JULIA EXTRA Band 0287
wissen, dass ich nicht allein im Haus bin.“
Hester lachte. „Ich glaube kaum, dass meine Anwesenheit einen großen Unterschied macht, falls Mr. Jones etwas im Schilde führen sollte.“ Sie kniff leicht die Augen zusammen. „Moment mal! Sagtest du eben die Zimmer? Sie haben mehr als eines gemietet?“
Moira nickte. „Ja, die beiden Verbindungszimmer im Vorderteil.“
„Dann müssen wir ihnen nicht nur Abendessen und Frühstück machen, sondern anschließend auch noch die beiden größten Zimmer im Haus putzen.“
„Dafür haben sie äußerst großzügig gezahlt“, wandte ihre Mutter ein und spielte dann grinsend ihre letzte Trumpfkarte aus. „Die Hälfte davon kannst du mitnehmen, wenn du zurück aufs College gehst.“
Lachend umarmte Hester ihre Mutter. „Super! Vielen Dank, Ma! Aber warum schlafen die beiden nicht in einem Zimmer, was meinst du?“
„Das geht uns überhaupt nichts an.“ Moira stellte noch eine dampfende Suppenterrine auf das Tablett und schickte ihre Tochter dann auf den Weg.
Hester balancierte ihre schwere Last vorsichtig die Treppe hinauf. Sie konnte es kaum abwarten, einen Blick auf das Pärchen zu werfen, das ihre gutmütige Mutter nicht abzuweisen vermochte.
Der Mann, der ihr die Zimmertür zu einem der Räume mit Blick auf den Garten öffnete, raubte Hester den Atem. Sein Gesicht war angespannt, aber dennoch wunderschön.
„Danke sehr.“ Seine tiefe Stimme hatte einen herrlichen Klang, der ihr Schauer über den Rücken jagte. „Würden Sie Mrs. Ward bitte ausrichten, dass wir ihr zutiefst dankbar sind?“
„Das werde ich tun“, versprach sie und riss sich schnell zusammen. „Auf dem Tisch dort drüben finden Sie Kekse, Kaffee, Tee und einen Wasserkocher. Frische Milch habe ich auch mitgebracht. Kann ich Ihnen sonst noch etwas bringen?“
Er schüttelte den Kopf, während er das vollgeladene Tablett betrachtete. „Das ist mehr als genug. Vielen, vielen Dank.“
„Gern geschehen“, versicherte sie ihm eifrig. „Um welche Uhrzeit möchten Sie frühstücken?“
Der fremde Gast warf einen Blick auf die Verbindungstür zum Nebenzimmer. „Wir müssen morgen früh weiter. Wäre es möglich, um halb acht etwas Toast und Kaffee zu bekommen?“
„Natürlich. Werde ich Ihnen persönlich bringen.“ Auf diesem Wege würde sie diesem umwerfenden Mr. Jones wenigstens noch einmal begegnen.
Verträumt machte Hester sich wieder auf den Weg nach unten. Dieser Mann war ein Leckerbissen, wenn man auf große, dunkelhaarige Powertypen stand – so wie Hester. Oder zumindest würde sie auf diese Art von Männern stehen, wenn sie welche kennen würde … Neidisch stieß sie einen Seufzer hervor. Die junge Frau an seiner Seite konnte sich wirklich glücklich schätzen. Ihr Mann hatte ein umwerfendes Charisma.
Moira saß am Tisch und trank Tee, als Hester in die Küche zurückkam. „Alles in Ordnung?“
„Mit dem überirdisch tollen Mr. Jones, ja. Die Verbindungstür war allerdings angelehnt, deshalb konnte ich seine Begleiterin leider nicht sehen.“
„Wenn du sie gesehen hättest, wüsstest du sofort, warum ich die beiden nicht wegschicken konnte. Sie sieht aus wie ein Geist, das arme Ding.“
Hester goss sich warme Milch in eine Tasse und rührte etwas Kakaopulver hinein. „Er möchte um halb acht frühstücken, also habe ich ihm gesagt, ich würde Kaffee und Toast hinaufbringen. Was machen die bloß hier mitten in der Nacht – und dann noch im tiefsten Winter? Viel Laufkundschaft haben wir ja sonst nicht gerade.“
Das stimmte. Die meisten ihrer Gäste wurden von Reisebüros und Touristeninformationen geschickt oder meldeten sich über das Internet an.
„Mr. Jones sagte, er wollte die Nacht hindurch fahren“, erklärte ihre Mutter. „Aber nachdem es anfing zu schneien, ging es auch seiner Begleiterin immer schlechter. Offenbar ist sie krank. Da entdeckten sie unser Schild an der Straße und kamen auf gut Glück hierher, um nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu fragen.“
Hester blinzelte ein paarmal. „Ich dachte immer, Smith wäre der probate Name, wenn man mal heimlich untertauchen möchte. Glaubst du, er heißt wirklich Jones?“
„So hat er zumindest die Anmeldung unterschrieben.“
„Klingt ziemlich anonym. Vielleicht hat er den Mann dieser Frau ermordet, um dann mit ihr durchzubrennen. Was wissen wir schon?“
Moira schüttelte den Kopf. „Irgendwie kann ich mir das nur schwer vorstellen. Aber morgen werden sie beide wieder verschwunden sein,
Weitere Kostenlose Bücher