JULIA EXTRA Band 0281
dir eigentlich dabei gedacht, Maggie Bryce?, fragte sie ihr Spiegelbild.
Dass ich seine Hände auf meinem Körper spüren wollte, seine Lippen auf meinen, meine Finger in seinem Haar, antwortete sie prompt.
Ja, und sie hatte den verlangenden, zärtlichen Blick in seinen haselnussbraunen Augen sehen wollen.
Aber warum hatte sie nicht wenigstens einige Tage länger warten können? Bis sie sich klar darüber war, ob sie überhaupt noch in Portsea bleiben würde?
Weil sie einfach zu große Sehnsucht nach diesem wundervollen Mann gehabt hatte. Dabei war ihr klar, dass er noch viel zu viele Schuldgefühle hatte und sich selbst zu sehr ablehnte, um bereits wieder jemanden lieben zu können.
Also stand ihr mit ziemlicher Sicherheit neuer Kummer bevor.
Doch diesmal wusste sie es und lief sozusagen mit offenen Augen ins Verhängnis.
Sie schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse, dann ging sie ins Schlafzimmer und zog sich an.
Schließlich folgte sie dem Essensduft und gelangte in die Küche, wo sie Tom vorfand. Er trug Jeans und ein schwarzes T-Shirt und sah fantastischer aus als die Statue des David von Michelangelo. Ihr Herz klopfte, und ihre Knie wurden weich.
„Hallo!“ Lächelnd blickte er vom Herd auf, der mitten in der Küche stand.
„Hallo“, erwiderte sie, plötzlich unerklärlich scheu.
Na ja, es war lange her, dass sie einem Mann nach einem „ersten Mal“ gegenüberstand. Immerhin war sie zehn Jahre verheiratet gewesen, und nun wusste sie nicht genau, was von ihr erwartet wurde.
Was der Mann von ihr erwartete, in dessen Armen sie nach Stunden entfesselter Leidenschaft eingeschlafen war … und in den sie sich unsterblich verliebt hatte. Was sich vielleicht als großer Fehler herausstellen würde …
Eine alte Standuhr schlug zehn Mal. Sie hatten also noch die ganze Nacht vor sich …
„Bist du hungrig?“, fragte Tom und leckte sich die Finger ab.
Unwillkürlich erinnerte Maggie sich daran, wie gut sich diese Finger auf ihrer Haut angefühlt hatten, während der zärtlichsten und erotischsten Stunden, die sie jemals erlebt hatte.
„Wahnsinnig hungrig“, bestätigte sie.
„Dann setz dich schon mal“, forderte er sie auf und zeigte zu den Hockern am Küchentresen. Sie setzte sich. „Ich habe die Tintenfische gestern selber gefangen. Am Pier in Rye.“
„Wirklich?“
Statt zu antworten, zog er nur eine Braue hoch.
„Oh, ich wollte nicht deine Angelkünste anzweifeln“, sagte Maggie rasch. „Ich habe nur nie überlegt, wo und wie man Tintenfische fischt. Ich bin nun mal eine richtige Stadtpflanze.“
„Das würde ich niemals behaupten.“
Anklagend zeigte sie mit dem Finger auf ihn. „Aber du denkst es, stimmt’s?“
„Ja, jeden Tag“, gab er zu.
Sie fragte sich, warum es wie eine Liebeserklärung und nicht wie eine Beleidigung klang.
Und was nun? Sollte sie so tun, als fände sie nichts weiter dabei, hier zu sitzen? Sollte sie sich bedanken und dann gehen? Oder erst einmal darüber schlafen? Am liebsten mit ihm … aber dann würde er vielleicht glauben, dass sie klammerte, und in Panik geraten.
Wie würde sie morgen darüber denken? Im hellen Licht des Tages sah alles schärfer, klarer … und nicht unbedingt schöner aus.
Noch schien Tom sich zu freuen, dass sie bei ihm war.
Ja, sie würde bleiben, bis der richtige Moment gekommen war, sich zu verabschieden.
Tom schaltete den Herd aus und trug die Pfanne zum Tresen. Dort setzte er sich so dicht neben Maggie, dass sein Schenkel ihren berührte. Sein Blick verriet, dass er sie bereits wieder begehrte.
Aber wie lange? Würde er ihrer vielleicht bald schon müde werden? Er war des Lebens in der Großstadt ja auch überdrüssig geworden …
Was in ihr vorging, konnte er natürlich nicht ahnen. Er nahm ein Stück Tintenfisch und schob es ihr zwischen die Lippen. „Probier mal!“
Gehorsam schluckte sie das delikat gewürzte Stück. „Das ist das Beste, was ich jemals an Meeresfrüchten gegessen habe“, lobte sie.
„Dann küss mich!“, verlangte er und lächelte breit.
Sie tat es. Irgendwie schafften sie es, nebenbei die Pfanne leer zu essen und den Wein zu trinken, aber abgesehen vom ersten Bissen bekam Maggie nicht viel von dieser Mahlzeit mit. Sie war zu abgelenkt …
Abgelenkt von der Zärtlichkeit und Leidenschaft in seinem Blick, dem Versprechen, dass er nicht weggehen würde. Und sie wünschte, sie könnte ihm glauben.
12. KAPITEL
Am folgenden Morgen wachte Tom früh auf und erinnerte sich genüsslich an
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