JULIA EXTRA Band 0281
umfasste seine verschränkten Arme. „Entscheide dich für mich …“
Doch er schüttelte nur vehement den Kopf und machte sich von ihr frei. „Wenn du glaubst, ich kann Aziz nach zwanzig Jahren des Wartens entkommen lassen, nach dem, was er mir und meiner Familie angetan hat, dann kennst du mich kein bisschen“, warf er ihr voller Bitterkeit vor. „Obwohl du behauptest, mich zu lieben.“
Tamsin umfasste seine verkrampften Hände und ließ es nicht zu, dass er sie ihr entzog. „Mein Vater hat sich von seinen Rachegelüsten auffressen lassen und damit unsere Familie zerstört. Egal, was du dir davon versprichst, ich weiß, dass es nur deine Seele töten wird.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Um meiner Liebe willen flehe ich dich an, lass Sheldon und Aziz ziehen!“
Ihr Liebesgeständnis auch noch unter Tränen zu hören, zerriss ihm fast das Herz. Marcos hatte das Gefühl, die Erde gebe unter ihm nach, aber er durfte keine Schwäche zeigen. Zu lange hatte ihn der Gedanke beherrscht, Genugtuung für den Verlust seiner Familie zu erfahren.
Doch er musste sie wegschicken – obwohl er sie liebte!
Die Erkenntnis nahm ihm den Atem. Er liebte Tamsin! Er wollte sie zu seiner Frau. Sie sollte die Mutter seiner Kinder sein. An ihrer Seite wollte er jeden Morgen aufwachen. Und plötzlich traf es ihn wie ein Stich ins Herz.
Ja, er liebte Tamsin Winter.
8. KAPITEL
Atemlos wartete Tamsin auf seine Antwort.
Marcos schaute sie einige Sekunden lang wortlos an. In seinen Augen stand ein sonderbarer Ausdruck. Was dachte er? War es möglich, dass er doch endlich bereit war, seine Rachegedanken endgültig aufzugeben?
Dann sprach Marcos. Seine Stimme war belegt und klang müde. „Tamsin, ich kann Aziz nicht so einfach davonkommen lassen. Sonst werde ich nie meinen Frieden finden.“
Und damit schwand ihr letzter Hoffnungsschimmer.
„Tut mir leid. Ich weiß, dass es nicht die Antwort ist, die du erwartet und dir gewünscht hast, aber ich will ehrlich zu dir sein. Zumindest das bin ich dir schuldig.“ Er streckte die Hand aus, um ihre Wange zu streicheln. Tamsin zuckte zurück, als habe er sie geschlagen. Wenn sie jetzt nicht ging, würde sie in seine Arme sinken und alles nur noch schlimmer machen.
Marcos zog seine Hand zurück und ging auf Abstand zu Tamsin. „Meine Sekretärin wird dir das Ticket für deinen Rückflug nach London aushändigen und …“ Er sah den schmerzlichen Ausdruck in ihren schönen blauen Augen und fluchte unterdrückt. „Du kannst mich nicht davon abhalten, Gerechtigkeit für meine Familie zu erlangen, Tamsin!“, stieß er wild hervor.
„Es geht dir nicht um Gerechtigkeit, sondern um Rache“, erwiderte sie ruhig. „Auf diese Weise hat mein Vater seine Familie, seine Freunde und schließlich sein Leben verloren. Er war andauernd wütend, ständig auf Vergeltung aus – Auge um Auge, Zahn um Zahn. Aber er soll nicht immer so gewesen sein. Wie ich später erfuhr, hat seine erste Frau ihn mit seinem besten Freund betrogen.“
Sie schüttelte abwehrend den Kopf, als könne sie damit die quälenden Erinnerungen loswerden. „Es hat ihm das Herz gebrochen, und er gab keine Ruhe, bis er beide bestraft hatte. Als es ihm endlich gelungen war, sie zu gesellschaftlichen Außenseitern ohne einen Penny zu degradieren, war er auch nicht glücklicher.“
Marcos ballte die Hände zu Fäusten. „So bin ich nicht!“
„Vielleicht noch nicht, aber genau da wirst du landen“, entgegnete sie tonlos. „Du hast Sheldons Geständnis in Händen. Gibt dir das nicht den ersehnten Frieden?“
„Es ist ein Anfang.“
„Das ist eine Lüge. Rache kann nicht frei machen, und sie gibt dir deine Familie nicht zurück.“
„Du weißt gar nichts von meiner Familie!“
„Dann erzähle mir davon!“ Jetzt war sie ebenso laut wie er.
Marcos fuhr sich mit den Händen durchs Haar und ging zur Bar hinüber, um sich einen Bourbon einzuschenken. „Ich möchte nicht darüber reden.“
„Das stimmt nicht“, erklärte Tamsin entschieden. „Ich glaube, du bist es leid, nicht darüber zu reden. Und ich denke, es frisst dich innerlich auf, wenn du es nicht tust.“
Marcos drehte sein Glas zwischen den Händen und lachte gepresst. „Das macht doch gar keinen Sinn.“
Tamsin verschränkte die Arme vor der Brust. „Also, sie haben deinen Vater ruiniert, das habe ich inzwischen mitbekommen. Aber wieso sind sie schuld an seinem Tod? Oder dem deiner Mutter und deines Bruders?“
„ Madre de Dios!“,
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