Julia Extra Band 0293
Dinge nicht auf dieselbe Art wie Tallie. Dyson war der Theoretiker, Paul der Praktiker. Und Tallie … war Tallie.
Sie sah die Welt aus einer anderen Perspektive.
„Einer weiblichen Perspektive“, sagte sie schulterzuckend, als sei dies keine große Sache.
Aber verwirrenderweise war es das doch. Sie brachte Dinge in die Diskussion ein, die bislang niemand beachtet hatte. Zum Beispiel sprach sie über Menschen, und wie sie die Balance zwischen Arbeit und Familie fanden.
Mit dieser Art Balance kannte Elias sich nicht aus. Wenn er arbeitete, konzentrierte er sich ausschließlich darauf. Doch die Wahrheit war, dass Elias sich zum ersten Mal im Leben bei der Arbeit mit einer Ablenkung konfrontiert sah. Natürlich schätzte er schöne Frauen, aber bislang hatte er sich stets darum bemüht, Arbeit und Vergnügen voneinander zu trennen.
Das war nicht einfach.
Denn jetzt konnte es passieren, wenn er in einem Meeting saß und versuchte, Pauls oder Dysons Ausführungen zu folgen, dass sein Blick zu Tallie hinüberglitt. Und schon war es um seine Aufmerksamkeit geschehen.
Unvermittelt war er gefesselt von den lebendigen vorwitzigen Strähnen, die sich aus ihrem Zopf gestohlen hatten. Wie es wohl sein würde, ihr Haar offen, wild und sexy zu sehen? Wie es wohl sein würde, wenn er selbst die Nadeln herauszog und mit den Fingern durch die seidigen Locken fuhr?
Unvermeidlich war es, dass Dyson dann sagte: „Was denkst du darüber, Elias?“
Verwirrt kehrte er in die Realität zurück und hatte keine Ahnung, worum es gerade ging. Mittlerweile war das schon mehrfach passiert.
Letzten Dienstag hatte Paul eine seiner komplizierten Skizzen an die Tafel gemalt, die nicht sonderlich spannend waren. Wie hätte er da nicht zu Tallie hinüberschauen können, die gerade ihre Beine überkreuzte? Der Anblick des Stückchens gebräunter Haut reichte aus, um ihn Pauls Linien und Kästchen völlig vergessen zu lassen.
„So weit einverstanden?“, fragte Paul und wandte sich zu ihnen um.
Tallie nickte. Elias schloss die Augen und versuchte, seine Gehirnzellen wieder zur Arbeit zu überreden.
Kein Wunder, dass er wütend wurde. Allerdings wusste er nicht, ob er auf Tallie wütend war, weil sie hier war, oder auf sich selbst, weil er sich so von ihr ablenken ließ. Also forderte er sie heraus und stellte ihr Frage um Frage.
Und sie gab ihm wohldurchdachte Antworten, die zeigten, dass sie dem Geschehen – im Gegensatz zu ihm – gefolgt war.
Und dann diese Kekse! Auch sie waren Teil des Problems. Denn Tallie hatte nicht nur am ersten Tag Plätzchen mitgebracht, sondern seither jeden Tag.
„In anderen Büros gibt es einen Teller mit Süßigkeiten“, grummelte er eines Tages. „Aber wir führen eine verdammte Konditorei.“
„Niemand außer Ihnen beschwert sich“, wies Tallie ihn ungerührt zurecht.
„Das werden sie noch, wenn sie ihre Cholesterinwerte überprüfen lassen.“
Anstatt endlich aufzuhören, brachte sie von nun an auch noch frisches Gemüse mit. Neben den gebackenen Delikatessen gab es immer auch eine Schale mit Karotten und Selleriestangen, mit Brokkoli- und Blumenkohlröschen oder mit grünen und roten Paprikastreifen.
Elias gefiel das gar nicht. „Dafür haben wir kein Budget.“
„Die Firma zahlt auch nicht dafür. Das geht auf mein Konto.“
Er murmelte etwas, aber sie lächelte nur und schleppte am nächsten Tag weitere Köstlichkeiten an. Wie sollte er ihr das auch verbieten? Sie war die verflixte Präsidentin!
Und sobald die Mitarbeiter herausgefunden hatten, dass sie regelmäßig mit Keksen versorgt wurden, begannen sie, sich vor den Tellern zu treffen.
Und sich zu unterhalten!
Noch nie hatte es so viel Geplauder im Büro gegeben. Stets hatte er geglaubt, er würde eine recht unkomplizierte Firma leiten, in der die Menschen offen miteinander sprachen. Aber nie hatte er ein solches Level an Kommunikation erreicht, wie Tallie mit ihren verdammten Plätzchen!
Ideen wurden ausgetauscht. Gedanken. Und nicht nur über das gestrige Baseballspiel oder wie weit fortgeschritten Pauls Hochzeitspläne waren oder wie es Lucys Enkelkindern ging. Die Mitarbeiter besprachen Geschäftliches. Manchmal entstanden über Tallies Keksen sehr vernünftige Einfälle.
„Sie ist gut für die Firma“, sagte Dyson einmal grinsend. Er lehnte mit der Hüfte gegen Elias’ Schreibtisch und sah zu Tallie hinüber, die sich gerade mit Rosie unterhielt. „Und sie sieht hervorragend aus.“
Elias warf ihm einen finstern
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