JULIA EXTRA Band 0287
geschlossen hast. Sie wird dich lieben wie eine Mutter – falls sie es nicht längst tut.“
Sanft zog er sie an sich, und sie ließ es zögernd geschehen. „Was uns betrifft, glaube ich, dass wir eine gute Ehe führen können. Vielleicht eigene Kinder haben.“ Er lächelte, als sie ihn überrascht ansah. „Warum nicht? Warum sollte es für uns nicht ein bisschen Glück geben?“
„Aber du liebst mich nicht.“
„Nein, aber ich begehre dich, das weißt du.“
„Und du wirst mich bekommen?“, wiederholte sie seine Worte.
„Ja. Ich will dich, doch ich würde eher sterben, als dir wehzutun. Ich möchte dich beschützen, für dich sorgen und dir geben, was du brauchst, sofern es in meiner Macht steht.“ Lukas ließ die Hände sinken. „Was willst du mehr?“
Liebe. Dass du mich brauchst. Ganz einfach und doch so schwierig für einen Mann wie ihn.
Sie blickte zu Annabel hinunter, die sofort ihre pummeligen Ärmchen hob. Auf den Arm.
Rhia unterdrückte ihre Verzweiflung, hob das Kind hoch und drückte es zärtlich an sich, ehe sie einen Kuss auf die glänzenden schwarzen Locken presste.
Nein, sie konnte sie nicht im Stich lassen. Sie hatte ihren Entschluss schon vor längerer Zeit gefällt, auch wenn sie sich immer wieder gefragt hatte, ob sie das Richtige tat auf dem seltsamen Weg, den das Schicksal ihr vorzeichnete.
Jetzt fragte sie sich, ob es ihr eine zweite Chance gab. Die Chance, einem kleinen Mädchen Liebe zu schenken.
Sie sah auf, begegnete Lukas’ Blick und entdeckte eine Wärme darin, die ihr zu Herzen ging.
Ich will bei ihm sein. Ich will ihn.
Rhia beschloss zu nehmen, was sie kriegen konnte. Selbst wenn es nicht das war, wovon sie ein Leben lang geträumt hatte. Selbst wenn er sie nicht liebte. Der Gedanke tat weh, doch sie würde es trotzdem tun.
Für Annabel.
Wegen Lukas.
„Gut, ich bin einverstanden“, flüsterte sie und erbebte, als er sie triumphierend anlächelte.
Vom Meer her wehte eine warme, verheißungsvolle Brise, als Rhia am Hochzeitsmorgen ans Fenster trat. Tief atmete sie die salzige Luft ein, während sie versuchte, Hoffnung und Zuversicht zu sammeln.
Heute nahm ihr Leben einen neuen Anfang, und sie wollte das Beste daraus machen.
Lukas hatte sich selbst übertroffen, in so kurzer Zeit die Hochzeit vorzubereiten, aber eine nicht unbedeutende Kleinigkeit schien er übersehen zu haben. Sie hatte kein Hochzeitskleid. Rhia sah gerade ihre Garderobe nach einem passenden Ersatz durch, als es leise klopfte.
„Herein.“
Mit einem scheuen Lächeln kam Adeia ins Zimmer. In der Hand trug sie einen Kleidersack. „Mr. Petrakides denkt nicht an alles“, sagte sie bedächtig. „Er hat Ihr Kleid vergessen, oder?“
„Ja.“ Sie lachte achselzuckend.
Adeia hielt ihr die Plastikhülle entgegen. „Für Sie.“
Verblüfft nahm sie sie ihr ab. „Aber …“
„Meins.“
„Ihr Kleid?“ Sie versuchte, nicht so skeptisch zu klingen, wie sie sich fühlte. Adeia war mindestens sechzig, untersetzt und rundlich.
„Ich habe es geändert.“ Sie lächelte. „Sehen Sie nur.“
Behutsam zog Rhia die Hülle ab und keuchte überrascht auf. Es war ein traditionelles griechisches Kleid, das aus einem weißen Leinenkleid mit reich bestickten Ärmelbordüren und einer scharlachroten Schürze bestand, die mit goldenen Münzen geschmückt war.
„Es ist wunderschön!“
„Sie tragen es?“
„Gern. Vielen Dank, Adeia!“
Die Haushälterin strahlte über das ganze Gesicht, und Rhia gab ihr einen Kuss auf die runzlige Wange.
Die Trauung sollte am Strand stattfinden, und Lukas erwartete sie an der Haustür mit einem Blumenstrauß aus wilden Orchideen.
„Sie warten schon auf uns“, sagte er, während sie die Treppe hinunter auf ihn zuschritt. „Der Pope ist da.“ Jetzt musterte er sie von oben bis unten. „Du siehst bezaubernd aus.“
Rhia lächelte. „Gefällt es dir?“
„Sehr.“ Er reichte ihr die Blumen.
Sie wusste, dass die Zeremonie nach griechisch-orthodoxem Ritual ablaufen würde, und war gespannt, wie es sein würde.
Lukas nahm sie beim Arm, zusammen gingen sie hinunter zum Strand. Die Sonne ließ das Meer glitzern und krönte die Wellen, die leise plätschernd ans Ufer rollten, mit Juwelen aus Licht.
Theo, Adeia mit Annabel, ihr Mann Athos und der Pope, ein bärtiger Mann Mitte dreißig, empfingen sie mit freudigen Mienen. Viel verstand Rhia von dem, was gesagt wurde, nicht, aber die feierliche Stimmung übte eine besondere Wirkung auf sie aus.
Der
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