Julia Extra Band 0293
schleppend, und er fühlte sich wie innerlich abgestorben.
Flynn hatte fähige Mitarbeiter, die ihm halfen, „Oak Grove“ – das beeindruckende Anwesen der MacCormacs – zu führen. Da war es nicht allzu schwer, seine selbst gewählte Karriere als Autor weiterzuverfolgen. Auch wenn seine Familie nach wie vor die Ansicht vertrat, dass es ausreichte, sich um das Anwesen zu kümmern …
Während er jetzt aus nächster Nähe Caitlins saphirblaue Augen und ihre wahnsinnig erotischen Lippen betrachtete, begriff er, dass es ihm trotz aller insgeheimen Begeisterung, die Frau seines Lebens wiederzusehen, schwerfallen würde, ihr zu verzeihen. Egal, welchen Grund sie für ihr plötzliches Verschwinden angab, er würde ihn nicht akzeptieren. Keinen einzigen.
Eingeschlossen den, dass ihr Vater mit allen Mitteln versucht hatte, sie davon zu überzeugen, ihre Beziehung zu „dem jungen MacCormac“ abzubrechen. Auch dass die Leute über sie geredet hatten, ließ er nicht gelten, genauso wenig wie die Feindseligkeit seiner Familie angesichts ihrer Beziehung. Caitlins Gefühle für ihn waren wohl einfach nicht groß genug gewesen, um sie zum Bleiben zu bewegen.
Aber Flynn wusste, dass auch er seine Fehler hatte und es nicht leicht war, ihn zu lieben und mit ihm zu leben. Er war oft schweigsam und deprimiert, und seit seine Exfrau Isabel ihn auf so üble Weise hintergangen hatte, war es noch schlimmer geworden. Als er bald darauf Caitlin traf, schöpfte er neue Hoffnung und glaubte, mit ihrer Zärtlichkeit könne sie ihn eines Tages wieder dazu bringen, Vertrauen zu haben. Doch so war es nicht …
Auf der Suche nach innerem Frieden renovierte Flynn danach ein altes Cottage in den Bergen. Auch wenn es ihm dabei nicht gelang, Caitlin zu vergessen, machte er es zu seinem Rückzugsort fürs Schreiben. Mit der Zeit zog er sich immer öfter dorthin zurück, denn manchmal empfand er es als extrem schwierig, mit anderen Menschen zusammen zu sein.
Vor gut viereinhalb Jahren war Caitlin kurz davor gewesen, den Panzer zu durchbrechen, den er um sich errichtet hatte. Aber als sie gegangen war, hatte er seine Schutzwälle verstärkt. Jetzt – und nicht zum ersten Mal in den viereinhalb Jahren seit ihrer Trennung – überlegte Flynn, ob er sich Caitlins Zärtlichkeit und Zuneigung nur eingebildet hatte.
War die Anziehung, die er damals auf sie auszuüben schien, nur Ergebnis der Jugendträume eines jungen Mädchens? Oder die Faszination für einen etwas älteren, vom Leben bereits gezeichneten Mann, die eine Minute da war und in der nächsten auch wieder verflog? Was, wenn Caitlin von irgendwoher ein spannenderes Angebot für ihre Zukunft bekommen hatte? Ein Angebot, dem sie nicht widerstehen konnte, es aber auch nicht übers Herz brachte, ihm davon zu erzählen? Hatte sie ihn deshalb verlassen?
„Es … es ist nicht so einfach, meine Beweggründe zu erklären“, begann Caitlin nun zögerlich, auf seine Frage zu antworten. Nach wie vor zerrte der Wind an ihrem hübschen blonden Haar, und Flynn hätte am liebsten eine der seidigen Strähnen ergriffen und sein Gesicht darin geborgen.
Obwohl so viel Zeit vergangen war, wusste er noch genau, wie gut Caitlin immer geduftet hatte. Aber die Zeit hatte auch seine Wut auf Caitlin nicht mildern können. Jetzt klammerte er sich regelrecht daran, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren und dem beinah schon schmerzlichen Verlangen nach dieser Frau nachzugeben, das sich mehr und mehr in ihm ausbreitete.
„Versuch es trotzdem. Ich habe keine Eile“, sagte er deshalb spöttisch. Dabei war sein Blick so hart und unerbittlich wie die Steinsäulen, die sie umgaben. „Und wenn wir hier erfrieren, bevor ich eine zufriedenstellende Antwort bekomme, dann ist es eben so.“
„Nun, ich habe nicht vor, hier zu erfrieren!“, antwortete Caitlin ein wenig aufgebracht. „Ich will so schnell wie möglich wieder nach Hause. Ich habe noch viel zu tun, um das Cottage meines Vaters aufzulösen, bevor ich wieder nach London zurückkehre. Außer mir gibt es niemanden, der das erledigen könnte.“
„Du gehst also wieder zurück in die Stadt?“, stieß Flynn zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Vor langer Zeit hast du einmal behauptet, du wolltest an keinem anderen Ort der Welt leben als hier … dass du die Landschaft, das Wetter und die wilde Natur liebst und hierher gehörst. Doch offensichtlich hat London deinem wankelmütigen Wesen mehr zu bieten als unsere Gegend,
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