Julia Extra Band 0292
zurückgekehrt waren, hatte Eduard sie nicht mehr angefasst. Carissa hatte seine Berührungen vermisst.
Nicht, dass er abweisend gewesen wäre. Ihre Verbesserungsvorschläge für die Einrichtung hatte er ohne Änderungen akzeptiert und ihre Tüchtigkeit gelobt. Beim Kochen wechselten sie sich ab und saßen nach dem Essen bis spätabends zusammen und besprachen Pläne für das Haus.
Unglücklicherweise musste Carissa ständig daran denken, wie er sie in den Armen gehalten und geküsst hatte.
Na schön, sie hatte ihre Enttäuschung über Mark noch nicht verwunden und war deshalb anfällig für Eduards gewinnendes Lächeln. Das musste ja noch nichts bedeuten.
Und warum war sie dann so atemlos, als sie oben auf dem Dachboden ankam?
Er verzog das Gesicht. „Du bist nicht in Form, Cris.“
Den wahren Grund wollte sie ihm nicht verraten. „Du hast mir nicht gesagt, wie steil die Treppe ist.“ Schon vor seiner Ankunft hatte sie vorgehabt, den Dachboden zu erkunden. Aber das Wetter war so verlockend gewesen, dass sie lieber im Garten gearbeitet hatte.
Jetzt sah sie sich um. Dachfenster auf beiden Seiten ließen das Tageslicht herein und erhellten den Raum.
„Entsprechend eingerichtet und mit einer weniger steilen Treppe würde dies eine fantastische Gästesuite abgeben“, meinte Carissa.
„Bis ich neun oder zehn war, hat unsere Familie die meisten Urlaube auf dem Landsitz verbracht. An Regentagen sind Josquin, Mathiaz und ich zum Spielen hier heraufgestiegen und haben so getan, als wäre der Dachboden ein Fort oder Feldlager.“
Mühelos konnte sich Carissa das Durcheinander aus Schrankkoffern und in Schutzbezüge gehüllte Möbelstücke als Berge und Täler oder die Mauern eines Forts vorstellen. „Wer hat gewonnen?“
„Ich mit meiner Armee, meistens jedenfalls. Josquin war ein großer Kämpfer, und Mathiaz war der Meisterstratege.“
„Und wieso hast du dann gewonnen?“
Eduard lächelte. „Ich habe die Spielregeln aufgestellt.“
„War das nicht eine ziemlich krumme Tour?“
„Ich habe ihnen die Regeln vorher erklärt. Es war nicht meine Schuld, dass sie sich dann nicht an alle komplizierten Einzelheiten erinnern konnten.“
„Aber du konntest es, weil du sie dir ausgedacht hattest. Wendest du bei der Marine auch solche Taktiken an?“
Er ging in die Hocke und öffnete einen zerbeulten Koffer. „Wenn ich es muss.“
„Ich habe von der Rettungsaktion auf See gehört“, sagte Carissa leise.
„Ach das …“ Eduard sah nicht auf.
Wenn sie vernünftig gewesen wäre, hätte sie seinen eher schroffen Ton beachtet und das Thema gewechselt. Aber vielleicht bekam sie keine zweite Chance, ihn nach seiner Rolle bei dem Abenteuer zu fragen, über das vor achtzehn Monaten in allen Zeitungen und im Fernsehen berichtet worden war.
„Nach dem, was ich gesehen und gelesen habe, warst du wirklich ein Held.“
Er kramte in dem Koffer nach alten Fotos und blickte Carissa nicht an. „Wohl kaum ein Held. Eher war ich im falschen Moment am falschen Ort.“
„Die Besatzungsmitglieder des Schiffes, die du aus dem mit giftigen Chemikalien verseuchten Meer geholt hast, sind anderer Meinung.“
„Ich bin Marineoffizier. Das gehört zu meinem Job.“ Eduard zuckte die Schultern.
Carissa erinnerte sich an den Kommentar eines Fernsehmoderators. „Dir wurde gesagt, du würdest giftigen Stoffen ausgesetzt werden, wenn du dich ins Wasser abseilen lässt. Du hast es trotzdem getan. Dass so etwas zu deinem Job gehört, kannst du mir nicht erzählen. Ein weiteres Beispiel dafür, dass du deine eigenen Regeln aufstellst?“
Jetzt blickte er sie an. „Manchmal geht es nicht anders.“ Er hielt eine Handvoll Fotos hoch. „Ein paar davon lassen sich vielleicht als Dekoration fürs Hotel verwenden.“
Schluss mit dem Thema, hieß das. Carissa nahm die Fotos und betrachtete sie, doch in Gedanken war sie bei dem Filmmaterial, das im Fernsehen von der Rettung gezeigt worden war. Sobald sie gehört hatte, dass Eduard daran beteiligt war, hatte sie wie gebannt vor dem Apparat gesessen.
Im Chinesischen Meer waren bei einem schweren Sturm zwei Schiffe zusammengestoßen. Der mit den Chemikalien beladene Tanker hatte nach der Kollision stark gekrängt, und dadurch war das Auslaufen aus dem aufgerissenen Rumpf beschleunigt worden.
Wellen überspülten das Deck, auf dem die Besatzungsmitglieder auf Rettung warteten. Viele wurden in das wogende Meer geschleudert.
Eduard wäre als Pilot des Marinerettungshubschraubers
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