Julia Extra Band 0293
gelangweilt.
Ihre Stimme klang noch genauso wie früher, weich … und unglaublich sexy!
„Hallo, Ethan! Wie geht’s dir?“
Er achtete nicht auf das Verlangen, das ihn plötzlich durchflutete. „Danke, gut. Ich bin allerdings etwas überrascht … dass du dich überhaupt noch an mich erinnerst nach all der Zeit. Welchem Umstand verdanke ich dieses … Vergnügen, mit dir zu telefonieren?“
„Ich muss mit dir reden, Ethan.“
„Ach, braucht dein Vater ein neues Sicherheitssystem? Hoffentlich rechnet ihr nicht mit einem Familienrabatt“, meinte er spöttisch.
Als sie nicht konterte, fühlte er sich schäbig. Sarkasmus war nicht nötig, oder?
„Nein, es geht um etwas Persönliches“, sagte Claire beherrscht.
„Ach ja? Zwischen uns hat es doch nie etwas Persönliches gegeben.“
„Immerhin waren wir verheiratet“, hielt sie dagegen.
„Zählen zwei Tage als Mann und Frau wirklich als Ehe?“, fragte er leise.
„Mir kam es damals jedenfalls so vor, Ethan.“
Das überraschte ihn. Und plötzlich erinnerte er sich an manches, was er lieber vergessen wollte.
„Na schön, wenn du meinst“, sagte er, ohne näher auf ihre gemeinsame Vergangenheit einzugehen. „Und was willst du sonst? Ich hab nicht viel Zeit, weißt du.“
„Ja, ich habe deine Webseite gelesen. Deine Firma ist ja ein voller Erfolg. Du kannst echt stolz sein.“
„Das bin ich“, bestätigte er. „Rufst du mich deswegen an?“
„Nein. Ich … ich habe noch etwas von dir, was ich dir zurückgeben möchte. Außerdem möchte ich dir einiges sagen. Jetzt rufe ich an, um ein Treffen mit dir zu verabreden. Ich verspreche dir, dich nicht allzu lange aufzuhalten.“
„Das tust du jetzt schon.“ Er klang schroff. „Außerdem bin ich diese Woche unterwegs.“
„Und nächste Woche?“
„Auch. Und das, was du von mir noch hast, habe ich bisher nicht vermisst, also kann ich auch weiterhin ohne damit auskommen. Was immer es ist! Und wenn du mir nach all den Jahren wirklich noch etwas zu sagen hast: ich höre!“
„Es lässt sich am Telefon schwer erklären“, wandte Claire ein.
Nun war seine Neugier geweckt, aber er erwiderte gleichmütig: „Probier es trotzdem. Das ist nämlich die einzige Gelegenheit, die ich dir gebe.“
In Chicago ging Claire rastlos vor dem großen Fenster ihres Wohnzimmers hin und her. Die Sonne ging gerade auf und ließ die ruhige Oberfläche des Michigansees golden aufleuchten.
Claires Gefühle hingegen waren in Aufruhr. Das Gespräch mit Ethan verlief nicht so, wie sie gehofft hatte. Sie hatte im Stillen geprobt, was sie sagen wollte, und nun hielt er sich nicht an ihr Szenario!
„Also, was ist jetzt?“, hakte er nach.
Verzweifelt suchte sie nach den richtigen Worten, wobei sie den schlichten goldenen Ehering zwischen den Fingern drehte.
„Ich … ich möchte dir sagen, dass es mir sehr leidtut, wie sich damals alles zwischen uns entwickelt hat. Ich wollte dir nie wehtun, Ethan!“
„Du hast mir nicht wehgetan!“ Sein kurzes Lachen klang hart. „Wie denn? Wir kannten uns doch kaum.“
Hatte er recht? Manchmal hatte sie geglaubt, er könne bis auf den Grund ihrer Seele blicken. In den wenigen Wochen ihrer Beziehung hatte sie gemeint, er verstehe sie besser als jeder andere Mensch auf der Welt.
„Aber, wenn wir schon dabei sind, könntest du mir folgende Frage vielleicht beantworten. Was ich mich nämlich schon immer gefragt habe“, fügte Ethan im Plauderton hinzu, „warum ich? Es gab doch bestimmt genug andere Männer, die an dir interessiert waren, Männer aus deinen Kreisen, meine ich.“
„Ach, Ethan, ich …“
Er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Aber womöglich machte ja genau das meinen Reiz aus? Dass ich ein einfacher Arbeitersohn war, mit Dreck unter den Nägeln –bildlich gesprochen –, und gesellschaftlich nicht ganz so versiert. Ja, nur jemand wie ich war ein Schock für deine Eltern.“
„Nein, Ethan!“, widersprach sie heftig. „Das war nicht der Grund. Ich habe dich wirklich … gemocht.“
„Na, hoffentlich hast du seither nicht jeden Mann geheiratet, den du mal gemocht hast“, meinte er sarkastisch. „Jedenfalls hast du mich nicht aus Zuneigung geheiratet, oder?“
„Das stimmt“, gab Claire leise zu.
„Du hast mich benutzt.“
Voll Scham schloss sie kurz die Augen. Ethan hatte es also gewusst! Kein Wunder, so klug wie er war!
„Es tut mir so leid“, entschuldigte sie sich. „Wirklich! Ich habe dich damals sehr schlecht behandelt, aus reinem
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