JULIA EXTRA Band 0281
Restaurant des St. John war wie immer gut besucht. Doch für Xander Anaketos war stets einer der besten Tische frei, der etwas abseits stand, wo es ruhiger war. Aber auch sonst waren die gedämpften Stimmen der anderen Gäste kaum zu hören.
Als sie ihre Plätze einnahmen, war sich Clare sehr wohl bewusst, dass die Blicke aller anwesenden Frauen auf Xander gerichtet waren. Sie konnte es ihnen nicht verdenken. Auch sie wurde immer wieder aufs Neue von ihm in den Bann gezogen. Nachdem er zehn Tage weg gewesen war, war es eine Wonne, sein Gesicht zu betrachten, seine hohen Wangenknochen, sein dichtes, weiches Haar und die Linien um seinen Mund.
Jetzt war sie froh, dass er sie doch nicht verführt hatte. Die sinnliche Ekstase hätte es ihr vielleicht unmöglich gemacht, ihre Gefühle für ihn zu kontrollieren. Vielleicht wäre sie dann versucht gewesen, ihm zu sagen, was geschehen war. Aber es wäre nicht der richtige Zeitpunkt gewesen.
Wenn er mit ihr im Bett war, dachte er ausschließlich an Sex. Und danach setzte bei ihm eine andere Art von Hunger ein, dann wollte er zu Abend essen. Nein. Es war besser, wenn er zuerst etwas aß, sich entspannte, den Reisestress abstreifte und seine Stimmung etwas heiterer wurde. Sie konnte ihm die Neuigkeit noch beim Cognac eröffnen.
Sie spürte den nur allzu bekannten Schmerz, versuchte aber, ihn zu unterdrücken. Es hatte ja sowieso keinen Zweck. Sie musste einfach das Beste hoffen und es ihm zwischenzeitlich leicht machen, sich zu entspannen. Also tat sie, was sie immer tat: Sie gab sich ausgeglichen und gelassen. Plauderte mit ihm, wenn er sie etwas fragte, aber sie drängte sich ihm nicht auf. Sie ließ ihm Zeit zu essen, den feinen Wein zu genießen, und stellte keinerlei Ansprüche an ihn.
Er war mit seinen Gedanken sowieso ganz woanders, das konnte sie sehen. Das war an sich ja noch nichts Ungewöhnliches. Seine Arbeit erforderte seine ganze Energie. Die unzähligen Geschäfte und Verhandlungen, die Investitionen und finanziellen Manöver. Das alles war kompliziert und glich für sie einem Labyrinth.
Anfänglich hatte sie ihn noch nach seiner Arbeit gefragt, da ihr die internationale Finanzwelt völlig fremd war. Sie hatte sich ein wenig im Internet und über Zeitungen kundig gemacht, um nicht ganz unwissend dazustehen. Wenn sie ihn aber danach fragte, sah er sie entweder ungeduldig an oder erwiderte, dass er genug davon habe und sich nun entspannen wolle. So hatte sie es akzeptiert und das Thema nicht mehr angeschnitten.
Sie betrachtete ihn. Er konzentrierte sich ausschließlich auf seine Vorspeise. Ja, er war ganz eindeutig zerstreut. Ruhig aß sie weiter, denn sie hatte Hunger. Morgens zu essen war jetzt wenig reizvoll, nur abends hatte sie richtigen Appetit. Sie achtete jetzt schon darauf, was sie trank. Heute hatte sie zwar ein Glas Wein bestellt, aber es war noch immer halb voll, denn sie nippte nur daran. Sie hatte es nicht weiter erwähnt, und Xander war auch nicht darauf eingegangen.
Normalerweise trank sie ein Glas Weißwein, dann einen Rotwein und manchmal noch einen kleinen Likör, während er seinen Cognac genoss. Heute würde sie sich mit einem Kaffee begnügen müssen.
Sie machte sich viel zu viele Gedanken. Sie würde sich wohl ein gutes Buch kaufen müssen, um herauszufinden, was ihr nun alles bevorstand. Es war so ein komplizierter, überwältigender Vorgang, bei dem ihr Körper und ihre Psyche tief greifende Veränderungen durchmachen würden. Körperlich fühlte sie sich wunderbar, abgesehen von dieser ausgeprägten Abneigung, gleich morgens etwas zu essen. Aber das konnte sich ja über die kommenden Monate noch ändern.
Eine Welle der Unsicherheit überkam sie, als sie daran dachte, dass sich ihre Figur völlig verändern würde. Sie war immer gertenschlank gewesen. Wie würde Xander ihren rundlicheren Körper aufnehmen? Doch darum würde sie sich kümmern, wenn es so weit war. Man nahm wohl erst in den letzten drei Monaten richtig zu, und bis dahin würde sie sich einfach pflegen und vernünftig ernähren. Aber das musste sie ja ohnehin. Ihre Augen nahmen einen sanften Ausdruck an. Vielleicht fand Xander ihre Rundungen ja auch sexy …
Das Abendessen neigte sich langsam dem Ende zu. Beide verzichteten auf ein Dessert, und so bestellte Xander für sie Kaffee und einen Cognac.
„Für mich nur einen Kaffee, bitte.“ Clare lächelte den Kellner an.
Sie fühlte, wie Xander sie einen Moment lang aufmerksam musterte.
Nachdem der Kaffee und
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