JULIA EXTRA Band 0276
hineininterpretieren konnte, als er bedeutete. Aber so war es nicht, das durfte sie nicht vergessen.
Sie musste nur genau hinhören. Die letzte Nacht war für ihn ein leidenschaftliches Intermezzo gewesen und damit basta!
„Ja, es ist ganz nett, solange es eben dauert …“
Charlie schaute in den nächtlichen Himmel, und Marco betrachtete nachdenklich ihr apartes Profil. Seltsam, den ganzen Tag über war sie regelrecht übermütig und aufgekratzt gewesen, und jetzt zeigte sie ihm wieder die kalte Schulter.
„Hast du alles für dein morgendliches Fernsehinterview zusammen?“, wandte sie sich in diesem Moment an ihn.
„Ich denke schon, nur …“
Zu Charlies Erleichterung waren sie in der nächsten Sekunde auch schon in ein sachliches Gespräch verwickelt, in dem es keine unsinnigen Spekulationen und Träume gab.
Erst als Marco seine New York-Tour anschnitt und wie nebenbei fallen ließ, dass sie höchstens drei, vier Tage in Übersee dabei sein müsste, horchte Charlie auf.
„Du willst, dass ich mitkomme?“
„Natürlich, mich auf meinen Reisen zu begleiten war doch Bestandteil unseres neuen Vertrages. Schon vergessen?“
„N…nein, ich dachte nur …“
„Hast du damit ein Problem?“
Charlie schüttelte den Kopf. „Ich nahm an, es ginge um Kurzreisen, wie nach Edinburgh.“
„Solange ich in Edinburgh bin und während meiner Lesereise durch die USA verlasse ich mich darauf, dass du das Büro am Laufen hältst. Dich erwarte ich erst zum sogenannten Literaten-Dinner, wo die wichtigsten Vertreter des Verlagswesens, New Yorks Hautevolee und die gesamte Presse anwesend sein werden. Okay?“
„Okay ….“
Nachdem das geklärt war, saßen sie eine Weile schweigend nebeneinander und hingen jeder seinen Gedanken nach. Charlie war so verwirrt und aufgeregt durch die neuen Perspektiven, dass ihre Gedanken wie von selbst erneut eine gefährliche und verbotene Richtung einschlugen.
Marco … New York …
„Warst du schon einmal richtig verliebt, Marco?“, platzte sie heraus und verblüffte sich selbst mit der Frage.
„Warum fragst du?“, kam es nach einer Pause zurück.
„Ich weiß nicht … reine Neugier …“
„Ich habe mal mit jemand zusammengelebt“, sagte er gedehnt. „Wir haben uns auf der Uni getroffen und zwei Jahre eine Wohnung geteilt.“
Das überraschte Charlie. „Wirklich?“
„Ja, wir haben sogar über Heirat gesprochen, dann aber festgestellt, dass wir doch verschiedene Dinge vom Leben erwarteten.“
„Hast du die Beziehung beendet?“
„Es geschah im Einvernehmen.“
Irgendwie fiel es Charlie schwer, das zu glauben.
„Manche Menschen sind einfach nicht für die Ehe geschaffen“, fuhr er fort. „Häufig lässt man sich viel zu leicht von Gefühlen und Leidenschaft davontragen. Glücklicherweise haben wir das rechtzeitig erkannt und konnten so wenigstens Freunde bleiben.“
„Na, dazu gehört aber einiges!“
„Nicht wirklich, da wir akademisch auf der gleichen Wellenlänge sind, treffen wir uns immer noch ab und zu, um über unsere Arbeit zu diskutieren.“
Charlie spürte einen Stich, den sie überrascht als einen Anflug von Eifersucht diagnostizierte. Rasch schob sie das unsinnige Gefühl zur Seite. Sie war nie der eifersüchtige Typ gewesen und wollte auch gar nicht damit anfangen.
„Seltsam, dass eure Beziehung nicht funktioniert hat, da euch offensichtlich so viel verbindet“, stellte sie in leichtem Ton fest.
„Hmm.“
„Warum denkst du, ist das so?“, ließ sie nicht locker. „Ich glaube, du hast ihr Herz gebrochen“, fügte sie dann aus einem unsinnigen Impuls hinzu, als Marco immer noch nicht antwortete.
Er lachte auf, aber ohne einen Funken Wärme. „Damit liegst du völlig falsch. Unsere Beziehung endete, als ich auf Reisen war, Maria in der Zeit ausging und eine alte Flamme wiedertraf. Sie hatten einen One-Night-Stand.“
Charlie war geschockt. Nicht nur, weil es ihr unfassbar schien, dass eine Frau einen Mann wie ihn betrügen konnte, sondern auch von den starken Emotionen, die sich in Marcos dunklen Augen widerspiegelten.
„Wie hast du es herausgefunden?“
Er zuckte mit den Schultern. „Sie hat es mir erzählt.“
„Und, war es wirklich nur ein One-Night-Stand?“
„Ja, aber wäre unsere Beziehung in Ordnung gewesen, hätte auch das nicht passieren können. Offensichtlich gab es Bedürfnisse, die ich nicht befriedigen konnte, und da war es besser, auseinanderzugehen.“
„Ich verstehe …“
Marco beugte sich etwas
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