JULIA EXTRA Band 0276
letztens eine schlimme Erkältung. Deshalb ist es besser, sie bleiben heute im Haus.“
„Ich bin wieder ganz gesund und kann dir helfen“, protestierte Luc und warf sich in die schmale Brust.
„Ich weiß, aber die Mädchen nicht, und deshalb möchte ich, dass du bei ihnen bleibst.“
„Kommen die Kinder denn allein zurecht?“, wollte Max wissen und erntete dafür gleich zwei empörte Kommentare.
„Luc ist sehr wohl in der Lage, auf seine Schwestern aufzupassen“, informierte ihn Phillippa steif.
„Schließlich tue ich das nicht zum ersten Mal.“
Schimmerten da etwa Tränen in den Augen des Jungen? Max fühlte sich zunehmend unbehaglich.
„Außerdem gibt es zwischen Haus und Stall eine Gegensprechanlage, sodass Luc mich jederzeit erreichen kann, falls es ein Problem gibt.“
„Es hat noch nie ein Problem gegeben!“
Rasch legte Phillippa einen Arm um Lucs Schulter. „Es ist gut, dass ich mich auf dich verlassen kann, mein Großer.“
Max lächelte den beiden zu und fühlte sich seltsam ausgeschlossen. „Wie lange dauert das Melken für gewöhnlich?“
„Etwa drei Stunden.“
Max zwinkerte ungläubig. „Wie viele Kühe sind es denn?“
„Hundertzwanzig.“
„Ich dachte, die Tiere wären kontaminiert.“
„Deshalb müssen sie trotzdem regelmäßig gemolken werden, sonst geben sie keine Milch mehr. Lässt man sie eine Woche so stehen, gibt es bis zum nächsten Kalben keine Milch. Und das wäre dann erst in sechs Monaten.“
„Und so müssen Sie die Kühe jeden Abend melken und die Milch wegschütten?“
„Morgens und abends“, korrigierte Luc. „Aber es geht schneller, wenn zwei Leute melken.“ Mit Unschuldsmiene begegnete er Max’ scharfem Blick. „Phillippas Pasteten schmecken einfach köstlich, und wir könnten viel früher Tee trinken, wenn Sie ihr helfen.“
„Er ist nicht zum Tee eingeladen“, sagte Phillippa rasch.
„Doch, wenn er dir hilft.“
„Er kann doch gar nicht melken.“
„Verzeihung, aber ich kann melken.“
Zwei Augenpaare wandten sich ihm zu und musterten ihn kritisch.
„Kühe?“
„Kühe.“
„Aber du bist doch ein Prinz“, wandte Luc ein.
„Bin ich nicht. Meine Großeltern hatten einen Bauernhof.“
Luc strahlte. „Toll! Dann darfst du über Nacht bleiben und kannst Phillippa morgen früh wieder beim Melken helfen. Denn da ist es richtig kalt und ungemütlich.“
„Hey!“, protestierte Phillippa. „Vielleicht möchte ich …“
„Er kann doch im Zimmer von Mom und Dad schlafen“, unterbrach Luc sie schnell. „Das benutzt doch sonst keiner.“
„Wer ist hier eigentlich der Erwachsene in der Familie?“, fragte Phillippa mit schwankender Stimme. „Ich habe Mr. de Gautier nicht eingeladen zu bleiben.“
„Warum nicht?“
Phillippa blinzelte. „Weil … Was, wenn ich ihn nicht mag?“
„Aber warum magst du ihn nicht?“ Luc ließ nicht locker. „Ich weiß, er sieht ziemlich albern in deiner Gymnastikhose aus, aber er hat uns all die tollen Sachen gekauft. Ich wette, er ist steinreich.“
Na, wenigstens etwas, dachte Max lakonisch und fühlte sich so weit von seiner fürstlichen Herkunft entfernt wie nie zuvor in seinem Leben.
„Auf keinen Fall bleibe ich, wenn Phillippa mich nicht hier haben will“, sagte er fest.
„Aber sie will dich!“, behauptete Luc. Es klang regelrecht beschwörend.
„Phillippa ist ganz allein“, meldete sich Sophie aus dem Hintergrund. „Claire und ich haben Freunde im Kindergarten, und Luc hat welche in der Schule. Nur Phillippa nicht.“
„Sophie …!“, brachte Phillippa hilflos hervor und spreizte verlegen die Hände. „Das ist doch nicht wahr.“
„Doch, das ist es“, bestätigte Luc. „Keiner mag dich, weil du die Farm nicht verkaufen willst.“
„Das geht Max doch nichts …“ Sie brach ab und senkte den Kopf. Plötzlich schien sie alle Kraft zu verlassen. Verzweifelt blinzelte sie die aufsteigenden Tränen weg, warf den Kopf in den Nacken und schob ihr Kinn vor.
Wo nahm diese wundervolle Frau nur ihre Stärke her, überlegte Max und spürte, wie seine Kehle ganz eng wurde.
„Ich helfe Ihnen gern beim Melken“, erklärte er ruhig. „Und wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich auch gern zum Essen bleiben. Ich muss mit Ihnen über die Kinder reden.“
Im Bruchteil einer Sekunde veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. „Nein!“
„Nein?“
Phillippa schob das Kinn noch ein Stückchen weiter vor. „Alice war nicht stolz auf ihre fürstlichen Wurzeln. Sie sagte,
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