JULIA EXTRA Band 0276
auf mich verlassen können.“
Natürlich. Das verstand sie sogar. Aber es kränkte sie trotzdem. „Dann hast du ja getan, was dir am wichtigsten ist, und musst dir nichts vorwerfen.“
„Natürlich mache ich mir Vorwürfe. Ich habe dich im Stich gelassen. Aber als wir das Desaster halbwegs im Griff hatten, lief die Vorstellung bereits. Außerdem musste ich nach Hause, um mich umzuziehen.“
„Wieso umziehen?“
Er brachte ein erschöpftes Lächeln zustande. „Ein sauberes Hemd habe ich immer im Büro. Schuhe und Strümpfe dagegen nicht.“
Sie sah ihn vor sich, wie er durch die überflutete Küche watete, ungeachtet seiner teuren Designerhose und der edlen Schuhe. Man musste ihn einfach mögen.
Doch wie sollte man mit so einem Menschen zusammenleben?
„Ich habe am Theater gewartet, bis alle draußen waren. Du warst nicht dabei.“
„Soll ich mich jetzt entschuldigen?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe versucht, dich zu erreichen, aber du hast nicht abgehoben. Also bin ich davon ausgegangen, dass du in der Vorstellung sitzt. Danach bin ich zu deiner Wohnung gefahren – ohne Erfolg.“
„Man ruft an, bevor man jemanden versetzt, Max. Du hättest nur einmal meine Nummer wählen müssen. Das hätte dich keine Minute gekostet …“
„Ich stand bis zu den Ellbogen in eiskaltem Wasser.“ Er nahm ihre andere Hand. „Ich verspreche, dass ich in Zukunft anrufe, auch wenn das Restaurant währenddessen untergeht. Verzeihst du mir, Louise?“
Sie entzog ihm die Hand. „Gestern Abend, das war wichtig. Es war unser erstes richtiges Rendezvous.“
Max wusste, dass sie mehr von ihm erwartete. Gestern hatte sie ihm ihr Herz offengelegt, und er hatte nicht darauf reagiert. Wie immer benutzte er das Bella Lucia als Vorwand, um keine echte Beziehung eingehen zu müssen. Damit hatte er jede Frau, der er etwas bedeutete, vertrieben. Mit der sich selbst erfüllenden Prophezeiung seiner Kindheit, der sich endlos wiederholenden Erfahrung des Verlassenwerdens, die er für sich selbst inszenierte.
„Bitte gib mir noch eine Chance“, bat er tonlos.
„Wie viele brauchst du denn noch?“
„Ich brauche dich, Lou. Als ich dich gefragt habe, ob du mich am Valentinstag begleitest, meinte ich damit, ob wir als Paar hingehen.“
„Als Paar?“
Max lächelte. „Bitte sag Ja, und ich verspreche dir, dass du es nie bereuen wirst. Ich werde dir einen Ring mitbringen, und wir werden es öffentlich verkünden. Ich liebe dich, Louise.“
Louise stockte der Atem. Hatte er gerade gesagt, er liebte sie? Bat er um ihre Hand? Für den Bruchteil einer Sekunde fühlte sie sich wie Aschenputtel, als sie den Schuh anprobierte.
Dann traf sie die Realität mit aller Macht.
„Max …“, warnte sie ihn.
„Das war das falsche Wort.“
„Nein …“
„Jetzt willst du mich aber hinhalten.“
„Es ist zu früh. Wir brauchen Zeit, um uns kennenzulernen.“
Entgeistert starrte Max sie an. „Verdammt, wir kennen uns unser Leben lang. Das Einzige, was wir lange nicht geteilt haben, war der Sex.“
„Das ist doch verrückt. Du willst mich heiraten, zumindest hörte es sich so an, dabei würden wir uns im nächsten Moment Vasen an die Köpfe schmeißen.“
„Du willst, dass ich um dich werbe, nicht wahr?“
„Wenn du auch nur den Hauch einer Ahnung hättest, wie das funktioniert, bräuchtest du mich nicht.“
„Ich will dich nicht als PR-Beraterin“, gab er lächelnd zu. „Wo wir schon einmal so brutal ernst sind, kann ich es ja zugeben. Ich möchte dich immer um mich haben, weil du so einen exzellenten Unterwäschegeschmack hast.“
Eine zarte Röte überzog Louise’ Wangen. „Du verkaufst mir die Idee der Ehe nicht gerade sehr clever.“
„Und du machst es mir nicht gerade leicht.“
Sie wollte weder, dass er ihr etwas verkaufte, noch wollte sie es ihm leicht machen. Ihm, dem Mann, der sie unzählige Male in ihrem Leben versetzt und ihr damit das Herz gebrochen hatte. Wenn er zwischen dem Bella Lucia und ihr wählen müsste, würde er immer dem Restaurant den Vorzug geben.
„Wenn du mir etwas verkaufen willst, musst du erst einmal eine Marktanalyse machen.“
„Wobei ich deine Kooperation brauche. Wie wäre es mit Abendessen um neun? Bei mir?“
„Kann ich mich darauf verlassen?“
„Bei meiner Ehre.“
Max’ Apartment lag in einem modernen Wohnblock und zeigte auf den Hafen von Chelsea. Der großräumige Wohnbereich grenzte direkt an die helle Küche. Louise ließ sich auf ein weiches Sofa
Weitere Kostenlose Bücher