Julia Extra Band 0292
hochgewachsener älterer Herr kam aus dem Café und strebte zielsicher auf ihren Tisch zu. „Romano! Buon giorno, amico mio !“ Begeistert klopfte er dem Jüngeren auf die Schulter und schüttelte ihm dann herzlich die Hand.
„Teodoro ist der Besitzer dieses Cafés und ein alter Freund der Familie“, erklärte Romano nach einem unverständlichen Austausch gegenseitiger Höflichkeiten. Und dann stellte er Libby mit ihrem richtigen Familiennamen vor, was ihr ein warmes Gefühl im Magen verursachte und ein strahlendes Lächeln auf das Gesicht des Cafébesitzers zauberte.
„Lucas junge Witwe …“, stellte er ziemlich ergriffen fest, und als Libby ihm die Hand reichte, zog er sie mit der unnachahmlichen Grazie eines italienischen Gentleman an seine Lippen. „Wir haben uns bereits einmal getroffen“, erinnerte er sie. „Im Palazzo Vincenzo . Möglicherweise erinnern Sie sich nicht mehr daran.“
So war es tatsächlich.
„Was für eine Tragödie. Sie waren beide noch viel zu jung zum Sterben“, seufzte Teodoro.
Libbys Lächeln verebbte, dafür schob sie irritiert die Brauen zusammen. „Wie bitte? Ich verstehe nicht …“ Sie warf einen fragenden Blick in Romanos Richtung, der irgendetwas in schnellem Italienisch zu Teodoro sagte, worauf der Cafébesitzer unübersehbare Fluchtinstinkte zeigte.
„ No, no, per favore !“, wehrte er gleich darauf entsetzt ab, ergriff die Banknoten, die Romano in die gefaltete Rechnung gelegt hatte, und gab sie ihm zurück.
„ Grazie “, akzeptierte Romano lächelnd die Einladung, hakte sich bei Libby unter und zog sie mit sich.
„Was meinte er mit die beiden ?“, fragte sie, sobald sie um die nächste Ecke gebogen waren.
„Wer?“
„Teodoro, der Barbesitzer!“, erinnerte sie ihn gereizt. „Er hat doch von dem Unfall gesprochen, nicht wahr?“
„Kann es nicht sein, dass du dich einfach verhört hast?“, fragte er nervös.
„Nein!“, kam es entschieden zurück. „Sag mir die Wahrheit! War noch jemand bei Luca im Wagen, als er verunglückte?“
Romano tippte mit grimmigem Gesicht eine Nummer in sein Handy und bellte kurz darauf ein paar unverständliche Befehle hinein, ehe er Libby mit einem harten Blick musterte. „Ja.“
Libby schnappte nach Luft und griff sich unwillkürlich an den Hals. „Und … und warum hat man mir das bisher verschwiegen?“
Schweigend steckte er sein Handy wieder weg.
„War es eine Frau?“
„Ja.“
„Wer?“
„Irgendein junges Ding.“
„Junges Ding …?“, echote Libby fassungslos. „Aber wer war sie? Eine Anhalterin?“
„Ich glaube, sie war in einer der Firmen angestellt, mit denen Luca geschäftlich zu tun hatte.“
„Eine Angestellte …“ Libby legte eine Hand auf ihr hämmerndes Herz. Es musste eine harmlose Erklärung dafür geben! Aber was für eine? „War sie … Waren sie …“
Hatten sie eine Affäre? Warum sprach sie es nicht einfach aus? Weil es zu schmerzhaft war? Nicht Luca!, flehte sie innerlich. Bitte nicht Luca!
Sie sah die Antwort in seinen Augen. Romano schüttelte den Kopf, aber nicht verneinend, sondern irgendwie hilflos.
„Oh nein! Nein!“ Abrupt wandte sie sich um.
„Libby …“ Romano legte eine Hand auf ihre Schulter, aber die schüttelte sie ab.
„Lass mich allein!“ Blind vor Schock und Tränen taumelte sie die Straße entlang, doch Romano lief ihr hinterher, umfasste ihre Schultern und drehte sie zu sich um.
„Es tut mir leid. Ich wollte nicht, dass du es auf diese Weise erfährst.“
„Nein? Wolltest du nicht?“, stieß sie wild hervor und machte sich frei. „Wie und wann wolltest du es mir denn sagen? Oder sollte es jemand anderer übernehmen, mich darüber aufzuklären, dass mein liebender Gatte eine Affäre hatte? Warum nicht Teodoro zum Beispiel?“
„Der wusste nichts davon. Was die Öffentlichkeit betraf, dachten alle, Luca sei mit einer Kollegin verunglückt, die am gleichen Geschäftsmeeting teilnehmen sollte wie er.“
Wieder ein Beweis dafür, was ein Vermögen wie das der Vincenzos so alles vermochte!, dachte Libby zynisch und spürte einen bitteren Geschmack im Mund.
„Selbst meine Mutter weiß nichts davon.“ Romano dachte daran, wie sein Vater ihn beschworen hatte, absolutes Stillschweigen zu bewahren.
„Warum nicht?“, fragte Libby sarkastisch. „Damit bloß nicht das Andenken ihres Lieblingssohnes besudelt wird?“
Sie sah nicht, wie Romano zusammenzuckte, und nahm auch sonst nichts von dem wahr, was um sie herum vorging.
„Ich
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