JULIA EXTRA Band 0286
vorgestellt.“
„Wolltest du schon immer zur Bühne?“
Ein schelmisches Lächeln spielte um ihre Lippen. „Schon seit dem Kindergarten. Als ich vier oder fünf war, durfte ich in einem Krippenspiel mitwirken – ich war die vordere Hälfte des Esels im Stall von Bethlehem. Danach stand mein Entschluss, Schauspielerin zu werden, so fest wie das Amen in der Kirche. Ich bekam Ballettstunden und später, im Gymnasium, gehörte ich zu unserer Theatergruppe. Und ich ließ meinen Eltern keine Ruhe, bis ich Schauspielunterricht nehmen durfte.“
„Erzähl mir mehr von deiner Familie.“
Mias Lächeln vertiefte sich. „Mum und Dad sind seit über dreißig Jahren glücklich verheiratet und die besten Eltern auf der ganzen Welt. Ich habe zwei Schwestern, Ashleigh und Ellie. Ashleigh ist ein Jahr älter als ich und mit Jake verheiratet. Sie haben zwei Kinder, in die ich ganz vernarrt bin, einen kleinen Jungen und ein Mädchen. Ellie ist die Jüngste von uns dreien. Meine Eltern haben sie als Baby adoptiert. Sie ist wirklich cool.“
„Ihr steht euch also alle sehr nahe.“
„Für meine Familie würde ich durchs Feuer gehen!“, versicherte Mia mit Nachdruck.
Bryn schwieg. „Hast du ihnen von uns erzählt?“, fragte er nach einer Weile.
Sie biss sich auf die Lippe und senkte den Blick. „Noch nicht. Im Moment sind sie alle unterwegs, Ellie ist irgendwo am Amazonas, und meine Eltern, Ashleigh, Jake und die Kinder machen Urlaub in England. Für Mum und Dad ist es die erste Reise nach Europa, seit sie verheiratet sind. Wenn sie von der Hochzeit erfahren, dann kommen sie garantiert zurück, und das möchte ich nicht.“
„Glaubst du nicht, dass ihnen das wichtiger wäre als der Urlaub in Europa?“
Mia sah auf. „Es ist ja keine richtige Hochzeit. Sobald deine Großtante … Ich meine, in ein paar Wochen lassen wir uns wieder scheiden.“
Eine Weile sagte er nichts. „Was ist, wenn Tante Agnes länger als erwartet lebt? Ich hatte heute ein Gespräch mit dem Oberarzt. Er meint, dass sich ihr Zustand erheblich gebessert hat – was, so vermute ich, mit unserer Verlobung zusammenhängt. Sie isst mehr und hat sogar ein bisschen zugenommen.“
„Aber das ist doch wundervoll, oder?“ Unter seinem ironischen Blick geriet sie ins Stottern. „Für … für deine Tante sind das gute Nachrichten … Vielleicht nicht für mich … ich meine uns … Du weißt, was ich sagen will.“
„Allerdings. Das bedeutet, wir werden länger als vorgesehen Theater spielen müssen.“
Mia betrachtete das Gedeck vor ihr auf dem Tisch. Wie kompliziert das alles war! Natürlich freute sie sich, dass es Agnes Dwyer besser ging, und am allerwenigsten wünschte sie der alten Dame ein schnelles Ende. Doch monatelang mit Bryn zusammenzuleben? Das konnte nicht gut gehen – dafür fand sie ihn viel zu attraktiv.
„Wie … wie lange glaubst du, dass wir … dass wir verheiratet bleiben müssen?“
Er hob das Glas und trank einen Schluck. „Schwer zu sagen … Drei, vier Monate vielleicht.“
Sie schluckte. „Das ist ziemlich lange.“
„Nicht für meine Tante.“
„Nein, natürlich nicht.“
Sie schwiegen, dann griff er in die Brusttasche und holte eine Visitenkarte hervor. „Hier. Das ist die Boutique, wo du dein Brautkleid und alles, was du sonst noch brauchst, einkaufen kannst. Ich habe ihnen gesagt, dass sie die Rechnung an mich schicken sollen. Außerdem habe ich Geld auf dein Bankkonto überwiesen, für die Hochzeitsvorbereitungen.“
Mia verspürte einen kleinen Stich. Wie nüchtern das klang, wie geschäftsmäßig! Aber darum handelte es sich schließlich – um eine geschäftliche Abmachung, die ihnen beiden nutzte. Bryn ging es um seine Großtante Agnes und die Einschaltquote, ihr um Ellie. Sie dachte an die Hochzeit ihrer Schwester vor zwei Jahren und wie sehr sie sich alle darauf gefreut hatten. Es war der glücklichste Tag in Ashleighs Leben, und bei der Trauung hatte jeder Tränen in den Augen …
„Danach gehen wir auf eine kurze Hochzeitsreise“, riss Bryn sie aus ihren Erinnerungen.
Mia erschrak. „Hochzeitsreise? Wozu?“
„Das ist bei frisch Vermählten so üblich.“
„Aber doch nicht bei uns! Wozu sollten wir auf Hochzeitsreise gehen?“
„Um allein zu sein und eine Gelegenheit zu haben, uns besser kennenzulernen.“ Er lächelte spöttisch. „Man weiß nie … Vielleicht änderst du sogar deine schlechte Meinung von mir.“
„Vergiss es.“
Er zuckte mit den Schultern. „Wie du willst.
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