JULIA EXTRA Band 0276
kommt gleich.“
Sofort war das breite Grinsen wieder da. „Geh dir schnell etwas Hübsches anziehen.“
„Ich habe nichts Hübsches “, gab Phillippa perplex zurück.
„Doch, die Sachen, die du immer in der Kirche trägst.“
„Deine pinkfarbene Strickjacke“, sprang Sophie hilfsbereit ein.
„Die ist zwar ein bisschen alt, aber schön“, befand Claire.
Phillippa starrte die drei einige Sekunden an und verschwand dann in Richtung ihres Schlafzimmers. Dort stand sie wenig später vor dem Spiegel und musterte sich aufmerksam. Der schwarze enge Rock und das pinkfarbene Twinset hatten ihre besten Tage definitiv hinter sich. Sie schnitt eine Grimasse, griff nach ihrer Haarbürste und zog sie durch die roten Locken, bis sie Feuer zu sprühen schienen.
Früher hatten Gina und sie stundenlang kichernd und glucksend vor diesem Spiegel gehockt und alle möglichen Schönheitsmittelchen ausprobiert. Heute waren ihre einzigen Schminkutensilien eine Dose Kompaktpuder gegen eine glänzende Nase und ein ziemlich kurzer Lippenstift.
Mechanisch puderte sie sich die Nase, trug einen Hauch Lippenstift auf und streckte aus einem plötzlichen Impuls die Zunge heraus.
Als sie vor der Küchentür stand, drangen das helle Lachen der Kinder und Max’ tiefe Stimme durch die geschlossene Tür. Phillippa zögerte kurz, wandte sich ab und ging in das kleine Zimmer, das sie als Büro benutzte. Dort stand auch ein alter PC mit einem funktionierenden Internetanschluss, solange die Telefonverbindung intakt war. Im Moment funktionierte sie.
Phillippa setzte sich und tippte Monte Estella ein.
Von vier selbstständigen Fürstentümern, die im Süden Europas am Mittelmeer liegen, ist Monte Estella das größte. Wie die anderen lebt es hauptsächlich vom Tourismus. Jedes der Länder hat landschaftlich gesehen seinen eigenen, ganz besonderen Reiz.
Monte Estella ist in der ganzen Welt für seine exklusive Schuhmode bekannt. Handgearbeitete Lederschuhe aus dieser Region findet man auf den Modenschauen in Paris und Rom ebenso wie in New York oder London.
Politisch gesehen, gibt es allerdings Ärger im Paradies. Jedes Fürstentum hat seine eigene Verfassung, wobei die absolute Herrschaftsgewalt in den Händen des gegenwärtigen Kronprinzen liegt.
Im Nachbarland Azuri kann die politische Lage, dank des mittels Prinzregent regierenden Kronprinzen, inzwischen als stabil bezeichnet werden.
Monte Estella steckt allerdings mitten in einer Krise. Der Tod des letzten Kronprinzen, vor einem Monat, hat das Fürstentum in noch misslichere Verhältnisse gestürzt, als sie bereits zu Lebzeiten von Prinz Bernard vorherrschten.
Allgemeine Armut stellt ein ebenso großes Problem dar wie Korruption. Die wenigen Industriebetriebe in Monte Estella sind mit unmäßig hohen Steuern belastet, sodass ihnen der Bankrott droht.
Wenn nicht bald ein neuer Thronerbe präsentiert werden kann, wird die Monarchie endgültig durch eine Demokratie abgelöst, die keine ist, solange an den entscheidenden Stellen noch die unsichtbaren Herrscher der vergangenen Jahre die Macht in Händen halten. Um der am Boden liegenden Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen, muss die Thronfolge geregelt werden – je schneller, desto besser.
Deshalb war Max also hier. Um die Thronfolge zu regeln. Aber was wusste Luc schon davon, wie man ein Fürstentum regierte? Nichts! Es war absolut lächerlich.
Phillippa holte tief Luft, schaltete den Computer aus und ging zur Küche, um Max mitzuteilen, wie unsinnig sein Plan war.
4. KAPITEL
Doch dazu bekam sie nicht sofort die Gelegenheit, weil die Kinder offenbar spontan beschlossen hatten, eine Party zu feiern.
Phillippa konnte die wunderbare Verwandlung kaum fassen. Noch vor wenigen Stunden standen den dreien die Nachwirkungen der hartnäckigen Grippe, die sie für Tage ans Bett gefesselt hatte, in die blassen Gesichter geschrieben. Jetzt, da sie durchgewärmt und satt waren, erkannte man sie kaum wieder. Die Zwillinge hatten sich ihre besten Kleidchen angezogen und strahlten über beide Backen, und sogar Dolores, die nach wie vor neben dem Ofen lag und schlief, trug eine dicke rote Schleife um den Hals. Und Luc hatte sich in einen fröhlichen Zeremonienmeister verwandelt, der alle lautstark herumkommandierte.
„Schenk Mr. de Gautier von der roten Limonade ein“, forderte er Phillippa auf, sobald sie sich an den Tisch setzte. Und als sie nicht gleich reagierte, seufzte er und erledigte es selbst.
„Aber er hat extra Wein für sich
Weitere Kostenlose Bücher