JULIA EXTRA Band 0281
Xanders üblicher Cognac serviert waren, ließ der Kellner sie wieder allein. Das Restaurant leerte sich langsam, die leisen Stimmen wurden noch gedämpfter. Sie sah auf Xanders lange Finger, wie sie das Glas hielten. Er schwenkte es gedankenverloren, sein Blick auf die topasfarbene Flüssigkeit gerichtet.
Sie wusste, der richtige Moment, es ihm zu sagen, war gekommen. Ihr Puls beschleunigte sich, und sie holte tief Luft. Sie durfte es nicht länger aufschieben. Sie würde nichts damit gewinnen. Trotzdem war sie verzweifelt und wollte eigentlich nichts sagen. Sie wollte es hinauszögern, solange es ging.
Gerade als sie seinen Namen sagen wollte, erklang seine Stimme.
„Clare.“
Er sagte ihren Namen knapp und entschieden.
Ruhig sah sie ihn an, obwohl in ihrem Inneren ein Kampf tobte. Einerseits war sie erschrocken, weil er gesprochen hatte, bevor sie etwas sagen konnte. Andererseits war sie erleichtert, weil es einen Aufschub bedeutete.
Ihre Blicke ruhten erwartungsvoll auf ihm, warteten darauf, dass er fortfuhr. Doch er zögerte. Das war sie an ihm gar nicht gewohnt.
„Ja?“, forderte sie ihn auf. Ihre Stimme klang ruhig und gefasst wie immer. Außer wenn sie in Momenten der Leidenschaft ekstatisch seinen Namen rief. „Was ist denn?“
Seine Miene verdüsterte sich nur für einen kurzen Augenblick. Er schwenkte den Cognac in seiner Hand, hob das Glas und nippte daran, bevor er es wieder senkte. Er war jetzt ganz konzentriert. Seine Schultern waren gestrafft, sein Kinn angespannt. Sie sah ihn an und fragte sich, was er ihr wohl zu sagen hatte. Voller Sorge überlegte Clare, ob sie ihm ihre Neuigkeiten trotzdem noch heute Abend würde eröffnen können.
Xander sagte noch immer nichts. Dann sah er ihr völlig emotionslos in die Augen. „Ich habe jemanden kennengelernt. In New York.“
Sie hörte die Worte. Er hatte es ihr rundheraus mitgeteilt, ohne zu zögern. Doch irgendwie verstand sie nicht, was er ihr damit sagen wollte.
„Es gibt keinen angenehmen Weg, Schluss zu machen“, fuhr er fort. „Aber du sollst wissen, wie sehr ich es zu schätzen wusste, dich in den vergangenen Monaten um mich zu haben. Aber jetzt ist es …“
Bildete sie es sich ein, oder zögerte er wieder, nur den Bruchteil einer Sekunde? Sie vermochte es nicht zu sagen. Sie hörte nichts, sah nichts.
„… vorbei“, schloss er ruhig.
Regungslos saß sie da. Alles um sie herum schien in Zeitlupe zu geschehen, als ob die reale Welt aufgehört hatte zu existieren.
Ihre Miene war völlig unbewegt. Clare war unfähig zu reagieren und sah ihn total geschockt und wortlos an.
Er presste die Lippen zusammen, als sei er verärgert. Der Ausdruck der Verärgerung verstärkte sich, als sie ihn weiterhin nur ansah.
Dann plötzlich war der Ausdruck verschwunden. Xander ließ seine Hand in seine Jackentasche gleiten und holte ein langes, schlankes Etui hervor. Entschlossen legte er es ihr hin.
„Wie ich schon sagte …“, seine Stimme war seltsam schneidend, „… es war sehr angenehm mit dir, und dies hier ist ein Zeichen meiner Wertschätzung.“
Langsam, als müsste sie gegen Bleigewichte ankämpfen, senkte sie ihren Blick auf das schlanke Schmucketui. Ruhig hob sie ihre Hände und öffnete das Kästchen. Eine lange Reihe weißen Feuers schimmerte ihr entgegen.
Diamanten, dachte sie. Eine Diamantkette für mich.
Und wieder sprach er. Sie konnte Bruchstücke davon wie in einem dicken, undurchlässigen Nebel hören.
„Natürlich musst du dich nicht sofort um eine Unterkunft kümmern. Ich habe eine Wohnung für dich angemietet, die dir im nächsten Monat zur Verfügung steht. Das sollte dir ausreichend Zeit geben, alternative Arrangements zu treffen …“
Die Worte kamen und gingen. Sie hörte sie, reagierte aber nicht.
Wie in Zeitlupe stand sie auf.
„Clare?“ Scharf rief er ihren Namen.
„Würdest du mich einen Augenblick entschuldigen?“, fragte sie. Ihr Blick fand seinen. Er schien sehr weit weg zu sein. So unnahbar wie ein ferner Planet.
Sie griff nach ihrer Handtasche und entfernte sich vom Tisch. Es war ein komisches Gefühl, nichts zu fühlen. Es war, als watete sie durch einen Nebel des Nichts.
Sie steuerte direkt auf die Damentoilette zu und ging hinein. Hier war sie alleine, sonst war niemand da. Einen Moment lang blickte sie sich im Spiegel über der Reihe glänzender Waschbecken an.
Wie seltsam, sie war ja noch hier. Sie hatte gedacht, die Welt hätte aufgehört zu existieren, und damit auch sie
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