JULIA EXTRA Band 0286
hinweggekommen, und er konnte dem Fahrer, der den Unfall verursacht hatte, bis heute nicht vergeben.
Bryn war ein verschlossenes, schwieriges Kind gewesen, aus dem im Lauf der Jahre ein aufsässiger Teenager und später ein arroganter zynischer Mann wurde. Aber auf eine perverse Art verliehen gerade diese Eigenschaften seinem Playboy-Image etwas Unwiderstehliches, und das nutzte er ohne Bedenken aus. Seinen Zuhörern – und vor allem den Zuhörerinnen – gefielen die sarkastischen Bemerkungen in den Sendungen und die schneidenden Kommentare in seinen Kolumnen; sie waren sozusagen sein Markenzeichen. Dass sie nicht seiner wahren Natur entsprachen, wusste niemand.
„Soll das heißen, du bist mit unserer Heirat einverstanden?“, fragte er Mia.
„Wie kann ich Nein sagen, wo es doch ihr letzter Wunsch ist?“ Sie biss sich auf die Lippe. „Auch wenn es mir schwer fällt, die zwei oder drei Wochen werde ich schon durchhalten.“
„Wir müssen, Mia. Sie darf nie erfahren, dass die Hochzeit nur Show ist. Sie würde es nie verwinden.“
„Ich weiß …“ Sie befreite sich aus seinen Armen. „Nur … Dass du mich auch noch dafür bezahlst … Es ist so geschmacklos, so …“
„Du denkst zu viel nach.“ Er öffnete die Wagentür. „Es ist nur Geld, und davon besitze ich genug, deswegen brauchst du keine Gewissensbisse zu haben. Warum betrachtest du das Ganze nicht wie jedes andere Engagement? Wenn du im Theater auftrittst, wirst du doch auch dafür bezahlt.“
Mia schnallte den Sitzgurt fest, ohne zu antworten. Alles war plötzlich so kompliziert. Solange sie ihn verachten konnte, machte es ihr nichts aus, Geld von ihm anzunehmen, und daran fehlte es ihm weiß Gott nicht. Außerdem war es seine Schuld, dass sie ohne einen Pfennig dastand, jetzt, wo Ellie im Gefängnis saß und ihre Hilfe brauchte.
Aber die Art, wie er sie eben im Arm gehalten und getröstet hatte, die aufrichtige Zuneigung für seine Großtante, der tragische Verlust seiner Eltern – all das beschäftigte sie, und Mia war nicht mehr so sicher, ob sie ihn wirklich verachtete. Etwas wie Zweifel regte sich und ließ sich nicht mehr verdrängen. Zweifel und noch etwas anderes, das sie nicht wahrhaben wollte …
Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, während er das Auto aus der Parklücke manövrierte: Sein Gesichtsausdruck war unergründlich, bis auf einen Anflug von Trauer. Wahrscheinlich dachte er an seine Großtante …
Als fühle er, dass sie ihn beobachtete, griff er nach der Sonnenbrille auf dem Armaturenbrett und setzte sie auf.
7. KAPITEL
Ein paar Tage später erhielt Mia von Bryns Anwalt den Ehevertrag. Sie überflog die fünf Seiten, dann unterzeichnete sie mit klopfendem Herzen: Es war ein rechtskräftiges Dokument, dessen Bedingungen sie mit ihrer Unterschrift akzeptierte.
Sie sagte sich, dass sie es für Agnes Dwyer tat, weil sie ihr damit den sehnlichsten Wunsch erfüllte. Immer wieder musste sie an die alte Dame denken und wie viel sie für Bryn aufgegeben hatte. Sie war seine einzige Verwandte und das letzte Bindeglied zu seinen Eltern.
Soviel sie wusste, hatte er mit niemandem außer ihr über Agnes gesprochen. Die Zeitungen erwähnten sie nicht, weder dass sie im Sterben lag, noch welchen Platz sie in seinem Leben einnahm. Mia fragte sich, ob er darüber schwieg, um sein Image als Playboy und Zyniker aufrechtzuerhalten, oder ob es andere Gründe gab.
Die bevorstehende Hochzeit war das Top-Thema, und je näher der Termin rückte, desto zudringlicher wurden die Medien. Reporter und Fotografen verfolgten Mia auf Schritt und Tritt, sogar im Fitness-Studio oder beim allmorgendlichen Dauerlauf lauerten sie ihr auf, um Fragen zu stellen. Es dauerte nicht lange, bis ihr das Berühmtsein, von dem sie so lange geträumt hatte, gründlich zuwider war.
Bryn schien der ganze Rummel nichts auszumachen. Er bestand darauf, dass man sie möglichst oft zusammen sah, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als sich zu fügen und die glückliche Braut zu mimen.
„Wie hältst du das bloß aus?“, fragte sie, als sie wieder einmal in einem von Sydneys schicken Hafenrestaurants zu Abend aßen und die übliche Meute von Fotografen und Autogrammjägern endlich abgezogen war. „Ich hoffe nur, dieser Zirkus hört bald auf.“ Verstimmt drehte sie den Stil des Weinglases zwischen den Fingern.
Bryn musterte sie spöttisch. „Ich dachte, berühmt zu werden war dein Traum.“
Sie seufzte. „So anstrengend habe ich es mir nicht
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