Julia Extra Band 0293
aber sehr elegantes Seidenkleid in Apfelgrün.
Es klingelte an der Tür, und kurz darauf hörte sie die gedämpften Stimmen der Männer im Flur. Zeit für ihren großen Auftritt …
„Susan!“ Strahlend kam Jan auf sie zugeeilt und küsste sie herzlich auf beide Wangen. „Hilda ist leider krank. Es tut ihr so leid, dass sie nicht mitkommen konnte.“
„Oh, wie schade. Grüßen Sie Hilda bitte von mir“, antwortete Susan und freute sich aufrichtig, Jan wiederzusehen. Gleichzeitig hatte sie aber das Gefühl, er würde sie etwas zu intensiv und nachdenklich anstarren. Seine Zweifel waren ihm anzumerken.
Galant reichte Julian seinem Gast ein Glas Wein. „Ich führe Sie gleich ein wenig herum“, bot er an und warf Susan einen dankbaren Blick zu.
„Tja, wie Sie sehen, habe ich mich noch gar nicht richtig hier eingenistet“, sagte sie, um den Stier gleich bei den Hörnern zu packen.
„Wir haben uns nämlich ein Haus gekauft“, beeilte sich Julian zu berichten. „Oben im Norden. Es ist etwas abgeschieden, aber dafür ein herrlicher Ort, um eine Familie zu gründen.“
Natürlich sprach er von seinem Haus in Strathglass. Ihrem Haus. Er benutzte ihre gemeinsame Erinnerung als Munition für seinen Betrug und vergiftete den Abend mit intimen Lügen.
Das war beinahe zu viel für Susan. Wann würde sie endlich begreifen, dass Julian nur auf diese Weise durch das Leben kam?
„Ein Familienheim ist so wichtig“, bestätigte Jan und nahm einen Schluck aus seinem Glas.
„Allerdings“, entgegnete Julian ruhig. „Ich selbst hatte nie eine richtige Familie, in der ich aufwachsen konnte. Daher ist dieses Haus so besonders wichtig für mich, und ich könnte mir niemand anderen als Susan darin vorstellen.“
Vor Schreck verschluckte Susan sich an ihrem Wein, den Julian ihr kurz zuvor eingeschenkt hatte. Hustend wandte sie sich ab, und Julian sah sie besorgt an.
„Das ist einer der Gründe, warum ich so wild auf Ihr Projekt war“, fuhr er fort. „Mir war gar nicht bewusst, wie sehr ich mich in das Bewerbungsverfahren hineingesteigert hatte, bis mir klar wurde, dass ich nur noch für Familien arbeiten möchte. Es ist eine verborgene Vision von mir, die erst jetzt freigelegt wurde.“
„Genauso sollte es sein“, stimmte Jan begeistert zu. „Sicherlich werden Sie schon bald selbst eine glückliche Familie um sich haben.“ Vielsagend zwinkerte er Susan zu, die unwillkürlich eine Hand auf ihren Bauch legte.
Es war deprimierend, wie weit Julian mit seinen Machenschaften ging. Dabei hatte er in der letzten Nacht höchst penibel darauf geachtet, dass er nicht versehentlich ein Kind zeugte.
„Ja, alles zu seiner Zeit“, behauptete Julian dreist und legte einen Arm um ihre Schultern. „In der Zwischenzeit genießen wir unsere Zweisamkeit. Nicht wahr, mein Schatz?“
„Ja, Liebling.“ Es entstand eine kurze Pause, und Susan räusperte sich. „Dann machen wir uns wohl bald mal auf den Weg?“, setzte sie unsicher hinzu.
Als sie eine halbe Stunde später das Restaurant betraten, packte Julian Susan in einem unbeobachteten Moment am Arm. „Was ist los mit dir?“
„Na, was wohl?“, zischte sie und ging wütend weiter.
Am Tisch bestellte Julian für sich und seine vermeintliche Frau, und Susan rang sich mühsam ein höfliches Lächeln ab. Doch Jan ließ sich von ihrer Fassade nicht täuschen.
„Geht es Ihnen nicht so gut, meine Liebe?“, erkundigte er sich besorgt, als der erste Gang serviert wurde.
„Susan ist ein wenig müde“, schaltete Julian sich schnell ein. „Sie hat ein paar Probleme mit ihrer jüngeren Schwester, und das zerrt an den Nerven.“
Jan runzelte die Stirn. „Tut mir leid, das zu hören.“
„Wir bekommen das schon hin“, beruhigte Julian ihn. „Gemeinsam.“
„Es ist immer schön, wenn ein Ehepaar zusammenhält“, freute sich Jan.
„Absolut. Susan und ich haben schnell begriffen, dass wir ein gutes Team sind. Es ist zwar einfach, immer alles allein zu entscheiden, aber im Grunde reduziert es das Leben zu einer einsamen, lieblosen Existenz. Das habe ich durch Susan gelernt.“
Das war der Tropfen, der für Susan das Fass zum Überlaufen brachte. Sie konnte es nicht länger ertragen, dass Julian ihre besondere Nähe der letzten Nacht dazu benutzte, um beim Lügen überzeugender zu wirken. Ihm schien nichts, wirklich nichts, heilig zu sein.
Entschlossen warf sie ihre Serviette auf den Tisch. „Entschuldigung, aber ich muss gehen.“
Jan erhob sich halb und sah sie
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