden Seiten drängten sich Schaulustige sowie ein Schwarm von Reportern und Fotografen.
Diesmal wartete Conrad, bis der Chauffeur ausstieg und die Wagentür öffnete.
„Das gehört zur Etikette“, flüsterte er Lily leicht verlegen zu, dann reichte er ihr die Hand.
Blitzlichter flammten auf, und in den nächsten Minuten ging ein regelrechtes Feuerwerk auf sie nieder. Geblendet schloss Lily die Augen, aber Conrad ließ ihre Hand nicht los und geleitete sie sicher durch die Menge.
„Nur ein paar Minuten“, flüsterte er, „schon ganz bald ist es vorbei.“
Vor dem Eingang blieben sie stehen. Conrad beantwortete die Fragen, die auf sie niederprasselten. Lily spielte ihre Rolle und verharrte lächelnd neben ihm, während sie zuhörte, mit welcher Gelassenheit er dem Ansturm der Reporter begegnete.Sein Geschick, immer wieder den eigentlichen Anlass des heutigen Abends zur Sprache zu bringen, war wirklich meisterhaft.
Nur ein einziges Mal geriet er aus dem Konzept. Als ein Journalist, auf Lily deutend, wissen wollte: „Ist sie die zukünftige Prinzessin von Belorien, Hoheit?“, sah Conrad sie lächelnd an und erwiderte: „Sie wäre eine bezaubernde Prinzessin, nicht wahr?“
Bei seinen Worten versteifte sich jeder Muskel in ihrem Körper. Im Geiste ermahnte sie sich wiederholt: Es ist nur Theater, er muss etwas sagen. Es gehört mit dazu.
Der Ballsaal erschien ihr wie ein Meer von Lichtern und Blumen, in dem die Gäste – unter ihnen viele bekannte Persönlichkeiten – bereits warteten. Die Zeit verging wie im Fluge.
Den Arm um ihre Taille gelegt, schritt Conrad mit Lily von einer Gruppe zur anderen, plauderte und sprach über die Stiftung und ihren Erfolg in Amerika. Nach einer Weile neigte der Prinz sich zu ihr und murmelte: „Sie sind so still. Finden Sie es zu anstrengend?“
„Nein“, erwiderte sie leise, „ich bin nur überwältigt, wie Sie das machen. Sie sind einfach großartig.“
Er lachte. „Jetzt übertreiben Sie. Wie dem auch sei, lassen Sie sich von mir nicht einschüchtern, sagen Sie ruhig, was Sie denken. Oder auch nicht“, fügte er mit einem aufmunternden Lächeln hinzu. „Was immer Sie tun, ich bin stolz auf Sie.“
Die Worte, sein Blick – es war fast mehr, als sie ertragen konnte. Doch sie fasste sich. Nach und nach gelang es ihr besser, sich an der Unterhaltung zu beteiligen. Lily beantwortete bald gelassen an sie gerichtete Fragen, obwohl sie an nichts anderes denken konnte als an ihn.
Gegen zehn begann das Orchester zu spielen. „Es ist so weit“, sagte Conrad.
„Was denn?“ Mit einem Mal beschlich sie ein ungutes Gefühl.
„Der Ball beginnt.“
Sie schluckte krampfhaft. „Ich hätte es Ihnen vorher sagen sollen – ich kann nicht tanzen.“
Skeptisch sah er sie an, bis er fröhlich lachte.
„Das ist kein Witz, ich kann es wirklich nicht.“
Leicht strich er ihr über die Wange. „Kommen Sie“, bat er und nahm sie bei der Hand. Er führte Lily auf eine Terrasse, von der sie einen wundervollen Blick auf die Skyline von New York genossen.
„Ist Ihnen kalt?“
„Überhaupt nicht.“ Warum sollte sie frieren, wenn sie mit ihm zusammen war?
Aus dem Ballsaal drangen gedämpft die Klänge des Orchesters. Er legte eine Hand auf ihre Schulter und die andere um ihre Taille. „Tanzen ist nicht schwer. Vor … zurück … zur Seite … zusammen. Das ist alles.“ Er zeigte ihr die Schritte. „Fertig? Dann versuchen wir es. Vor, zurück, zur Seite, zusammen. Ausgezeichnet, Sie sind eine begabte Schülerin.“
Sie tanzten, allein auf der Terrasse, in der milden Frühlingsnacht. Unter ihnen lag die City mit ihren tausend Lichtern, über ihnen funkelten ein paar Sterne … Es war perfekt, romantischer hätte es nicht sein können.
Und alles nur zum Schein.
Die Musik verstummte. Conrad trat einen Schritt zurück und klatschte leise in die Hände. „Bravo, Lily. Sie sind ein Naturtalent. Wollen wir in den Saal zurückgehen?“
Am liebsten hätte sie die ganze Nacht lang mit ihm auf der Terrasse getanzt, aber das ging natürlich nicht. „Gern“, erwiderte sie.
Als sie in den Ballsaal zurückkamen, brachen die Gäste spontan in Applaus aus. Conrad
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