JULIA EXTRA Band 0287
dass Liebe stark macht, Lukas. Selbst in diesem Moment, in dem ich dich um deine Liebe bitte, fühle ich mich stark. Weil ich dich liebe. Weil es ein wundervolles Gefühl ist, das mich nie schwach machen oder zerstören wird.“
Er schüttelte den Kopf.
„Christos hat mir von deiner Mutter erzählt. Davon, dass du einen ganzen Monat lang nicht gesprochen hast, nachdem sie euch verlassen hatte.“
„Hör auf!“
„Sie hat dir unbeschreiblich wehgetan, und du wolltest verhindern, dass es je wieder passiert. Aber lass sie nicht gewinnen, Lukas. Lass dich nicht davon abhalten, zu lieben.“
Er marschierte auf sie zu, packte sie bei den Armen und riss sie hoch. „Du weißt nichts, gar nichts!“, sagte er zornig und küsste sie hart. „Das ist alles, was wir haben werden. Mehr kann ich dir nicht geben, Rhia!“ Seine Stimme brach, und er stieß Rhia von sich, wandte sich ab. „Hör endlich auf“, flüsterte er.
„Gut, ich werde es tun. Ich höre auf, wenn du mich ansiehst und mir sagst, dass du mich nicht liebst. Komm, sieh mich an, sag es.“
„Na schön!“ Wütend drehte er sich um. „Ich …“ Er hielt inne, ging zum Fenster.
Rhia hielt den Atem an und wartete.
„Bevor meine Mutter ging, hörte ich sie mit meinem Vater reden“, begann er tonlos. „Sie sagte ihm, sie liebe Milo, ihren Liebhaber. Bei ihm sei sie glücklich, fühle sich lebendig.“ Lukas schüttelte den Kopf. „Natürlich begriff ich nicht, worüber sie sprachen, ich war ja erst fünf. Aber ich dachte, dass ich sie genauso sehr liebe wie dieser Milo.“
Er schwieg einen Moment. „Mein Vater flehte sie an, zu bleiben. Es war erniedrigend, das spürte sogar ich. Selbstverständlich war mir in dem Augenblick nicht klar, dass sie auch mich verlassen würde. Dann sah ich sie die Treppe hinuntergehen, Milo wartete draußen auf sie. Mein Vater sagte, sie würde uns verlieren – die Kinder –, und sie zögerte nur kurz, ehe sie antwortete: Das ist mir egal.“
Er lachte auf. „Ich habe es nicht geglaubt, rannte ihr nach, bat sie, mich mitzunehmen. Natürlich weiß ich schon lange, dass Milo sich nicht mit vier Kindern belasten wollte. Meine Mutter war eine betörend schöne Frau, aber zehn Jahre älter als er. Sie hätte alles getan, um ihn zu halten.“
„Was ist passiert?“, fragte sie leise, als er nicht weitersprach.
„Ich war genauso erbärmlich wie mein Vater. Ich bettelte, flehte, klammerte mich schluchzend an ihr Bein, aber sie machte sich los. Nimm ihn weg, sagte sie zu meinem Vater.“
Rhia schloss die Augen, spürte körperlich den Schmerz, als sie sich vorstellte, was er durchgemacht hatte. Was es ihn kostete, die Erinnerung zuzulassen.
„Ich weiß nicht mehr, was danach geschah, habe keine Bilder davon, wie sie wegfuhr. Aber ich habe sie nie wiedergesehen.“
„Lukas …“
Er hob die Hand. „Meine drei Schwestern waren wesentlich älter als ich, der späte Nachkömmling. Mein Vater hat seine tiefe Verbitterung auf mich übertragen, und die Saat fiel auf fruchtbaren Boden. Ich habe mir geschworen, dass mich nie wieder jemand so sehr verletzen wird.“ Lukas drehte sich um. „Du siehst also, dass ich dich belogen habe, als ich dir sagte, ich wollte niemanden lieben, weil ich wüsste, wie schwach Menschen werden, wenn sie sich auf Liebe einlassen. Dabei waren es nicht die anderen, die mich davor bewahrt haben, mein Herz zu verschenken, sondern ich selbst. Weil ich erniedrigt worden war.“
Er lächelte bekümmert. „Das Problem ist, dass ich trotzdem nicht verhindern konnte, mich zu verlieben. Glaub mir, ich habe ständig dagegen angekämpft, mich belogen, mir vorgemacht, es wäre meine Pflicht, dich zu heiraten, wegen Annabel. Aber das ist nicht wahr. Es ist Liebe.“
„Lukas …“
„Ich liebe dich, Rhia. Vielleicht von dem Moment an, als ich dich das erste Mal sah. Nicht beim Empfang, sondern in der Nacht davor, am Strand. Du warst allein, und ich habe dich beobachtet. Mir kam es vor, als würde ich dich kennen, als wäre ich endlich jemandem begegnet, der mich versteht.“ Er kam zu ihr. „Kannst du mir verzeihen? Ich war dumm, ein starrsinniger Dummkopf, und jetzt bin ich dir unendlich dankbar, dass du bei mir geblieben bist … mir gezeigt hast, wer ich bin.“
Rhia nickte, überwältigt von Glück und Freude, und schmiegte sich in seine ausgestreckten Arme.
„Du hättest mich doch nicht wirklich verlassen, oder? Ich habe einen furchtbaren Schrecken bekommen, als ich die Koffer
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