JULIA EXTRA Band 0287
noch feucht und aus der Stirn gekämmt. Aber sein grimmiger Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
„Die Dinge haben sich geändert, seit wir uns unterhalten haben. Uns bleibt kaum eine Wahl.“
„Ach, wirklich? Das dachte ich gestern auch schon.“
„Meine liebe Schwester Antonia hat eigene Pläne geschmiedet. Sie will Annabel.“
„Christos’ Mutter?“
„Ja.“
„Aber …“ Gewaltsam drängte sie ihre Verlustängste zurück. „Das ist doch gut, oder? Du sagtest, dass Christos kein Interesse an Annabel habe, aber wenn seine Mutter …“
„Du kennst sie nicht.“
„Aber je mehr aus der Familie sich um Annabel kümmern …“
„Umso eher kannst du verschwinden? Hast du deine Meinung geändert, Rhia?“
Verblüfft hörte sie die Verbitterung heraus. „Ich habe nicht vor, zu gehen. Darf ich dich außerdem daran erinnern, dass du genau das vor Kurzem noch von mir verlangt hast?“, fragte sie. „Doch ich bin nicht ihre Mutter, Lukas, selbst wenn ich es wollte, und mir ist klar, wer hier welche Rechte hat.“
Sie holte tief Luft. „Ich liebe Annabel, aber sie ist nicht mein Kind. Deshalb kann ich sie nicht einfach für mich behalten.“
Er schwieg einen Moment. „Antonia hat mich angerufen und das volle Sorgerecht verlangt. Und das bedeutet, dass du Annabel nie wieder zu Gesicht bekommen würdest, und ich auch nicht. Das ist noch nicht alles. Viel schlimmer wäre, dass sie zum Spielzeug einer Frau werden würde, die einmal drogenabhängig war und sich einen feuchten Kehricht um gesellschaftliche Moral und Verpflichtungen schert.“
„Kein Richter würde einer solchen Frau ein Kind anvertrauen.“
„Antonia ist Annabels Großmutter, ich bin nur ihr Großonkel. Damit hätte sie vor Gericht mehr Chancen als ich, vor allem, wenn sie mit den Wimpern klimpert und mit bebenden Lippen ihre Großmutterliebe zur Schau stellt. Glaub mir, meine Schwester weiß, wie man sich eindrucksvoll präsentiert. Sie wird Zeugen aufbieten, die einen Eid darauf leisten, dass sie sich geändert hat, dass sie eine wundervolle Mutter sein wird“, fügte er verächtlich hinzu.
„Meinst du nicht, dass sie es aus Liebe tut?“
Er lachte auf. „Bestimmt nicht. Antonia ist unglücklich, und sie langweilt sich.“
„Und wenn wir mit ihr reden? Versuchen, einen Kompromiss zu finden?“
„Mit mir spricht sie vielleicht, aber ganz bestimmt nicht mit dir.“
Rhia schluckte. Sie hatte nichts, die Petrakides’ alles: Geld, Macht, Einfluss.
„Was sollen wir tun?“
„Wir heiraten. Wenn wir ein stabiles Zuhause vorweisen und zeigen können, dass Annabel an dir hängt, verschlechtern sich Antonias Chancen. Möglicherweise lässt sie die Sache dann fallen. Eigentlich will sie Annabel gar nicht, sie glaubt nur, dass sie sie haben will. Und sobald sie das Sorgerecht hat, wird sie sie von Kinderfrauen versorgen lassen und später auf Internatsschulen geben.“ Er verzog das Gesicht. „Oder sie hält sie wie ein Schoßhündchen und verwöhnt sie wie schon ihren Sohn Christos. Und du siehst ja, was aus dem geworden ist.“
„Ich habe ihn noch nie gesehen“, erinnerte sie ihn scharf, aber er zuckte nur mit den Schultern.
„Du hast nichts verpasst. Also, was willst du? Annabel aufgeben oder mich heiraten?“
Rhia lachte ungläubig. Der Mann setzte ihr einfach die Pistole auf die Brust! „Und der Vaterschaftstest? Das wird der Richter sich zuerst ansehen.“
„Der Test wird nur bestätigen, was wir schon wissen. Wenn wir aber noch warten, verschaffen wir Antonia einen Vorsprung, den sie nutzen wird, um zum Beispiel in der Presse geschmacklose Artikel zu lancieren. Auf so etwas kann meine Familie verzichten!“
„Aber …“
„Annabel sieht aus wie eine Petrakides“, unterbrach er sie bestimmt, „und wir wissen, dass Christos etwas mit deiner Freundin Leanne hatte. Die Daten stimmen. Der Test ist reine Formsache.“
Reine Formsache. Das würde die Ehe mit ihm auch sein.
Trotzdem wollte sie Lukas heiraten, wollte bei ihm sein, weil sie dabei war, sich rettungslos in ihn zu verlieben.
Der Gedanke erschreckte sie und erfüllte sie gleichzeitig mit Hoffnung.
„Rhia, ich will dir nichts vormachen“, sagte er da und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ich heirate dich wegen Annabel, weil ich nicht möchte, dass ein Kind meiner Familie von eitlen, selbstsüchtigen Menschen aufgezogen wird. Und du solltest mir dabei helfen. Auch wenn Annabel nicht deine Tochter ist, so weiß ich doch, dass du sie ins Herz
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